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Berthold Busch IW-Kurzbericht Nr. 93 16. September 2020 Rabatte im EU-Haushalt

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich auf einem mehrtägigen Gipfel im Juli 2020 auf die finanzielle Ausstattung des EU-Haushalts für die Zeit nach 2020 geeinigt. Der nächste Mehrjährige Finanzrahmen bedarf jedoch noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments, die Verhandlungen haben begonnen. Zur Einigung der Mitgliedstaaten hat beigetragen, dass mehreren Mitgliedstaaten ein Rabatt auf ihre Zahlungen an den EU-Haushalt eingeräumt wurde.

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Rabatte im EU-Haushalt
Berthold Busch IW-Kurzbericht Nr. 93 16. September 2020

Rabatte im EU-Haushalt

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Staats- und Regierungschefs der EU haben sich auf einem mehrtägigen Gipfel im Juli 2020 auf die finanzielle Ausstattung des EU-Haushalts für die Zeit nach 2020 geeinigt. Der nächste Mehrjährige Finanzrahmen bedarf jedoch noch der Zustimmung des Europäischen Parlaments, die Verhandlungen haben begonnen. Zur Einigung der Mitgliedstaaten hat beigetragen, dass mehreren Mitgliedstaaten ein Rabatt auf ihre Zahlungen an den EU-Haushalt eingeräumt wurde.

Es hat wieder einmal länger gedauert. Bereits im Mai 2018 hatte die Kommission ihre Vorschläge für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) 2021 bis 2027 veröffentlicht. Danach lag der Ball bei den Mitgliedstaaten, die sich aber lange nicht einigen konnten. Auch ein von Charles Michel, dem Präsidenten des Europäischen Rates, einberufener Sondergipfel Mitte Februar 2020 blieb ergebnislos, bis dann auf der außerordentlichen Tagung des Rates vom 17. bis 21. Juli 2020 der Durchbruch gelang (Matthes, 2020). Strittig war nicht nur die Höhe der Finanzausstattung für den kommenden Siebenjahreszeitraum, sondern auch die Aufteilung der Mittel auf die einzelnen Politikbereiche. Die im März 2020 kulminierende Corona-Pandemie mit ihren negativen wirtschaftlichen Auswirkungen erschwerte die Gemengelage noch zusätzlich. Etwas weniger im Fokus, aber ebenfalls umstritten war die Frage, was mit den verschiedenen Beitragsrabatten geschehen soll, die derzeit einigen Mitgliedstaaten zugutekommen.

Direkte Rabatte

Nach den Vorschlägen der Europäischen Kommission (2018) sollten die Rabatte für Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden während des nächsten MFR Jahr für Jahr abgeschmolzen werden, sodass sie 2026 beendet wären. Mit dem Wegfall des Britenrabatts, der Mutter aller Rabatte, so die Argumentation, entfiele auch die Rechtfertigung für alle anderen Rabatte. Der Gipfel einigte sich dagegen auf jährliche Beitragsermäßigungen von 3.671 Millionen Euro für Deutschland, 1.921 Millionen Euro für die Niederlande, 1.069 Millionen Euro für Schweden, 565 Millionen Euro für Österreich und 377 Millionen Euro für Dänemark. Für Deutschland gilt diese Ermäßigung „im Rahmen der Unterstützung für Aufbau und Resilienz“, so steht es in den Schlussfolgerungen des Rates (Europäischer Rat, 2020). Es handelt sich dabei um Bruttoermäßigungen, die von allen Mitgliedstaaten, also auch von den fünf begünstigten Ländern, entsprechend ihrem Anteil am Bruttonationaleinkommen (BNE) der Europäischen Union (EU) finanziert werden müssen.

Indirekte Rabatte

Genau genommen ist das aber noch nicht alles. Neben diesen expliziten Rabatten gibt es noch indirekte Rabatte: Die Einnahmen aus Zöllen auf die Einfuhr von Waren aus Drittländern sind sogenannte traditionelle Eigenmittel der EU. Sie werden von den Mitgliedstaaten erhoben und an den EU-Haushalt abgeführt. Sie dürfen davon eine Erhebungskostenpauschale von aktuell 20 Prozent abziehen. Die Kommission wollte diese Pauschale im nächsten MFR auf 10 Prozent senken. Ein Satz von 10 Prozent wurde schon in den Jahren von 1970 bis 2000 angewendet, bevor er ab 2001 auf 25 Prozent erhöht wurde. 2014 wurde der Satz dann auf die aktuellen 20 Prozent gesenkt (European Commission, 2018, 16).

Orientiert man sich an den Verhältnissen im Jahr 2019, dem letzten Jahr für das Ist-Zahlen vorliegen, so lässt sich der Unterschied näherungsweise ausrechnen. Deutschland hat 2019 eine Erhebungskostenpauschale von rund 1 Milliarde Euro einbehalten. Bei 10 Prozent, wie von der Kommission gefordert, hätte Deutschland nur rund 500 Millionen Euro einbehalten dürfen. Legt man die vom Europäischen Rat beschlossene Pauschale von 25 Prozent an, so kommt man auf 1.279 Millionen Euro. Gegenüber dem ursprünglichen Kommissionsvorschlag ergibt sich daraus eine Differenz von 767 Millionen Euro. Für die Niederlande ergibt sich so gerechnet eine Minderbelastung von 512 Millionen Euro, für Schweden sind es 97 Millionen Euro, für Dänemark 64 Millionen Euro und für Österreich 41 Millionen Euro.

Die traditionellen Eigenmittel, die ein Mitgliedstaat für die EU erhebt, sind umso höher, je mehr Drittlandwaren ein Land importiert, die verzollt werden müssen. Hier kommen Länder mit großen Häfen, über die Waren in die EU gelangen, besonders gut weg; wobei die Erzeugnisse keinesfalls im Land des Grenzübertritts verbleiben müssen, sondern in andere EU-Staaten weitergeliefert werden können. Eine Erhöhung der Erhebungskostenpauschale bedeutet damit speziell für diese Länder eine Verringerung der finanziellen Beiträge an den EU-Haushalt. Umgekehrt steigen die Beiträge an, wenn die Erhebungskostenpauschale gesenkt wird. Von der vereinbarten Erhöhung der Erhebungskostenpauschale profitieren daher in erster Linie Belgien und die Niederlande infolge ihrer großen Häfen. In beiden Ländern liegt der Anteil am gemeinsamen BNE der 27 Mitgliedstaaten deutlich unter ihrem Anteil an den gesamten Zolleinnahmen der EU.

Wegfall des Briten-Rabatts und anderer Sonderrabatte

Mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU entfällt der Britenrabatt und damit entfallen auch die Rabatte für vier Länder bei der Gegenfinanzierung des Britenrabatts. Daneben existieren im aktuellen MFR (2014 bis 2020) noch weitere Rabatte für Dänemark, Deutschland, die Niederlande, Österreich und Schweden (Rat der EU, 2014). Diese Sonderregelungen werden durch die beschriebenen Vereinbarungen ersetzt und insofern wird die Komplexität und Undurchsichtigkeit des bestehenden Systems reduziert.

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Berthold Busch: Rabatte im EU-Haushalt

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