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(© Foto: Jacek_Sopotnicki/iStock)
Michael Voigtländer in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung Interview 3. Februar 2017

„Die Glücksritter würden verschwinden“

Michael Voigtländer, Immobilienökonom im Institut der deutschen Wirtschaft Köln, sprach im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung über das Bestellerprinzip für Makler auch beim Wohnungskauf.

Sie plädieren für die Erweiterung des Bestellerprinzips für Makler (wer den Makler beauftragt, bezahlt ihn auch) vom Mietwohnungs- auf den Käufermarkt. Warum?

Die Maklerkosten stellen einen wesentlichen Bestandteil der Erwerbsnebenkosten dar. In Berlin etwa muss der Käufer 7,14 Prozent des Kaufpreises an den Makler bezahlen – bei einer gebrauchten Wohnung mit 100 Quadratmetern, die durchschnittlich 250.000 Euro kostet, sind das über 17.500 Euro. Bei vielen Haushalten scheitert die Wohneigentumsbildung aber eben daran, dass sie zu wenig Ersparnisse haben – Grunderwerbsteuer, Notar und Grundbuchamt müssen ja auch noch bezahlt werden, und die Bank erwartet zu Recht Eigenkapital. Würde der Verkäufer den Makler bezahlen, würde sich dies zum Teil im Immobilienpreis niederschlagen – den Kaufpreis kann der Haushalt aber finanzieren, die separaten Kosten für die Vermittlung nicht. Hinzu kommt, dass durch das Bestellerprinzip vermutlich die Kosten sinken würden.

Warum sollten die Maklerkosten bei Umsetzung des Bestellerprinzips sinken?

Gerade in den Großstädten, in denen Wohnraum knapp ist, hat der Käufer keine Chance, mit dem Makler über die Courtage zu verhandeln. Entweder man nimmt die Wohnung oder nicht, und entsprechend muss man auch die Courtage in voller Höhe bezahlen. Bei dem Verkäufer ist die Lage ganz anders. Er kann sich Angebote verschiedener Makler kommen lassen und dann den aussuchen, der das beste Preis-Leistungs-Verhältnis anbietet. Ob der Makler dann für den obengenannten Fall tatsächlich eine Courtage von 17.500 Euro aushandeln kann, darf zumindest bezweifelt werden. In den Niederlanden, wo das Bestellerprinzip seit langem gilt, hat sich die Maklercourtage zwischen 1 und 2 Prozent eingependelt.

Akzeptieren Sie den Einwand, dass Käufer eine höhere Grunderwerbsteuer zahlen müssen, wenn der Verkäufer die Maklerkosten auf den Kaufpreis aufschlägt?

Das ist richtig, aber wie gesagt erwarte ich eine Verringerung der Maklerkosten durch einen vermehrten Wettbewerb. Zudem können die Käufer häufig einen besseren Hypothekenzinssatz vereinbaren, wenn sie die gesparte Maklercourtage als Eigenkapital in die Finanzierung einbringen können – dies dürfte den Effekt einer leicht höheren Grunderwerbsteuer überkompensieren. Dass teilweise argumentiert wird, der Makler würde nur noch die Interessen der Verkäufer vertreten, wenn nur der Verkäufer bezahlt – auch dies sehe ich nicht, denn Makler werden nur dann langfristig erfolgreich sein, wenn sie einen guten Ruf haben. Insgesamt ist das Bestellerprinzip auch eine Chance für den Maklerberuf, denn die Glücksritter würden verschwinden und diejenigen, die eine gute Leistung bringen, wären weiter erfolgreich. Das sehen übrigens sogar einige Makler so, mit denen ich Kontakt hatte.

Gibt es weitere sinnvolle Schritte, um die Nebenkosten beim Immobilienkauf zu verringern?

Natürlich. Wir müssen uns nur an dem Beispiel der Niederlande orientieren. Dort bezahlt man für den Notar nur eine feste Gebühr in Höhe von rund 1.000 Euro und nicht wie in Deutschland rund 1 Prozent der Kaufsumme. Ursächlich dafür ist übrigens, dass man in den Niederlanden Notaren Preisabsprachen untersagt hat, sie stehen im Preiswettbewerb. Zumindest sollte man in Deutschland darüber nachdenken, die Notargebühren und die Kaufpreise zu entkoppeln, denn der Kaufpreis hat kaum etwas mit dem Aufwand des Notars zu tun. Genauso sind die Grundbuchkosten in den Niederlanden fix, mehr als 500 Euro muss man selten zahlen – in Deutschland sind es dagegen etwa 0,5 Prozent des Kaufpreises. Eine weitere Belastung ist die in manchen Bundesländern bis zu 6,5 Prozent betragende Grunderwerbsteuer, in den Niederlanden sind das gerade einmal 2 Prozent. Oft muss eine Familie erst einmal mehrere 10.000 Euro aufbringen, ehe sie überhaupt den ersten Euro für den Kauf ihrer Immobilie verwenden kann. Dabei wäre es für viele Menschen überaus wichtig, wenn sie ihre Altersvorsorge durch den Erwerb von Wohneigentum ergänzen könnten.

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