1. Home
  2. Studien
  3. Arbeitslosengeld
Holger Schäfer Gutachten 22. April 2012 Arbeitslosengeld
PDF herunterladen
Gutachten
Arbeitslosengeld
Holger Schäfer Gutachten 22. April 2012

Arbeitslosengeld

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die vorgeschlagene Verlängerung der Rahmenfrist bei gleichzeitiger Verkürzung der Anwartschaftszeit wird zu mehr Berechtigten mit einem Anspruch auf Arbeitslosengeld führen. Dadurch entstehen Kosten, die von der Versichertengemeinschaft mit ihren Beiträgen finanziert werden müssen. Die Regelungen verursachen somit Opportunitätskosten entweder durch eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Arbeitslosenversicherung. Dadurch erhöhen sich die Arbeitskosten, die Schaffung neuer Arbeitsplätze rentiert sich aus Sicht der Unternehmen in geringerem Maße und es werden ceteris paribus Arbeitsplätze wegfallen. Oder es erfolgt eine Umfinanzierung im Rahmen des Budgets der Arbeitslosenversicherung. Die Mehrausgaben bei der passiven Arbeitsmarktpolitik müssten dann durch Minderausgaben bei der aktiven Arbeitsmarktpolitik gegenfinanziert werden. Unter der Annahme, dass die aktive Arbeitsmarktpolitik effektiv ist, wird damit die Eingliederung von Arbeitslosen in den Arbeitsmarkt erschwert.

Darüber hinaus wird der Moral Hazard verstärkt, der in der Arbeitslosenversicherung aufgrund ihres Charakters als Sozialversicherung immanent ist. Das geltende Verhältnis von 2 Beitragsmonaten zu einem Leistungsmonat (§147 SGB III) bewirkt, dass bei Ausschöpfung der jeweiligen Zeiträume die Leistungen durch Arbeitslosengeld rund 7-mal so hoch ausfallen wie die Beitragszahlungen. Denn der Beitragssatz ist mit 3 Prozent des Bruttolohns erheblich niedriger als das Arbeitslosengeld, das 60 Prozent vom Nettolohn beträgt. Dieses Missverhältnis kann nur dann gerechtfertigt werden, wenn durch eine entsprechende Anwartschaftszeit sichergestellt wird, dass Versicherte eine möglichst lückenlose Beschäftigung anstreben. Die Ausweitung der Rahmenfrist und Verkürzung der Anwartschaftszeit schafft aber einen Anreiz, kurzfristige Beschäftigungsverhältnisse mit anschließender Nicht-Beschäftigung zu kombinieren. Potenziert wird dieser Fehlanreiz noch durch die Idee, die Betroffenen von der Pflicht zu entbinden, den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsagenturen zur Verfügung zu stehen (vgl. Drs. 17/8579, S. 2). Diese Fehlanreize resultieren in einer weiteren Steigerung der Inanspruchnahme von Arbeitslosengeld. Da für die Ansprüche der kurzfristig beschäftigten keinerlei Voraussetzungen mehr vorgesehen sind, kommt zu einer verteilungspolitischen Fehlallokation: Es kann nicht sichergestellt werden, dass die Begünstigten der modifizierten Regelung der Unterstützung durch die Finanzierenden überhaupt bedürfen.

PDF herunterladen
Gutachten
Arbeitslosengeld
Holger Schäfer Gutachten 22. April 2012

Arbeitslosengeld

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Wie lange müssen wir künftig arbeiten?
Ruth Maria Schüler im Tagesspiegel Gastbeitrag 26. November 2023

Rente mit 70: Wie lange müssen wir künftig arbeiten?

Babyboomer, die immer älter werden und das Rentensystem belasten – das ist nicht mehr bezahlbar, sagen die Wirtschaftsweisen. Sollte man das Rentenalter anheben? Drei Expertinnen, darunter IW-Rentenexpertin Ruth Maria Schüler, antworten in einem Beitrag für ...

IW

Artikel lesen
Matthias Diermeier / Ruth Maria Schüler IW-Trends Nr. 4 13. November 2023

Reform der Rentenversicherung in Deutschland: Eine Empirie zu Reformaversionen

Die deutsche Rentenversicherung steht durch den demografischen Wandel unter enormem Reformdruck. Trotz großer Besorgtheit findet keine Reform der im Versicherungssystem angelegten Stellschrauben eine Mehrheit in der deutschen Bevölkerung.

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880