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Hubertus Bardt im Internetportal The European Gastbeitrag 9. Juni 2011

Seltene Erden sind nicht selten

Seltene Erden haben in den vergangenen Monaten eine gewisse Popularität erlangt. Diese ist der chinesischen Außenpolitik zu verdanken. Im Streit mit Japan um einzelne Inseln hat China die Seltenen Erden als politische Waffe eingesetzt und damit allen vor Augen geführt, wie abhängig große Industrieländer von den chinesischen Rohstoffen sind.

Seltene Erden sind nicht selten. Eine geologische Knappheit ist nicht erkennbar. Lagerstätten sind reichlich vorhanden, auch wenn technische und ökonomische Voraussetzungen für eine Förderung stimmen müssen.

Das Kernproblem der Seltenerdmetalle ist heute darin zu sehen, dass diese Stoffe nahezu vollständig in China gefördert und von China auf den Weltmarkt gebracht werden. China hat heute de facto ein Monopol auf Seltene Erden – und will dieses Monopol nutzen. Der politische Einsatz in Form eines Exportstopps ist dabei sicherlich ein Extremfall, der für die deutschen Unternehmen zwar weder akut noch sehr wahrscheinlich, letztlich aber völlig unkalkulierbar ist.

Die chinesische Führung ist sich ihrer aktuell starken Stellung bewusst und versucht, den Rohstoffexport systematisch zu reduzieren und die weitere Verarbeitung ins Land zu holen. Dies widerspricht der weltweiten Arbeitsteilung, wie sie sich auf freien Weltmärkten ergibt, und führt daher zu weltweiten Wohlstandsverlusten. Eine solche Politik stellt für etablierte Industriestandorte wie Deutschland eine Bedrohung dar.

Aber sind Deutschland und Europa dem chinesischen Monopol schutzlos ausgeliefert? Tatsache ist zunächst, dass der Bedarf an Seltenen Erden in den nächsten Jahren deutlich steigen wird. Elektronik, Optik, Elektromobilität, erneuerbare Energien – zahlreiche Zukunftstechnologien sind auf Seltene Erden angewiesen. Der Bedarf wird wachsen, auch wenn die Stoffe immer effizienter und damit sparsamer eingesetzt werden. Das stärkt die chinesische Position und macht das Monopol noch problematischer. Auch der Ersatz durch andere Stoffe stößt an enge Grenzen. Zumal niemandem geholfen ist, wenn man die eine Seltene Erde durch die andere Seltene Erde ersetzt und weiter auf China angewiesen ist. Auch Recycling ist noch keine Lösung. Hier fehlt die Technik, es fehlen die Abfallmengen mit den gewünschten Stoffen und es fehlt die Wirtschaftlichkeit der Wiederaufbereitung. Verzicht, Ersatz und Recycling befreien Deutschland damit nicht von dem chinesischen Monopol. Das Monopol bleibt kritisch und gefährlich

Marktmechanismen können einen Beitrag dazu leisten, das Monopol Chinas zu schwächen. Die Knappheit der Stoffe führt zu steigenden Preisen. So haben sich beispielsweise die Preise für Dysprosium und Neodym verdreifacht, der Preis für Cer hat sich sogar versiebenfacht. Das macht es für China interessanter, die Stoffe doch zu exportieren und auf den politischen Druck des Westens einzugehen. Vor allem aber führen steigende Preise dazu, dass weltweit an einer Reihe von Bergbauprojekten zur Gewinnung zusätzlicher Erze gearbeitet wird. Zu den wichtigsten gehört Mountain Pass, das US-amerikanische Bergwerk, welches bis in die Achtzigerjahre einen Großteil der weltweiten Produktion verantwortete. Andere Projekte in Kanada oder Australien können ebenfalls zu einer teilweisen Versorgung aus zuverlässigen Lieferländern beitragen.

All dies kann die Situation auf den Märkten für Seltene Erden ein Stück weit entspannen. Aufgrund der steigenden globalen Nachfrage wird China jedoch einer der wichtigsten Lieferanten bleiben. Das Monopol bleibt kritisch und gefährlich. Grund zur Panik besteht jedoch nicht.

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