Nach Beginn der Finanzkrise hat die Europäische Zentralbank (EZB) zuerst die Zinsen gesenkt und später damit begonnen, sehr viel zusätzliches Geld zur Verfügung zu stellen. So wollte sie das Kreditgeschäft ankurbeln. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat nun überprüft, wie wirksam die EZB-Maßnahmen bislang waren – und kommt zu teils ernüchternden Ergebnissen.

Unternehmen profitieren bislang nicht
Im Jahr 2007 platzte die Immobilienblase; die US-Banken Bear Stearns und Lehman Brothers mussten daraufhin Insolvenz anmelden. Um ähnliche Konsequenzen in Europa zu verhindern, pumpt die EZB seither immer wieder Geld in den Markt. Mit den zusätzlichen Finanzmitteln will sie die Banken dazu bringen, sich untereinander, aber auch den Unternehmen sowie den Privathaushalten wieder mehr Kredite zu gewähren. Ob dieser Transmissionsmechanismus in den vergangenen Jahren wirklich funktioniert hat, hat IW-Finanzexperte Daniel Bendel untersucht.
Laut Studie hat der Transmissionsmechanismus vor der Finanzkrise wie erwartet gewirkt: Stellte die EZB mehr Liquidität zur Verfügung, stimulierte das die gesamte Kreditvergabe – es profitierten also sowohl der Interbankenmarkt als auch die Realwirtschaft. Mit Beginn der Krise galt das allerdings nicht mehr. Denn die Banken trauten einander nicht mehr, horteten Liquidität und vergaben kaum noch Kredite an die Realwirtschaft.
Die IW-Studie zeigt: Die EZB hat den Kredit-Mechanismus noch nicht wieder vollends ans Laufen gebracht. Zwar hat sich der Interbankenmarkt für Kredite weitgehend stabilisiert, die Zahl der Unternehmenskredite geht jedoch seit 2008 zurück – trotz der Geldschwemme durch die Zentralbank. IW-Ökonom Bendel will aber keinesfalls die Hoffnung aufgeben: „Die Untersuchungen zeigen, dass Banken häufig erst mit zeitlicher Verzögerung wieder mehr Unternehmenskredite anbieten.“

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