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Markus Demary in der Börsen-Zeitung Gastbeitrag 4. November 2013

Europäische Bankenunion benötigt Ergänzungen

Europäische Banken sind in der Regel kleiner als US-Banken, schreibt IW-Finanzmarktökonom Markus Demary in der Börsen-Zeitung. Doch übertrifft ihre Bilanzsumme teilweise die Wirtschaftsleistung ihrer Sitzländer, während keine US-Bank größer als ein Achtel des US-amerikanischen Bruttoinlandsprodukts ist.

Island und Irland gerieten durch die Rettung ihrer großen Banken selbst in finanzielle Schwierigkeiten. Die 30 weltweit größten Banken, darunter viele europäische Banken, verfügen über durchschnittlich 900 Tochtergesellschaften, von denen rund 600 im Ausland in durchschnittlich 44 Ländern tätig sind.

Gerät eine solche Bank in Schieflage, so müssen sich die Aufsichtsbehörden mehrerer Länder bei den Rettungs- und Sanierungsarbeiten koordinieren. Es ist unstrittig, dass eine gemeinsame europäische Bankenaufsicht und ein gemeinsamer europäischer Abwicklungsrahmen dringend benötigt werden. Diese werden als Single Supervisory Mechanism (SSM) und Single Resolution Mechanism (SRM) realisiert.

Über den Abwicklungsrahmen wird aber stark gestritten: Die Europäische Union sieht einen gemeinsamen Fonds zur Finanzierung der Abwicklungsmaßnahmen vor, bei dem die Lasten zwischen den Euroländern geteilt werden. Kritiker befürchten, dass die Länder mit den gesunden Banken für die maroden Banken in anderen Ländern aufkommen müssen. Auch die Bundesregierung scheint dieser Meinung zu sein und favorisiert ein Netzwerk nationaler Abwicklungsfonds. Dieses Modell hat aber den Nachteil, dass bei einer grenzüberschreitenden Abwicklung womöglich über die Verlustaufteilung gestritten wird. Eine schnelle, effektive und kostengünstige Lösung würde damit gefährdet.

Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) schlägt eine Reihe von Verbesserungen für die Ausgestaltung der Bankenunion vor. Hauptanliegen des Vorschlages ist es, eine Abwicklungsfinanzierung zu ermöglichen, bei der eine effektive Abwicklung einer großen Bank möglich ist, ohne dass in unnötigem Ausmaß Verluste umverteilt werden.

Dafür wird ein europäisches System der Abwicklungsfonds mit 17 nationalen Fonds und einem europäischen Fonds benötigt. In den europäischen Fonds zahlen die für die Systemstabilität der Eurozone relevanten Banken ein, während die übrigen Banken in die Fonds der Länder einzahlen, in denen sie tätig sind. Betrifft die Abwicklung einer Bank dann zum Beispiel zwei Länder, so werden nur die beiden jeweiligen Fonds herangezogen. Bestehen aber Gefahren für die gesamte Eurozone, so wird der europäische Fonds herangezogen.

Zwar sieht der Vorschlag der Europäischen Kommission ein grundsätzliches Bail-in vor, doch können Verbindlichkeiten davon ausgenommen werden, wenn die Aufseher Ansteckungseffekte auf andere Banken befürchten. Auch wenn diese Ausnahmen bei Gefahr einer Systemkrise geboten sein können, so muss doch verhindert werden, dass auch in Zukunft Rettungserwartungen fortbestehen.

Ein Vorschlag der Liikanen-Kommission kann dieses Problem aber mindern. Die Expertengruppe hält es für vorteilhaft, wenn Bail-in-fähiges Kapital außerhalb des Bankensektors gehalten wird, um Ansteckungseffekte auf andere Banken bei einer Gläubigerbeteiligung zu vermeiden. Dadurch wird bei den Aufsehern gleichzeitig auch der Anreiz geschwächt, bestimmte Verbindlichkeiten vom Bail-in auszunehmen. Ein vom Markt beobachtbarer regulatorischer Auslöser für ein Bail-in ist aber notwendig. Denn solange der Markt erwartet, dass der Trigger von der Aufsicht möglicherweise nicht betätigt wird, so wird der Markt eine niedrigere Rendite auf diese Wertpapiere verlangen als bei einem klar definierten Trigger.

Bevor der SSM startet, sollten idealerweise die Banken ausreichend rekapitalisiert, die neuen Eigenkapitalregeln umgesetzt sowie sämtliche Altlasten aus der letzten Bankenkrise abgewickelt sein. Da dies wohl nicht in allen Fällen bis zum geplanten Beginn der gemeinsamen Bankenaufsicht im Herbst 2014 zu bewerkstelligen ist, sollte eine Quarantänezeit für schwach kapitalisierte Banken eingeführt werden. Diese Banken sollten Pläne zur Erreichung des angestrebten Eigenkapitalbestands vorlegen, die vom SSM genehmigt werden müssen. Während dieser Quarantänezeit stehen diese Banken unter einer besonderen Beaufsichtigung und müssen Eingriffe des SSM befürchten, wenn sie die Pläne nicht einhalten. Gleichzeitig sind sie noch nicht formell Teil der Bankenunion und der avisierten Teilkaskosicherung durch die nationalen und den europäischen Abwicklungsfonds.

Damit die Banken Verluste aus einer Staatsschuldenkrise auffangen können, ist mittelfristig unbedingt eine risikobasierte Eigenkapitalunterlegung für Staatsanleihen notwendig. Der Teufelskreis aus Banken- und Staatsschuldenkrise wird dadurch begünstigt, dass sich die Banken zu stark in den Anleihen ihres Heimatstaates engagieren, anstatt ein international diversifiziertes Portfolio zu halten. Der regulatorische Rahmen sollte dem entgegenwirken, indem Banken mit einem schlechter diversifizierten Anleiheportfolio mehr Eigenkapital hierfür unterlegen sollten als bei einem diversifizierten Portfolio. Problematisch ist auch, dass die Beschränkung für Großkredite in Höhe von maximal 25 % des anrechenbaren Eigenkapitals nicht für die Staatsanleihen der Mitgliedstaaten gilt. Diese ist aber für Engagements in Staatsanleihen sinnvoll.

Das Letztentscheidungsrecht der Kommission im Abwicklungsgremium soll Rechtssicherheit und Effektivität garantieren, ist aber gleichwohl kritisch zu sehen. Es besteht nämlich die Gefahr von Interessenskonflikten, da die Kommission für Abwicklung und Beihilfekontrolle zuständig wäre, und die Mittel aus dem Abwicklungsfonds mit staatlichen Beihilfen gleichgestellt sind. Besser wäre es, mit dem SRM eine neue Behörde zu gründen und die Gleichstellung der Mittel aus dem Abwicklungsfonds mit staatlichen Beihilfen aufzuheben. Hierzu ist aber eine Änderung der EU-Verträge notwendig.

Die Ansiedlung des SSM bei der EZB birgt die Gefahr von Interessenskonflikten. Einige Kritiker sehen aber auch die Gefahr, dass die EZB zu viel Einfluss bekommen könnte, ohne eine Rechenschaftspflicht gegenüber einem Parlament zu haben.

Langfristig sollte daher die europäische Bankenaufsicht ebenfalls in eine eigene Behörde ausgegliedert werden. Denn nur dieses Konstrukt verhindert, dass die EZB für mögliche Aufsichtsfehler verklagt werden kann, was ihre Unabhängigkeit als Zentralbank gefährdet. Eine neue Behörde wäre zudem dem Parlament gegenüber rechenschaftspflichtig. Zu empfehlen ist eine Zusammenarbeit nach dem Vorbild von Bundesbank und BaFin in Deutschland.

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