Die qualifizierte Zuwanderung trägt stark zur Fachkräftesicherung in den MINT-Fächern bei und stärkt den Wissenschaftsstandort und die Innovationskraft in Deutschland.
Qualifizierte Zuwanderung: Indische Beschäftigte verdienen am meisten
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Die qualifizierte Zuwanderung trägt stark zur Fachkräftesicherung in den MINT-Fächern bei und stärkt den Wissenschaftsstandort und die Innovationskraft in Deutschland.
Auch bei den Medianlöhnen zeigt sich der Effekt qualifizierter Zuwanderung: während der Medianlohn unter vollzeitbeschäftigten Deutschen Ende 2023 im Monat 3.945 Euro beträgt, kommen indische Beschäftigte auf einen Wert von 5.359 Euro. Der Grund: viele Inderinnen und Inder sind in akademischen MINT-Berufen beschäftigt.
Zuwanderung wird in den nächsten Jahren immer wichtiger, um die Herausforderungen von Demografie, Digitalisierung und Dekarbonisierung zu meistern (Anger et al., 2024). Seit dem Jahr 2012 wirbt die Bundesregierung um qualifizierte Zuwanderung aus demografiestarken Drittstaaten mit Schwerpunkt auf akademische MINT-Berufe. Während von Ende 2012 bis Ende 2023 die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von Deutschen um 8,1 Prozent gestiegen ist, nahm die Beschäftigung unter ausländischen Personen im selben Zeitraum um 141,5 Prozent zu (eigene Berechnungen auf Basis BA, 2024a). Noch deutlicher ist der Beitrag ausländischer Beschäftigung in den für die Innovationskraft wichtigen MINT-Berufen: Die Beschäftigung in akademischen MINT-Berufen ist unter Deutschen von Ende 2012 bis Ende 2023 um 41,7 Prozent, unter Ausländerinnen und Ausländern um 215,7 Prozent und unter Drittstaatsangehörigen (ohne Herkunftsländer der Geflüchteten) um 353,5 Prozent gestiegen (eigene Berechnungen BA, 2024a). Besonders bedeutsam war der Zuwachs in akademischen MINT-Berufen von Personen mit einer indischen Staatsbürgerschaft – die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung stieg innerhalb der elf Jahre von Ende 2012 bis Ende 2023 von 3.750 auf 31.552 und damit um 741,4 Prozent.
Dabei spielt auch die Zuwanderung über die Hochschulen eine wichtige Rolle. Im Wintersemester 2013/2014 waren 9.372 internationale Studierende in Deutschland Inderinnen und Inder, im Wintersemester 2023/2024 stieg die Anzahl auf 49.008. Rund 40 Prozent der indischen Studierenden beurteilt in Befragungen des DAAD die eigene Bleibeabsicht als ganz sicher, weitere 26 Prozent als eher ja (DAAD/DZHW, 2024).
Auch beim internationalen Wissenschaftspersonal an deutschen Hochschulen zeigt sich eine starke Dynamik an indischen Beschäftigten, die mit 5.018 Personen im Jahr 2022 den Spitzenplatz unter dem internationalen Wissenschaftspersonal an deutschen Hochschulen einnehmen (von 63.073 insgesamt) (DAAD/DZHW, 2024). Auch bei der Forschung in deutschen Unternehmen zeigt sich nach Auswertungen der IW-Patentdatenbank eine starke Zunahme der Erfindenden mit indischen Wurzeln. Vor allem bei Digitalisierungstechnologien ist der Anteil der Erfindenden mit ausländischen Wurzeln von hoher Bedeutung und in den letzten Jahren stark gestiegen (Haag et al., 2024; Plünnecke, 2024).
Die hohe Zuwanderung aus Drittstaaten in den letzten Jahren hat die Beschäftigungsstruktur in akademischen MINT-Berufen deutlich geprägt, insbesondere bei Vollzeitbeschäftigten im Alter von 25 bis 44 Jahren. Ende 2023 waren in dieser Altersgruppe rund 7,5 Prozent aller Vollzeitbeschäftigten in Deutschland in akademischen MINT-Berufen tätig – darunter knapp 7,6 Prozent Deutsche und 7,4 Prozent Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit.
Besonders stark ist die Präsenz in diesen Berufen bei Personen mit indischer Staatsangehörigkeit: 32,9 Prozent der vollzeitbeschäftigten Inderinnen und Inder im Alter von 25 bis 44 Jahren arbeiten in akademischen MINT-Berufen. Weitere auffällige Anteile finden sich bei Personen aus China (25,0 Prozent), Brasilien (21,8 Prozent), Russland (18,6 Prozent), dem Iran (17,8 Prozent), Lateinamerika ohne Brasilien (16,3 Prozent), Frankreich (16,2 Prozent) und Nordafrika (15,8 Prozent).
Ein besonders dynamisches Wachstum der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in akademischen MINT-Berufen wurde in den vergangenen Jahren bei Personen aus Indien, Lateinamerika und Nordafrika beobachtet (Anger et al., 2024). Diese Entwicklung unterstreicht die zunehmende Bedeutung von Fachkräften aus Drittstaaten für die Besetzung hochqualifizierter Positionen in Deutschland (eigene Berechnungen auf Basis BA, 2024b).
Die Beschäftigungsstrukturen wirken sich auch bei den Medianlöhnen der Beschäftigten nach Staatsangehörigkeiten aus. Die Entgeltstatistik als Bestandteil der Beschäftigungsstatistik liefert ein differenziertes Bild über die sozialversicherungspflichtigen Bruttomonatsentgelte inklusive Sonderzahlungen und fußt auf Entgeltinformationen der Arbeitgebermeldungen zur Sozialversicherung und stellt damit eine Vollerhebung der Beschäftigten dar. Als Stichtag wird der 31. Dezember 2023 gewählt, wobei alle Angaben auf einen monatlichen Zeitraum normiert und auf sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte einer Kerngruppe bezogen werden.
Die Analyse der Medianlöhne unter Vollzeitbeschäftigten zeigt zunächst einen deutlichen Alterseffekt: Personen im Alter ab 45 Jahren erzielen mit 3.971 Euro einen höheren Medianlohn als die Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen, deren Medianlohn bei 3.810 Euro liegt. Insgesamt beträgt der Medianlohn aller Vollzeitbeschäftigten 3.796 Euro. Dabei verdienen Deutsche mit 3.945 Euro rund 900 Euro mehr als Personen mit ausländischer Staatsangehörigkeit, deren Medianlohn 3.034 Euro beträgt. Im Jahresvergleich stiegen die Medianlöhne aller vollzeitbeschäftigten Deutschen um 4,2 Prozent, während bei ausländischen Beschäftigten ein Anstieg von 5,3 Prozent zu verzeichnen war. Bereits im Zeitraum 2021 bis 2022 hatten die Löhne der ausländischen Beschäftigten mit einem Plus von 5,6 Prozent kräftiger zugelegt als die der deutschen Vollzeitbeschäftigten, die einen Zuwachs von 3,9 Prozent verzeichneten (Plünnecke, 2023).
Bei den Vollzeitbeschäftigten in Deutschland erzielen Personen mit indischer Staatsangehörigkeit die höchsten Medianlöhne: 5.359 Euro im Monat. Dies entspricht einem Anstieg um 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Von den rund 94.000 vollzeitbeschäftigten Inderinnen und Indern in Deutschland sind lediglich 7,3 Prozent 45 Jahre oder älter. Der Hauptgrund für das hohe Lohnniveau liegt darin, dass etwa ein Drittel von ihnen in akademischen MINT-Berufen tätig ist (BA, 2024b).
Vergleichsweise geringe Medianlöhne weisen Vollzeitbeschäftigte aus Bulgarien (2.520 Euro), Rumänien (2.611 Euro) und Syrien (2.657 Euro) auf. Diese Lohnniveaus resultieren aus dem hohen Anteil von bis zu 50 Prozent dieser Gruppen, die in Helfertätigkeiten beschäftigt sind. Dennoch verzeichneten die Medianlöhne dieser Gruppen im Vorjahresvergleich deutliche Zuwächse zwischen 5,5 Prozent (Syrien) und 7,7 Prozent (Bulgarien). Im Vorjahr waren die Steigerungen mit 8 bis 10 Prozent sogar noch höher.
In akademischen MINT-Berufen liegen die Medianlöhne von Personen ab 45 Jahren, unabhängig von der Staatsangehörigkeit, meist über der Beitragsbemessungsgrenze von 7.100 Euro. Eine Differenzierung nach Einkommen ist daher nur in der Altersgruppe der 25- bis 44-Jährigen sinnvoll möglich. Hier stieg der Medianlohn deutscher Beschäftigter von 5.504 Euro im Jahr 2022 auf 5.734 Euro im Jahr 2023, ein Plus von 4,2 Prozent. Bei ausländischen Beschäftigten in dieser Altersgruppe wuchs der Medianlohn von 5.411 Euro auf 5.608 Euro, was einem Anstieg von 3,6 Prozent entspricht. Im Vorjahr war der Zuwachs bei ausländischen MINT-Beschäftigten höher als bei den deutschen (Plünnecke, 2023). Die Beschäftigung ausländischer Fachkräfte in akademischen MINT-Berufen nahm zudem stärker zu als die der deutschen Fachkräfte, was auf eine wachsende Bedeutung dieser Gruppe in hochqualifizierten Berufen hinweist.
Um die Herausforderungen des demografischen Wandels zu meistern und die Innovationskraft zu stärken, spielt die Zuwanderung auch in den kommenden Jahren eine entscheidende Rolle. Die Chancen des neuen Fachkräfteeinwanderungsgesetzes können durch Verbesserungen bei den Verwaltungsprozessen besser gehoben werden. Besonders wirkungsvoll wäre eine Stärkung der Zuwanderung über die Hochschulen, unterstützt durch spezielle Begleitprogramme. So kommen viele internationale Studierende aus demografiestarken Drittstaaten wie Indien, weisen zu hohen Anteilen MINT-Qualifikationen auf, sind häufig erwerbstätig und stärken langfristig den Wirtschaftsstandort Deutschland (Plünnecke, 2024).
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