Hagen Lesch ist Tarifexperte im Institut der deutschen Wirtschaft Köln. Im Interview mit der Rheinischen Post erklärt er, warum eine Zwangsschlichtung im Piloten-Streik bei der Lufthansa keine Lösung ist.

"Streikkasse der Piloten ist voll"
Herr Lesch, Sie sind Tarifexperte beim Institut der deutschen Wirtschaft. Ist die Streikkasse bald leer?
Die Streikkasse ist kein Problem, sie dürfte voll sein, zumal pro Tag immer nur 300 bis 400 Piloten im Ausstand sind. Die Piloten können also, rein finanziell gesehen, noch lange streiken.
Wie wird der Streik enden?
Hier stehen sich zwei Seiten unvereinbar gegenüber. Der Lufthansa schadet der Streik zwar, aber Herr Spohr hat klargemacht: Lieber ein paar Tage keine Lufthansa als gar keine Lufthansa mehr. Zudem hatte die Lufthansa 2015 auch Streikkosten von 231 Millionen weggesteckt. So weit sind wir nicht. Bislang hat die aktuelle Streikwelle die Lufthansa über 100 Millionen gekostet. Ich gehe davon aus, dass sich der Streik totläuft, zumal der öffentliche Druck auf die Piloten steigt und alle anderen Beschäftigten der Lufthansa ihren Beitrag geleistet haben.
Ist eine Zwangsschlichtung, wie von Politikern gefordert, sinnvoll?
Eine Zwangsschlichtung, bei der der Staat selbst als Schlichter auftritt, ist keine Lösung. Sie ist auch mit der Tarifautonomie nicht zu vereinbaren. Sinnvoll wäre aber eine obligatorische Schlichtungsvereinbarung: Der Staat schreibt den Tarifparteien vor, dass sie bei unlösbaren Tarifkonflikten einen Schlichter ihrer Wahl anrufen und vorsorglich das Procedere festlegen müssen.
Welche Erfahrungen haben andere Branchen damit gemacht?
Gute. Im öffentlichen Dienst, bei Metall, am Bau und bei den Lokführern der GDL gibt es eine Schlichtungsvereinbarung. In 31 von uns untersuchten Tarifkonflikten mit Schlichtung konnten 23 durch den Schlichter friedlich gelöst werden. In acht Fällen platzte die Schlichtung, und es kam doch noch zu neuen Streiks.
Zum Interview auf rp-online.de

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