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Hagen Lesch im Bayernkurier Gastbeitrag 20. März 2011

Streikrepublik Deutschland?

Warnstreiks bei der Telekom, Lehrer im Ausstand, rebellierende Lokführer– was auch in anderen Ländern üblich ist, wirft hierzulande die Frage auf, ob Deutschland im Streikchaos versinkt. Die Antwort ist einfach: Nein.

Der soziale Friede ist immer noch einer der größten Standortvorteile Deutschlands. Dies zeigt ein Vergleich des internationalen Streikgeschehens ebenso wie ein Blick auf die Lohnabschlüsse der vergangenen 15 Jahre.

Gemessen am Arbeitskampfvolumen, das die Zahl der ausgefallenen Arbeitstage je 1.000 abhängig Beschäftigte angibt, zeigt sich: Im zurückliegenden Jahrzehnt fielen hierzulande im Jahresdurchschnitt lediglich fünf Arbeitstage je 1.000 Arbeitnehmer aus. Ähnlich harmonisch ging es nur in der Slowakei und Japan (jeweils gar keinen Ausfalltag), in der Schweiz (4 Tage), in Polen, Ungarn und den Niederlanden (zwischen 6 und 9 Tage) zu. Spanien kommt hingegen auf 164 Ausfalltage, Frankreich auf 102, Italien auf 88 und Großbritannien oder die USA auf jeweils 30 Tage.

Erfreulich ist dabei: Die Stabilität der Arbeitsbeziehungen wurde nicht etwa dadurch erkauft, dass die Arbeitgeber Konflikten hierzulande aus dem Wege gehen und Gewerkschaftsforderungen leichter nachgeben. Gegen diese Befürchtung spricht, dass Deutschland über die letzte Dekade hinweg eine nahezu bemerkenswerte Konstanz der nominalen Lohnstückkosten hatte, was die anhaltende Exportstärke der deutschen Volkswirtschaft maßgeblich begünstigt hat. Die Arbeitnehmer haben davon profitiert, weil dadurch viele gut bezahlte Industriejobs erhalten blieben.

Während in Frankreich, Italien oder Griechenland politische Streiks, die sich gegen sozialpolitische Reformen der nationalen Regierungen wenden, zur allgemeinen Protestkultur gehören, sind in Deutschland nur tarifpolitische Streiks erlaubt. Das trägt ganz erheblich dazu bei, dass vor allem Störungen im Transportsektor hierzulande selten sind. In Frankreich sind Bahnstreiks als fester Bestandteil der politischen Proteste viel häufiger. Zwar haben auch unsere Gewerkschaften im letzten Jahr mit einem "heißen Herbst" gedroht, um sich gegen die "Rente mit 67" zu wehren. Massenproteste blieben aber aus. Stattdessen beschränkten sich IG Metall & Co. auf Aktionen in den Betrieben - ohne dabei den Arbeitsablauf nennenswert zu stören.

Ganz heil ist die Welt aber auch hierzulande nicht mehr. Denn mächtige Spartengewerksbhaften wie die Lokführergewerkschaft, die Piotenvereinigung Cockpit oder die Gewerkschah der Flugsicherung haben einen schädlichen Gewerkschaftswettbewerb angefaclt, bei dem sich die Arbeitnehmerbünde gegenseitig überbieten wollen. Wenn Konflikte künftig häufiger auftreten, wird der Gesetzgeber dem Agieren der Spartengewerkschaften Schranken setzen müssen.

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