In Deutschland hat mittlerweile die siebte Woche des Corona-Lockdowns begonnen. IW-Geschäftsführer Hubertus Bardt begrüßt daher die schrittweise Öffnung des Einzelhandels und fordert kreative Lösungen für die Wiederaufnahme des Schulbetriebs.
Corona-Lockdown: Warten auf das Aufbruchsignal
So lange findet auch bundesweit kein Schulunterricht mehr statt. Öffentliche Zusammentreffen sind reduziert, Veranstaltungen abgesagt, Friseure und die meisten Geschäfte geschlossen. Auch die öffentlichen Verwaltungen haben ihren Bürger- service vielfach eingestellt; Bus und Bahn fahren nur noch ein-geschränkt; der Flugverkehr ist praktisch beendet. Die Industrie hat die Produktion heruntergefahren. Die Autoindustrie und ihre Zulieferbranchen spüren es ganz besonders: Es fehlt an sicheren Teilelieferungen, an Nachfrage und an Vertriebsmöglichkeiten. Der wirtschaftliche Einbruch wird oft mit der Krise von 2009 verglichen. Vermutlich ist die Krise heute aber tiefer. Vor allem trifft sie deutlich mehr Unternehmen. Gas- tronomie, Veranstaltungsdienste, Tourismus: All das steht still. Der Handel in den Innenstädten ist zum Erliegen gekommen. Damit sind mittelständische Unternehmen auf breiter Front in ihrer Existenz bedroht. Die Kapitaldecke ist dünn, und der ausgefallene Osterurlaub wird auch nicht nachgeholt.
Je länger der Lockdown dauert, desto ausgeprägter und langwieriger wird die Wirtschaftskrise werden. Eine Schrumpfung um fünf Prozent ist kaum noch zu vermeiden – eher wird es mehr. Das bleibt natürlich nicht ohne Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: 725.000 Unternehmen haben Kurzarbeit angemeldet, vermutlich werden weit mehr als zwei Millionen Arbeitnehmer betroffen sein. Je länger die Krise dauert, desto größer ist auch die Gefahr, dass aus Kurzarbeit Arbeitslosigkeit wird.
Je schneller das wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben wieder aufgenommen werden kann, desto besser. Um von der Eindämmungs- aber in die Öffnungsphase übergehen zu können, müssen die medizinischen Voraussetzungen erfüllt sein: Die Verbreitung der Krankheit muss kontrolliert werden, das exponentielle Wachstum, dass die Krankenhauskapazitäten bald überlasten würde, muss gestoppt sein. Eine Rückkehr des Virus und ein neuer Lockdown im Herbst wäre sicher teurer als eine überschaubare Verlängerung der Restriktionen im Frühjahr.
Zur vorsichtigen Öffnung gehört aber nicht nur die schrittweise Zulassung des Einzelhandels, die jetzt von der Regierung vorgesehen wurde. Ein Schlüssel für die Lockerung ist die Wiederaufnahme des Schulbetriebs und der Kindergartenbetreuung. Das kann nicht von jetzt auf gleich geschehen, schließlich muss das Infektionsrisiko möglichst klein gehalten werden. Hier sind kreative Lösungen gefragt – von geteilten Klassen und zeitversetzten Pausen bis hin zum Wechsel von Präsenz- und Heimunterricht. Dass die Kultusminister erst bis Ende des Monats ein Konzept dazu vorlegen sollen, ist eindeutig zu spät. Dabei geht es nicht um ein definitives Datum, sondern um eine Orientierung, wie es nach dem Lockdown weitergehen kann.
Was nötig ist, ist ein klares Aufbruchsignal. Darauf warten nicht nur Familien, sondern auch Verbraucher und Unternehmen. Wertschöpfungsketten müssen neu organisiert werden, Verbraucher brauchen Optimismus, um Anschaffungen nachzuholen. Die Aussicht auf eine Lockerung des Lockdowns kann nur ein erster Schritt sein. Aber der muss bald gegangen werden.
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