Der von der Bundesregierung groß angekündigte Abbau der kalten Progression entpuppt sich als Luftnummer, schreibt IW-Ökonom Tobias Hentze in der Fuldaer Zeitung.
Viel Lärm um fast nichts
Für Finanzminister Wolfgang Schäuble ging das Jahr 2016 gleich gut los: Mit mehr als 12 Milliarden Euro fällt der Überschuss im Bundeshaushalt für 2015 doppelt so hoch aus wie noch im November gedacht. Geld, das Schäuble zunächst einmal für sich behält. Denn die Steuerzahler müssen sich mit dem begnügen, was die Bundesregierung ihnen im vergangenen Jahr zugedacht und auf den Weg gebracht hatte – höhere Freibeträge und eine Anpassung des Einkommensteuertarifs, um die kalte Progression teilweise abzubauen. In der Summe wird der Steuerzahler so im Jahr 2016 um 5 Milliarden Euro entlastet – klingt zunächst einmal viel, ist aber nicht einmal die Hälfte der Überschüsse des vergangenen Jahres
Es überrascht dennoch wenig, dass sich die Politik damit brüstet, die Bürger entlastet zu haben. Doch die meisten Steuerzahler werden davon wenig spüren. Denn zum einen bleiben für den einzelnen von den 5 Milliarden Euro nur wenige Euro übrig, zum anderen wird für einige die Rechnung durch höhere Beiträge zur Krankenversicherung sogar fast zum Nullsummenspiel.
Zur Veranschaulichung: Zwischen sechs und knapp 20 Euro weniger Steuern im Monat zahlen Singles oder Ehepaare mit einem Bruttoeinkommen zwischen 2.000 und 4.000 Euro 2016 im Vergleich zum Vorjahr. Bei Gutverdienern mit einem Monatsgehalt von 5.000 Euro reduziert sich die Steuerlast sogar um fast 30 Euro. Familien kommt zusätzlich eine Erhöhung des Kindergeldes in Höhe von monatlich zwei Euro oder alternativ die Anhebung des Kinderfreibetrages zugute.
Doch dieser Gewinn wird in vielen Fällen an anderer Stelle wieder kassiert: Der Zusatzbeitrag für Arbeitnehmer zur gesetzlichen Krankenversicherung steigt 2016 im Durchschnitt von 0,9 auf rund 1,1 Prozent. Das bedeutet eine Zusatzbelastung bis zu acht Euro im Monat. Zudem steigen für gutverdienende gesetzlich Versicherte die Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge aufgrund der erhöhten Beitragsbemessungsgrenze. Statt 49.500 Euro im Jahr 2015 liegt der Wert 2016 bei 50.850 Euro. Wessen Jahresgehalt oberhalb dieser Grenze liegt, muss allein deshalb rund zehn Euro mehr im Monat in die Sozialversicherung einzahlen.
Auf dem Konto kommen so bei den allermeisten Singles, Ehepaaren und Familien im Jahr 2016 nur zwei bis zehn Euro mehr im Monat an als noch 2015. Große Sprünge sind damit nicht drin – das Geld reicht gerade einmal für die eine oder andere Tasse Kaffee. Viele Bürger werden daher auch im Jahr 2016 bis in den Juli hinein ausschließlich für die Finanzierung des Staates arbeiten, denn ihnen bleibt weniger als die Hälfte Netto vom Brutto.
Der von der Bundesregierung groß angekündigte Abbau der kalten Progression entpuppt sich damit als Luftnummer. Die kalte Progression beschert dem Fiskus Steuermehreinnahmen, die dadurch entstehen, dass steigende Einkommen zwar eigentlich lediglich die Inflation ausgleichen sollen, das Gehaltsplus jedoch einem höheren Steuersatz unterliegt. Die Politik hat mit den aktuellen Steueränderungen nur rund ein Viertel dieser heimlichen Steuererhöhungen, die es seit 2010 aufgetürmt haben, zurückgenommen. Wer dem Bürger erst 100 Euro wegnimmt, darf keinen großen Jubel erwarten, wenn er später 25 Euro zurückgibt. Die steuerlichen Entlastungen sind kein Geschenk, sondern ein längst überfälliger und immer noch unzureichender Schritt.
Zumal gleichzeitig die Beitragsbemessungsgrenzen – neben der zur Kranken- und -Pflegeversicherung auch die zur Renten- und Arbeitslosenversicherung – nicht nur 2016, sondern in schöner Regelmäßigkeit Jahr für Jahr mit Verweis auf höhere Ausgaben steigen.
Dabei hätte die Politik vor allem bei der Arbeitslosenversicherung Spielraum, um den Bürgern mehr von ihrem Einkommen zu lassen: Aufgrund der guten Beschäftigungssituation könnte sie den Beitragssatz senken. Doch davon will die Regierung offenbar nichts hören.
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IW
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