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Andrea Hammermann IW-Kurzbericht Nr. 1 2. Januar 2019 Ich schaffe das: Das Prinzip der Selbstwirksamkeit

Menschen mit einem hohen Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sind beruflich erfolgreicher, zufriedener und zeigen ein höheres allgemeines Wohlbefinden. Erfolgserlebnisse stärken diese Selbstwirksamkeitsüberzeugung, doch gerade in den boomenden Berufsfeldern mit komplexen geistigen Tätigkeiten fehlt oft die unmittelbare Bestätigung des eigenen Könnens.

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Ich schaffe das: Das Prinzip der Selbstwirksamkeit
Andrea Hammermann IW-Kurzbericht Nr. 1 2. Januar 2019

Ich schaffe das: Das Prinzip der Selbstwirksamkeit

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Menschen mit einem hohen Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und Fertigkeiten sind beruflich erfolgreicher, zufriedener und zeigen ein höheres allgemeines Wohlbefinden. Erfolgserlebnisse stärken diese Selbstwirksamkeitsüberzeugung, doch gerade in den boomenden Berufsfeldern mit komplexen geistigen Tätigkeiten fehlt oft die unmittelbare Bestätigung des eigenen Könnens.

Im Leben gibt es viele Hindernisse, Schwierigkeiten und Rückschläge. Das Prinzip der Selbstwirksamkeit nach Bandura (1994) beschreibt die Zuversicht, Hindernisse überwinden und gesetzte Ziele erreichen zu können. Insbesondere hart erkämpfte Erfolge und das Aufstehen nach Rückschlägen sind wichtig für die Persönlichkeitsentwicklung. In einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt ist das Entwickeln der Frustrationstoleranz und inneren Widerstandsfähigkeit wichtiger denn je (Flüter-Hoffmann et al., im Druck). Doch gerade der technologisch getriebene Trend von Routinetätigkeiten hin zu komplexen geistigen Tätigkeiten birgt möglicherweise die Gefahr, dass sich die Arbeitsanstrengung vom unmittelbaren Erfolgserlebnis zunehmend entkoppelt.

Hierfür spricht der auf den ersten Blick überraschende Befund eines robust signifikanten Unterschieds zwischen der Selbstwirksamkeitsüberzeugung (gemessen nach Beierlein et al., 2012) von Arbeitern und Angestellten auf Basis der Beschäftigtenbefragung des Linked Personnel Panels 2014/2015. Die Abbildung zeigt, dass Arbeiter im Schnitt eine größere wahrgenommene Selbstwirksamkeit haben als Angestellte. Berücksichtigt man eine Reihe struktureller Unterschiede beider Gruppen zeigt sich ein robuster Befund für den Unterschied im Mittelwert-Index der Selbstwirksamkeit sowie für die Aussage, Probleme aus eigener Kraft gut meistern zu können. Für Angestellte ist die wahrgenommene Selbstwirksamkeit um etwa 10 Prozent der Standardabweichung geringer ausgeprägt als bei Arbeitern. Dieser Befund wirft Fragen auf, da Angestellte in anderen mit der Selbstwirksamkeit zusammenhängenden Persönlichkeitsmerkmalen wie einer hohen emotionalen Stabilität und Offenheit für neue Erfahrungen (BIG 5-Persönlichkeitsmerkmale) höhere Werte erzielen als Arbeiter. Eine Positivselektion von Personen mit hoher Selbstwirksamkeitsüberzeugung in Arbeiterpositionen, die häufiger geringe Karriereoptionen eröffnen, ist wenig plausibel. Möglicherweise liegt ein Erklärungsansatz in der verschiedenen Art der Tätigkeiten beider Gruppen.

Während Angestellte nach der Begriffsdefinition des Statistischen Bundesamtes (destatis, 2018) als nichtbeamtete Gehaltsempfänger definiert werden, die überwiegend in kaufmännischen, technischen und Verwaltungsberufen arbeiten, sind Arbeiter als Lohnempfänger überwiegend in gewerblichen und handwerklichen Berufen tätig. Auch wenn die traditionellen rechtlichen Unterschiede im Arbeits- und Sozialversicherungsrecht Anfang 2005 gänzlich zugunsten eines allgemeinen Arbeitnehmerstatus aufgehoben wurden, lässt sich die Unterscheidung im allgemeinen Sprachgebrauch dahingehend zusammenfassen, dass Arbeiter eher körperliche und Angestellte eher geistige Tätigkeiten verrichten. Während in vielen handwerklichen Berufen Fortschritte in der Arbeit für Beschäftigte sichtbar sind, beispielsweise im Herstellungsprozess eines Produkts, stellen sich in vorwiegend geistigen Tätigkeiten Erfolge meist zeitverzögert und stärker auch in immaterieller Form ein. Eine am Schreibtisch erdachte Lösung beispielsweise muss sich erst im Praxistest bewähren.

Die Übertragung von Führungsverantwortung ist – unabhängig von der Art der Tätigkeit – eine weitere Form, um den beruflichen Erfolg sichtbar zu machen. Der zweite in der Abbildung dargestellte Befund entspricht den Erwartungen, dass Führungskräfte im Durchschnitt über eine höhere Selbstwirksamkeitsüberzeugung verfügen: So ist die wahrgenommene Selbstwirksamkeit bei Führungskräften im Durchschnitt um etwa 16 Prozent der Standardabweichung dieses Merkmals stärker ausgeprägt als bei Mitarbeitern ohne Führungsverantwortung. Dieser Unterschied ist vermutlich neben der Bestätigung durch den beruflichen Status auch auf einen Selektionseffekt zurückzuführen. Während Menschen mit geringerer Selbstwirksamkeitswahrnehmung schwierige Situationen und Wettbewerbssituationen im direkten Vergleich mit anderen eher scheuen (Lent et al., 1994), sind Menschen mit einer hohen Selbstwirksamkeitswahrnehmung eher bereit, Unsicherheiten und Risiken in Kauf zu nehmen. Für die Selbstselektion in Führungspositionen spricht auch, dass Führungskräfte offener für neue Erfahrungen und risikobereiter sind und über eine höhere emotionale Stabilität verfügen.

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Die meisten Beschäftigten sprechen sich selbst eine hohe Selbstwirksamkeit zu. Der Mittelwert auf einer Skala von 1 (niedrig) bis 5 (hoch) liegt bei 4,3. Beschäftigte mit einer vergleichsweise hohen Selbstwirksamkeitserwartung sind mit ihrer Arbeit zufriedener – gemessen auf einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden) – und fühlen sich insgesamt wohler – gemessen anhand des WHO5-Indexes auf einer Skala von 0 (sich nie wohlfühlen) bis 100 (sich die ganze Zeit wohlfühlen). Während Beschäftigte mit einer vergleichsweise geringen wahrgenommenen Selbstwirksamkeit (3 oder geringer) eine Arbeitszufriedenheit von 6,7 und ein Wohlbefinden von 50,7 aufweisen, liegen die Arbeitszufriedenheit bei Beschäftigten mit einer hohen wahrgenommenen Selbstwirksamkeit (über 4) bei 7,8 und das Wohlbefinden bei 66,8. Diese ausgeprägten Unterschiede sind statistisch signifikant und deuten auf Handlungsbedarf für die Personalpolitik hin.

Zufriedene Beschäftigte, die voller Interesse und Selbstwirksamkeitsüberzeugung aktiv berufliche Herausforderungen angehen und Verantwortung übernehmen wollen, sind für Betriebe von unschätzbarem Wert. Betriebe können das Vertrauen der Mitarbeiter in ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten unterstützen, indem Erfolge auch abseits von Karrierepfaden honoriert werden und Beschäftigte wertschätzendes Feedback zu ihren Leistungen erhalten. Eine entsprechende Feedback- und Führungskultur wird umso wichtiger, je weniger sich die Bestätigung der eigenen Leistung unmittelbar aus dem Arbeitsergebnis ergibt. Der antiquierte Spruch „Nicht geschimpft ist Lob genug“ hat damit endgültig im Verständnis der Mitarbeiterführung ausgedient.

Das Linked Personnel Panel

Die Datengrundlage bildet das Linked Personnel Panel (LPP), Welle 2014/2015 (Broszeit et al., 2016). Der Datenzugang erfolgte über einen Gastaufenthalt (fdz1516) am GESIS – Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften und anschließend mittels kontrollierter Datenfernverarbeitung beim Forschungsdatenzentrum der Bundesagentur für Arbeit im Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (FDZ). Das LPP ist eine Spiegelbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung im Panelformat, die aus einer Betriebsbefragung und einer Befragung ausgewählter Beschäftigten dieser Betriebe besteht. Die Grundgesamtheit bilden Betriebe mit mindestens 50 sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten. Für die hier verwendete zweite Welle des LPP wurden 7.109 Beschäftigte aus 777 Betrieben befragt.

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