Union und SPD sind sich einig: Seit gestern steht das neue Rentenpaket. Doch die drängendsten Fragen der Generationengerechtigkeit und der Armutsprävention lösen die Parteien damit nicht.
Rentenstreit: Aufgeschoben statt aufgehoben
Nach langem Ringen haben sich Union und SPD im Wesentlichen auf Punkte verständigt, deren Wirkung und Nutzen fraglich sind.
So wurde die doppelte Haltelinie bis 2025, wie bereits im Koalitionsvertrag verabredet, beschlossen. Doch auch wenn mit einem Rentenniveau von 48 Prozent und einem Beitragssatz von maximal 20 Prozent der Korridor bisheriger Vorausberechnungen kaum verlassen wird, bleibt das Risiko einer konjunkturellen Abkühlung, in deren Folge die Beitragseinnahmen unter den bisherigen Erwartungen blieben. Wie die Linien dann gehalten werden sollen, bleibt unklar.
Zudem drohte die Vereinbarung zur Mütterrente II neue Ungleichbehandlungen zu schaffen: Nun sollen Mütter nicht nur für das dritte Kind bedacht werden, das vor 1992 geboren wurde, sondern unabhängig von der Kinderzahl alle Mütter oder Väter mit älteren Kindern. Die Gegenbuchung dafür: Es gibt nur einen halben Rentenpunkt zusätzlich. Ob das gerechter ist, bleibt fraglich. Eine treffsichere Armutsprävention erwächst daraus aber ebenso wenig wie eine Entlastung der Beitrags- und Steuerzahler.
Beschlossen wurde zudem die Anhebung der Midijob-Grenze, von der allerdings nicht nur Haushalte am unteren Ende der Einkommensverteilung profitieren werden, was das DIW in dieser Woche auch empirisch nachgewiesen hat.
Für eine echte Entlastung – zumindest auf den ersten Blick – sorgt die verabredete Absenkung des Arbeitslosenbeitrags um einen halben Prozentpunkt bis 2022. Was unter dem Strich für den Abgaben- und Steuerzahler herauskommt, entscheidet allerdings am Ende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. Da der bereits eine Beitragserhöhung in der Pflegeversicherung zum 1. Januar angekündigt hat, dürfte die Entlastung in der Arbeitslosenversicherung damit wieder perdu sein. Zudem schlägt sich die Bevölkerungsalterung auch in der umlagefinanzierten Pflegekasse nieder und wird die jüngeren Generationen auf Dauer immer stärker belasten. Eine Entlastung der Beitragszahler ist somit nicht in Sicht.
So lässt das Rentenpaket viele Fragen offen, unter anderem zur Forderung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz nach einer dauerhaften Garantie des Rentenniveaus bis 2040. Den Beitrags- und Steuerzahlern bleibt die Hoffnung, dass die Kommission „Verlässlicher Generationenvertrag“ die Interessen der Ruheständler und die der aktiven Erwerbsbevölkerung sorgsam austariert.
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