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Michael Hüther Gastbeitrag 14. Februar 2008

Gute Gründe für Offenheit

Für die Regulierung von Staatsfonds gibt es keine stichhaltigen Argumente.

Heute wird Finanzminister Steinbrück im Deutschen Bundestag eine Regierungserklärung zu den Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten abgeben. Man benötigt wenig Fantasie, um sich die Bewertungen der verantwortlichen Akteure durch den Minister vorzustellen.

In der Sache ist die Kritik durchaus berechtigt. Das unzureichende Risikomanagement der Banken, das Einlassen auf nicht durchschaubare Produkte und die Überdehnung der Fristentransformationen, die (Selbst-) Überschätzung der Ratingagenturen – all das widerspricht nicht nur dem Anspruch an moderne Bankgeschäfte, sondern schlicht den Grundsätzen des ehrbaren Kaufmanns.

Das allgemeine Unbehagen, das regelmäßig als Reaktion auf solche Ereignisse zu beobachten ist, hat mit der gut begründeten Einschätzung zu tun, dass die Finanzmärkte das Potenzial haben, weit über ihre engere Funktionslogik hinaus die Weltwirtschaft zu belasten oder gar in eine tiefe Krise ziehen zu können. Die Suche nach Sicherungsmechanismen beginnt stets nach einer neuen Verwerfung.

So hatte die Ostasienkrise vor zehn Jahren zu einer Überarbeitung der Vorschriften für die Eigenkapitalunterlegung der Banken für Kredite ("Basel II") geführt. Gerne greift der deutsche Gesetzgeber auch zum Instrument der Kontrolle. Das geschieht in dem Glauben, steuernd in das große Rad der Weltwirtschaft eingreifen zu können.

Dies ist politisch attraktiv, da ansonsten gerade die Entwicklung an den Kapitalmärkten die Regierungen offener Volkswirtschaften eher wehrlos erscheinen lässt. Die Bundesregierung verfolgt seit geraumer Zeit den Plan, durch eine Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes eine Genehmigungspflicht für ausländische Investitionen zu verhängen, die zu einer Beteiligung an einem deutschen Unternehmen von mehr 25 Prozent führen sollen.

Zunächst ging es dabei nur um Staatsfonds. Das sind staatliche Kapitalsammelstellen, die sich aus dem Erlös von Rohstoffvorkommen oder aus den Deviseneinnahmen infolge einer exportorientierten Währungspolitik speisen. Da zwischen privaten und staatlichen Investoren aber kaum trennscharf zu diskriminieren ist, muss die Regel allgemein formuliert werden. Doch woran soll sich die Überprüfung orientieren?

Während man im Fall von Hedge-Fonds und privaten Kapitalbeteiligungsgesellschaften die konsequente Orientierung an der Rendite kritisiert, wird Staatsfonds gerade der unterstellte Verzicht darauf zum Vorwurf gemacht. Staatsfonds gibt es seit langem. Doch erst die großen neuen Spieler aus China sowie aus Russland haben öffentlich Aufsehen erregt und Sorgen über teuflische Absichten aufkommen lassen.

Es ist immer die gleiche These: Diese Fonds in Händen anderer Staaten verzichten auf Rendite und zielen stattdessen auf die Schädigung jener Volkswirtschaften, in die sie sich einzukaufen beabsichtigen. Als Motive werden die Beeinträchtigung der dortigen Infrastruktur oder der Transfer von technischem Wissen ins Heimatland genannt.

Ein Verzicht auf Rendite würde jedoch bedeuten, dass die Staatsfonds ihren eigentlichen Zweck nicht erfüllen könnten. Diese Fonds sind nämlich nicht das Ergebnis einer Strategie zur Schwächung anderer Staaten, sondern die Folge einer bestimmten Einnahmesituation des Staatshaushalts, die in keinem Fall – weder aufgrund von Rohstoffexporten noch aufgrund einer bestimmten Währungspolitik – als dauerhaft bewertet werden kann. Deshalb versuchen diese Länder über den Aufbau eines Kapitalstocks, künftige Generationen daran zu beteiligen und durch globale Streuung der Anlagen die eigene Risikoposition zu entkrampfen.

In jedem Fall drücken Staatsfonds die Bereitschaft der Regierungen aus, das Geld nicht in den laufenden Haushalt zu geben und damit übliche Fehler zu vermeiden. Denn sehr häufig geht Ressourcenverfügbarkeit mit schwachem Wirtschaftswachstum einher. Dahinter steht ein Phänomen, das in der ökonomischen Debatte als "holländische Krankheit" geführt wird. Die Infektion droht, wenn Rohstofferlöse überwiegend konsumtiv verwendet werden und der Sektor der industriellen Güter geschwächt wird.

Wer über eine Regulierung von Staatsfonds den betreffenden Ländern den Weg zu attraktiven und global diversifizierten Portfolios verbaut, der muss sich der Folgen bewusst sein. Einerseits kann es dort zu der genannten Wachstumsabschwächung kommen. Andererseits mag es unattraktiv werden, die natürlichen Ressourcen im bisherigen Maße zu pflegen und zu nutzen. Beides würde letztlich auch die Industrieländer belasten.

Gerade bei Investitionen ausländischer Fonds in ehemals staatliche Infrastrukturunternehmen wird gerne vorgetragen, dass sich damit der zurückgenommene Staatseinfluss wieder einstellt. Dieses Argument ist wenig überzeugend. Wer so spricht, setzt Staatsfonds mit Staatsunternehmen gleich und übersieht, dass die dafür kennzeichnenden Verfügungsrechte gar nicht bestehen. Ein Infrastrukturangebot im Wettbewerb kann und muss durch eine effektive Wettbewerbspolitik sichergestellt werden.

Der Internationale Währungsfonds ist mit der Ausarbeitung von Transparenzregeln für Staatsfonds beauftragt. Vor allem die Anlagestrategie soll offengelegt werden. Dagegen ist wenig einzuwenden. Doch sollte nicht übersehen werden, dass der Markt stets auch Kräfte der Selbstdisziplinierung aufweist. Vor allem dann, wenn wiederholt Transaktionen stattfinden, würde Intransparenz weitere Käufe verhindern. Nur wer einmal spielt, kann auf Ausbeutung setzen. Es spricht nichts für die Regulierung ausländischer Fonds und die leichtfertige Gefährdung der Investitionsfreiheit.

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