1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. Inflation: Wenig Geldpolitik trotz steigender Preise
Zeige Bild in Lightbox
Hafen in China. (© Istock)
Markus Demary IW-Nachricht 13. Oktober 2021

Inflation: Wenig Geldpolitik trotz steigender Preise

Die Lebenshaltungskosten in Deutschland sind in den letzten Monaten deutlich gestiegen. Mit einer Inflationsrate von aktuell 4,1 Prozent setzt sich diese Entwicklung fort. Vielen Menschen bereitet das Sorgen. Warum steuert die Europäische Zentralbank (EZB) nicht mit höheren Zinsen dagegen? Die Antwort darauf liegt in den Ursachen des Inflationsanstiegs.

Knappheiten und Lieferengpässe bei Vorleistungsgütern lassen die Preise derzeit in vielen Ländern steigen. In den vergangenen 20 Jahren waren steigende Mieten sowie Heizkosten und Strompreise die größten Preistreiber. Die Preise stiegen zwischen Januar 2000 und August 2021 um rund 24 Prozent, davon ging die Hälfte auf das Konto von Miete, Heizen und Strom. Das liegt vor allem daran, dass sie mit knapp 28 Prozent einen erheblichen Teil des repräsentativen Warenkorbes ausmachen, der die Ausgaben eines durchschnittlichen Haushalts abbildet.

Kaufkraft bei Unterhaltungselektronik gestiegen

Inflationssenkend wirkten Ausgaben für Post und Telekommunikation sowie für Unterhaltungselektronik und Computer. Ihr Beitrag zur Preisentwicklung lag in diesem Zeitraum bei minus neun Prozentpunkten. Anders ausgedrückt: Wären die Preise in dieser Kategorie konstant geblieben, dann wäre die Preissteigerung von 1990 bis 2021 um neun Prozentpunkte höher ausgefallen. Besonders stark beigetragen haben die Informationsverarbeitungsgeräte, also Computer und Smartphones, obwohl deren Kosten nur ein Prozent der gesamten Lebenshaltungskosten ausmachen. 
Der Grund für diesen Preisrückgang liegt in der Qualitätsbereinigung durch das Statistische Bundesamt. Sie ist notwendig, weil sich die Produkte ständig weiterentwickeln. So kann ein modernes Smartphone aus dem Jahr 2021 ungefähr genauso viel kosten wie ein Handy aus dem Jahr 2000. Aufgrund der Produktverbesserung können die Käufer aber pro ausgegebenen Euro mehr Funktionen nutzen. Dadurch ist in Bezug auf Smartphones die Kaufkraft des Euros gestiegen, was sich negativ auf die Inflation auswirkt. Der qualitätsbereinigte Preisrückgang bei Computer und Smartphones war dabei so stark, dass diese trotz des geringen Anteils im Warenkorb die Entwicklung der Lebenshaltungskosten sehr stark gebremst haben. 

Höhere Zinsen würden Aufschwung bremsen

Ohne die Qualitätsbereinigung würden die Produktverbesserungen dem technologischen Fortschritt zugeschrieben werden, die damit verbundenen Preissteigerungen würden in die Inflationsentwicklung eingerechnet und die Zentralbanken müssten restriktiver werden. Zentralbanken reagieren deshalb sehr verhalten auf Preiseffekte der Angebotsseite. Das ist auch in der aktuellen Situation so, in der Knappheiten und Lieferengpässe bei Vorleistungsgütern in vielen Ländern zu Preissteigerungen geführt haben. Durch höhere Zentralbankzinsen würden die Waren an den Häfen nicht schneller abgewickelt, sondern nur der wirtschaftliche Aufschwung weiter gebremst. Anders ist es, wenn die Preise aufgrund von Nachfrageeffekten ansteigen, etwa weil die Menschen mehr Geld ausgeben ohne dass mehr Güter produziert werden. Das wäre ein Inflationsprozess, den Zentralbanken durch eine restriktivere Geldpolitik bremsen müssten. Höhere Zentralbankzinsen würden die Kosten für Konsumentenkredite erhöhen, wodurch die Menschen weniger Geld ausgeben.
 

Mehr zum Thema

Artikel lesen
De-Industrialisierung – Gefahr für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland?
Markus Demary Veranstaltung 29. April 2024

33. Finanzmarkt Round-Table: De-Industrialisierung – Gefahr für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland?

Das Institut der deutschen Wirtschaft, die DekaBank und die Börsen-Zeitung laden Sie zum Finanzmarkt Round-Table am Montag, den 29. April 2024 von 10:30 bis 12:30 Uhr ein. Der Round-Table findet als Online-Veranstaltung statt.

IW

Artikel lesen
Hagen Lesch Pressemitteilung 18. April 2024

Tarifverhandlungen 2024: Es droht eine höhere Inflation

Im Frühjahr stehen weitere Tarifverhandlungen in der Chemie- und Baubranche sowie dem Bankwesen an. Beharren die Gewerkschaften auf ihre hohen Forderungen, könnte dies auch die Inflation wieder hochtreiben. Davor warnt eine neue Studie des Instituts der ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880