1. Home
  2. Presse
  3. In den Medien
  4. Gehören Sie dazu?: Deutschlands Mittelschicht ist stabil
Zeige Bild in Lightbox gehören Sie dazu?
(© Foto: jokerpro/iStock)
Michael Hüther auf Welt Online Gastbeitrag 15. März 2017

Gehören Sie dazu?: Deutschlands Mittelschicht ist stabil

Der deutschen Mittelschicht ergeht es angeblich schlecht: schrumpfen soll sie, erodieren oder gar zerbrechen. Doch ein nüchterner Blick auf die Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft zeigt ein anderes Bild. Ein Gastbeitrag IW-Direktor Michael Hüther auf welt.de.

Deutschland geht es so gut wie lange nicht und wir bleiben ein Land der Mitte. Die Mittelschicht ist stabil und hat sich in ihrer Größe seit 2005 nahezu nicht verändert. Nach der engen Definition des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) gehörten im Jahr 2014 rund 48 Prozent der Bundesbürger zur Einkommensmitte. Sie verdienen zwischen 80 und 150 Prozent des Median-Einkommens, also dem Einkommen, bei dem es genauso viele Menschen mit einem höheren wie mit einem niedrigeren Einkommen gibt.

Bei einem Alleinstehenden bedeutet das monatlich etwa zwischen 1400 und 2600 Euro netto. Jeweils weitere 16 Prozent gehörten zur oberen und unteren Mittelschicht. Andere Definitionen kommen für die Mittelschicht auf Werte zwischen 56 und 76 Prozent der Bevölkerung, denn die fassen die Mitte weiter – die Bundesregierung zählt in ihrem Armuts- und Reichtumsbericht etwa die Spanne von 60 bis 200 Prozent des Median-Einkommens dazu.

Das Ergebnis bleibt in allen Fällen gleich: Die Mittelschicht umfasst ein breites Einkommensspektrum, verfügt über einen großen Teil des Nettovermögens und bildet einen Querschnitt der Gesellschaft. Zu ihr gehören häufig Familien mit zwei Kindern, ebenso die Mehrheit der Senioren, Facharbeiter, Angestellten und Beamten.Oberschicht: Nur vier Prozent der Bevölkerung

Zur oberen Einkommensschicht gehörten 2014 lediglich vier Prozent der Bevölkerung und damit fast ebenso viele wie noch 2005. Dementsprechend hat sich auch der Anteil der einkommensarmen Schicht an der Gesamtbevölkerung nur leicht verändert – erst in den letzten Jahren nimmt er vor allem aufgrund der gestiegenen Migration leicht zu. 2014 lag er bei knapp 16 Prozent. Den oft befürchteten Abstieg von der Mittelschicht in die Armut gibt es in der Realität nur selten.

Diese Entwicklung ist angesichts der makroökonomischen Schocks der vergangenen Jahre erstaunlich. Der Fall des Eisernen Vorhangs, der anschließende verstärkte Einfluss der Globalisierung und die Weltfinanzkrise 2009 – all das hat die deutsche Mittelschicht gut weggesteckt. Die Beschäftigung und das Arbeitsvolumen steigen fortlaufend und zwar mit einem hohen Anteil sozialversicherungspflichtiger Jobs.

Agenda 2010 hat die Mitte stabilisiert

Insbesondere die Agenda 2010 hatte – entgegen der weitverbreiteten Wahrnehmung – einen stabilisierenden Einfluss auf die Mittelschicht. Die Entwicklung der Mittelschicht seit der Wiedervereinigung lässt sich grob in drei Phasen einteilen.

Zunächst stieg der Anteil der Mitte im engen Sinn im Zuge des ostdeutschen Aufholprozesses etwas an, bevor er seit der Jahrtausendwende von rund 54 Prozent auf etwa 50 Prozent im Jahr 2005 geschrumpft ist. Abgesehen vom Einfluss einer zusätzlichen Migrationsstichprobe im Jahr 2013 hat sich das Schichtgefüge seither nur noch wenig verändert.

In kurzfristiger wie auch längerfristiger Perspektive zeigt sich somit eine im Wesentlichen stabile mittlere Einkommensschicht – die interaktive Graphik veranschaulicht dies im Zeitverlauf.

Das sind gute Nachrichten, die bei den Bürgern ankommen sollten. Die Politik sollte daher Dramatisierung und Untergangsrhetorik auch im Wahlkampf vermeiden, die positiven Entwicklungen der vergangenen Jahre wieder in den Fokus nehmen und nicht für einen kurzfristigen politischen Erfolg die Verunsicherung vieler Bürger noch steigern.

Zum Gastbeitrag auf welt.de.

Inhaltselement mit der ID 4433

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Wer im Alter arbeitet, ist zufriedener
Ruth Maria Schüler in der Fuldaer Zeitung Gastbeitrag 20. April 2024

Wer im Alter arbeitet, ist zufriedener

IW-Expertin für soziale Sicherung und Verteilung, Ruth Maria Schüler, geht in einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung der Frage nach, warum der frühe Ausstieg aus dem Erwerbsleben kein Garant für das Lebensglück ist.

IW

Artikel lesen
Martin Beznoska / Judith Niehues / Ruth Maria Schüler / Maximilian Stockhausen Pressemitteilung 3. April 2024

Inflation: Rentner nicht stärker betroffen als andere Haushalte

Die Kaufkraft von Rentnern der Gesetzlichen Rentenversicherung sank in den vergangenen Jahren nicht stärker als bei anderen Haushalten. Während die Coronapandemie Rentner nicht so stark getroffen hat, führten die Preissteigerungen spätestens seit 2022 zu ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880