Mit ihrer neuen Studie „Schulformwechsel in Deutschland“ bescheinigt die Bertelsmann Stiftung dem hiesigen Schulsystem, dass es selektiv wirkt, weil es zu wenige Aufstiegschancen bietet. Für mehr Durchlässigkeit ist demnach allerdings weniger die Schulstruktur entscheidend als eine individuelle Förderung des Nachwuchses. Weitere Aspekte der Chancengerechtigkeit des Bildungssystems berücksichtigt die Studie leider nicht.
Schulstrukturen entscheiden nicht über Durchlässigkeit
Auf einen „Aufsteiger“ kommen rechnerisch 2,1 „Absteiger“: Innerhalb der Sekundarstufe I geht es laut Studie für 58,4 Prozent aller Wechsler von einer höheren in eine niedrigere Schulform. Lediglich 27,4 Prozent der Wechsler gelingt hingegen der Aufstieg. Bundesländer, in denen die Hauptschule nur noch eine geringe Bedeutung hat, haben dabei ein sehr ungünstiges Verhältnis von Aufstieg zu Abstieg: In Niedersachsen, wo der Anteil der Hauptschüler bei nur noch17,4 Prozent liegt, kommen auf einen Aufsteiger zehn Absteiger, in Hessen mit 8,4 Prozent Hauptschülern liegt das Verhältnis bei eins zu knapp neun. In den Bundesländern Bayern und Baden-Württemberg mit einem verhältnismäßig hohen Anteil Hauptschüler – 30,2 Prozent beziehungsweise 31,1 Prozent – zeigt sich hingegen ein günstigeres Verhält. Doch auch ein zweigliedriges Schulsystem wie in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ist nicht per se ein Garant für mehr Offenheit des Bildungswesens.
Da sich aus den Schulstrukturen also keine systematische, institutionell bedingte Selektion begründen lässt, vermuten die Autoren der Studie, dass eine selektive Pädagogik im Klassenzimmer greift. Das bedeutet allerdings auch, dass für eine Effektivitätsanalyse des Bildungssystems die Parameter, die in der Studie genutzt werden, nicht ausreichen: Der ausschließliche Blick auf die Quote der Hochschulzugangsberechtigten blendet aus, dass rund 39 Prozent der 458.000 Berechtigten des Jahres 2010 das Zeugnis der Hochschulreife an einer Beruflichen Schule erworben haben – eine Möglichkeit, die es in anderen Ländern nicht gibt. Nicht minder problematisch ist, dass die Studie der Frage der Sicherung von Grundbildung bei Risikoschülern keine Bedeutung beimisst.
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