Die Botschaften sind eindeutig: Wir brauchen eine neue Finanz- und Geldpolitik.
Wiesbaden und Jackson Hole
Dieser Wahlkampf.wird immer skurriler. Der gut gepflegte Mangel an Inhalten, über die zu streiten sich lohnte, lässt immer mehr Raum für Themen, die in normalen Zeiten Kopfschütteln auslösen oder allenfalls zur allgemeinen Belustigung des Publikums beitragen. So werden wir derzeit mit Dienstfahrten aller Art sowie Essenseinladungen und Menüfolgen im' Kanzleramt befasst.
Nehmen wir es sportlich, und suchen wir das Positive darin zu sehen: Wir müssen uns mal nicht mit Experimenten der Wirtschaftspolitik auseinandersetzen, sondern können den Blick weit in die Zukunft richten. Was steht an? Zwei Ereignisse der letzten Tage – das eine in Wiesbaden, das andere in Jackson Hole – stellen uns dafür bedeutsame Fragen. Beginnen wir in Wiesbaden: Anfang der Woche veröffentlichte das Statistische Bundesamt die Budgetzahlen für die öffentlichen Haushalte im ersten Halbjahr 2009. Damit wurden die Erwartungen hoher Defizite infolge der Rezession, der Konjunkturpakete sowie der Rettung mancher Landesbank bestätigt.
Die Reaktion der Medien auf diese Daten war recht heftig, manche skizzierten düstere Szenarien bis hin zum Staatsbankrott. Beruhigende Hinweise darauf, dass auch diese Situation zu lösen ist, werden meist ungläubig zur Kenntnis genommen. Ohne Zweffel laufen die Staatshaushalte in eine sehr kritische Phase. Nach dem Finanzplan ist ab 2011 mit einer Schuldenstandsquote von gut 80 Prozent zu rechnen, die damit um 20 Prozentpunkte das Maastricht-Kriterium überschreitet. Dennoch: Mit Disziplin auf der Ausgabenseite und einer wachstumsorientierten Wirtschaftspolitik kann es gelingen, auf Sicht einer Dekade den Haushalt wieder auszugleichen.
Die Finanzpolitik der 80er-Jahre macht dazu ebenso Mut Wie die der Jahre nach 2003. Beispiele des Gelingens liefern auch internationale Erfahrungen. Vor diesem Hintergrund sind realistische Vorstellungen über die Konsolidierung, wie eine jährliche Minderung der Defizitquote um einen guten halben Prozentpunkt, zu entwickeln, die vor allem wachstumsschädliche Steuererhöhungen ausschließen und die Investitionsbedingungen stärken. Sollte die Finanzpolitik dies nicht zügig und glaubwürdig schaffen, droht angesichts der dann galoppierenden Defizitentwicklung ein tiefer Konflikt mit der Geldpolitik.
Das führt uns zum zweiten Ereignis, dem alljährlichen Treffen von Notenbankern und Geldtheoretikern in Jackson Hole am vergangenen Wochenende. Nachdem die Finanzkrise eingedämmt und die Wirtschaftskrise ihren Tiefpunkt hinter sich gelassen hat, waren dort Fragen grundsätzlicher Natur auf der Tagesordnung. Besonders mit Blick auf das Staatsdefizit in den Vereinigten Staaten wurden ernste Befürchtungen artikuliert, weil die möglicherweise drohenden Zinssteigerungen die Wachstumskraft spürbar und nachhaltig schwächen können.
Die besondere Herausforderung unserer Tage ergibt sich aber nicht nur daraus, den absehbaren Konflikt einer überdehnenden Schuldenpolitik der Staaten mit der Geldpolitik zu vermeiden. Viel grundsätzlicher stehen wir vor der Frage, mit welchem Paradigma wir für die Geldpolitik aus der Krise den Weg in die Zeit nach der Krise finden wollen. Der aus der Greenspan-Ära stammende Jackson-Hole-Konsens war geprägt von der Einschätzung, dass die Geldpolitik gegen spekulative Blasen an den Märkten für Vermögenswerte nicht gezielt vorgehen sollte.
Zur Begründung wurde auf die Theorie effizienter Märkte ebenso verwiesen wie auf die Kosten einer prophylaktisch restriktiven Zinspolitik für die Konjunktur. Die Effizienzunterstellung wurde freilich nicht erst durch die Krise zweifelhaft, sondern war von jeher angesichts der in der Theorie der Finanzintermediation traktierten asymmetrischen Informationsverteilung zwischen den beiden Marktseiten wenig überzeugend. Dennoch ist jedes Zögern gegenüber Thesen berechtigt, die der Notenbank besondere Prognosefähigkeiten für Spekulationsblasen zusprechen.
Trotz mancher Fragen an die Stabilität der Geldnachfrage ist eine strikt potenzialorientierte Geldmengenpolitik erwägenswert. Die Bindung der monetären Expansion an die realwirtschaftlichen Möglichkeiten dürfte das Potenzial für spekulative Blasen reduzieren. Außer bei einer extremen Misstrauensirifektion wie im Herbst 2008 wäre die Geldpolitik zur konjunkturpolitischen Neutralität und Inaktivität verpflichtet. Das ist für die Akteure zwar nicht richtig attraktiv, vermutlich aber wirkungsvoll.
Jedenfalls lauten die Botschaften aus Wiesbaden und Jackson Hole: Nehmt die Krise endlich ernst, richtet Finanzpolitik und Geldpolitik strategisch neu aus!
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