Künftig sollen die gesetzlichen Kassen ihre Finanzlöcher mittels einkommensunabhängiger Zusatzprämien stopfen dürfen. Der Clou: Prämienunterschiede sorgen für mehr Wettbewerbsdruck und Effizienz. Die Crux: Die Versicherer sollen die Prämien verlangen dürfen, wenn ihre Ausgaben kräftig steigen. Genau das aber gilt es eigentlich zu vermeiden.
Therapie in der Warteschleife
Den gesetzlichen Krankenkassen droht 2011 trotz Bundeszuschuss ein 11-Milliarden-Loch. Aus diesem Grund beschäftigt sich das Bundeskabinett heute mit einem neuen Finanzierungsmodell für das Gesundheitswesen. Zum einen sollen Krankenkassen, Ärzte, Kliniken und Pharmaunternehmen den Kostenapparat um bis zu 3,5 Milliarden Euro reduzieren. Außerdem soll der Beitragssatz für die Versicherten im kommenden Jahr steigen – von 14,9 auf 15,5 Prozent.
Zusätzlich dürfen defizitär wirtschaftende Kassen eine Zusatzprämie in unbegrenzter Höhe von den Versicherten erheben. Beitragszahler, die dem entgehen wollen, können zu günstigeren Konkurrenten wechseln. So entsteht im Prinzip ein Anreiz für die gesetzlichen Krankenversicherungen, die Versorgung möglichst effizient zu organisieren. Bis dieser Mechanismus greift, wird allerdings einige Zeit verstreichen: Denn damit AOK, BKK und Co. Zusatzprämien erheben dürfen, müssen ihre Ausgaben zuvor überproportional gestiegen sein. Gravierende Preisunterschiede bei den gesetzlichen Krankenkassen werden also erst langfristig deutlich.
Fehlerhaft ist das neue Finanzkonzept auch an anderer Stelle. Zusatzbeiträge, die 2 Prozent des beitragspflichtigen Einkommens eines Arbeitnehmers übersteigen, werden durch einen Sozialausgleich kompensiert. Dabei bleiben Einkommensbestandteile jenseits der Beitragsbemessungsgrenze oder andere Einkommensarten allerdings weiterhin unberücksichtigt. Besser wäre es gewesen, zumindest einen Teil der Ausgaben direkt über eine von allen gesetzlich versicherten Erwachsenen zu zahlende Gesundheitsprämie zu finanzieren und den Sozialausgleich an einem umfassenderen Einkommensbegriff auszurichten.
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