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Hubertus Bardt in der Frankfurter Allgemeinen Gastbeitrag 16. Oktober 2014

Heimische Förderung sorgt für mehr Versorgungssicherheit

In der Frankfurter Allgemeinen analysiert IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt die Versorgungssicherheit in Deutschland. Er geht der Frage nach, welchen Beitrag zur Unabhängigkeit die heimische Gasförderung leisten könnte.

Deutschland ist auf Energieimporte angewiesen. Erdöl und Erdgas werden traditionell in großem Umfang eingeführt, der Anteil der Importsteinkohle nimmt mit dem Auslaufen des Bergbaus an Ruhr und Saar stetig zu. Lediglich Braunkohle steht als heimischer Energierohstoff zur Verfügung – und natürlich in steigendem Maße Sonne und Wind, die durch die Politik im Sinne der Energiewende gefördert werden.

Aber nicht jede Importabhängigkeit bedeutet auch gleich ein nennenswertes Versorgungsrisiko. So kommen wesentliche Teile der Energieimporte aus der EU oder anderen stabilen Lieferländern. In den letzten Jahren hat aber auch die Abhängigkeit von Nicht-EU-Ländern deutlich zugenommen. Öl beispielsweise kommt zu 66 Prozent aus Quellen außerhalb der Union, Steinkohle zu drei Vierteln. Bei Erdgas ist der Importanteil aus Drittländern mit 39 Prozent vergleichsweise moderat.

Größter Gasversorger ist Russland mit allein 38 Prozent Marktanteil, gefolgt von den Niederlanden und Norwegen mit 26 und 20 Prozent. Damit ist Russland praktisch der einzige nicht europäische Lieferant von Erdgas für Deutschland. Der Blick auf die verbleibenden Bodenschätze lässt auch in Zukunft wenig Entspannung erwarten: Russland allein verfügt über knapp ein Viertel der weltweiten Reserven. Nur Iran und Katar kommen mit 17 beziehungsweise 13 Prozent in vergleichbare Größenordnungen. Alle anderen Förderländer bewegen sich bei 5 Prozent und weniger.

Müssen wir also einen Lieferstopp aus Russland fürchten, ähnlich dem Ölembargo der OPEC, das vor gut 40 Jahren zur ersten Ölkrise führte? Zunächst gilt: Auch die exportierenden Länder haben ein Interesse am internationalen Handel mit ihren Rohstoffen und würden sich durch einen politisch motivierten Exportstopp wirtschaftlich schädigen. Diese Schäden wären langfristig, da Europa seine Diversifizierungsanstrengungen sicher verstärken würde, wenn die Zuverlässigkeit russischer Lieferungen nicht mehr gegeben ist. Im Gasmarkt sind die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte jedoch positiv: So waren die Erdgaslieferungen aus der Sowjetunion auch während des Kalten Krieges – trotz erheblicher politischer Spannungen – stets zuverlässig. Dies setzt doch voraus, dass Russland ebenso auf die Einnahmen für Gasexporte nach Europa angewiesen ist wie Europa auf russische Gaslieferungen. In einer solchen Situation können Investitionen in Pipelinesysteme, in denen viel Kapital gebunden wird, als Element der Stärkung der wechselseitigen Bindung verstanden werden. Umgekehrt sprechen die vergleichsweise höheren Exporterlöse aus Öl dafür, dass Gas für die russischen Einnahmen keine allein entscheidende Rolle spielt. Dies wird durch den beginnenden Ausbau von Transportmöglichkeiten aus Sibirien nach China noch verstärkt. Auch wenn hierin derzeit noch keine direkte Konkurrenz um Gas aus bestimmten Feldern besteht, verringert die zusätzliche Möglichkeit der Einnahmengenerierung die finanzielle Abhängigkeit Russlands von Deutschland, während der Bedarf nach Gasimporten aus Russland eher zu- als abnimmt.

In der aktuellen Krise versucht Russland auffällig, die Schritte, die von den Ländern Europas als Einschränkung der Liefertreue verstanden werden können, als normales und legitimes Marktverhalten darzustellen. Jüngstes Beispiel ist der Streit um eine mögliche Versorgung der Ukraine mit Gas aus EU-Beständen, das ursprünglich aus Russland importiert wurde. Politisch ist dies in dem russisch-ukrainischen Konflikt natürlich für Russland unerwünscht, weil damit ein Druckmittel aus der Hand gegeben wird. Begründet wird eine mögliche Minderung von Lieferungen an die EU aber mit dem Hinweis, dass Lieferverträge einem Re-export entgegenstehen würden. Das Bild des zuverlässigen Partners will Russland nicht zerstören.

Um mögliche Gefahrenpotentiale weiter zu reduzieren, ist eine breite Risikostreuung notwendig. Hierzu gehören ein breiter Energiemix, eine gewisse Vielfalt von Lieferländern und eine Diversifizierung der zur Verfügung stehenden Transportmöglichkeiten. Zwar hat Deutschland einen relativ breit aufgestellten Energiemix und mit der Braunkohle einen wichtigen rein heimischen Energierohstoff, dennoch ergeben sich Risiken aus der Versorgungsstruktur. Die Befürchtungen hinsichtlich der Gasversorgung, die vor allem in der starken Stellung eines Lieferanten und der Bindung an Pipelines liegen, können durch die Einfuhr von verflüssigtem Erdgas (LNG) oder durch den Bau alternativer Pipelines partiell abgemildert werden. Die Nord Stream-Pipeline durch die Ostsee umgeht potenzielle Transitkonflikte mit Weißrussland und der Ukraine. Die von Russland geplante South Stream-Pipeline wäre ein weiteres Element der Diversifizierung der Transportwege. Mit dem Bau bzw. Ausbau des Südlichen Gaskorridors wird zusätzliches Gas aus Drittländern gesichert. Dies gilt zunächst für Aserbaidschan, potenziell aber auch für weitere Länder des kaspischen Raums.

Eine stärkere Versorgung mit Erdgas aus Deutschland kann uns zwar nicht unabhängig von Importen machen, aber doch einen nennenswerten Beitrag zur Sicherheit der Energieversorgung leisten. Im Jahr 2003 steuerten deutsche Erdgasfelder noch ein knappes Fünftel zum Verbrauch bei, 2013 waren es lediglich 10 Prozent. Der Rückgang der letzten Jahre wird durch die aktuelle Fracking-Diskussion noch verstärkt. Auch bei konventionellen Gasfeldern wird seit Jahrzehnten auf diese Technik zurückgegriffen. Selbst wenn auf die Schiefergasvorkommen in Deutschland verzichtet werden soll, führt eine Beschränkung von Fracking-Prozessen zu einem Rückgang der Gasförderung. Der Sicherheit der Energieversorgung durch die deutsche Verbots-Diskussion wird kein guter Dienst erwiesen.

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