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Michael Hüther Gastbeitrag 15. Februar 2007

Die Suche nach dem guten Hirten

Die Hedge-Fonds haben ihr Risikomanagement verbessert. Es gibt keinen Grund für staatliche Regulierung.

Ein ungutes Gefühl hat sich angesichts von Hedge-Fonds bei vielen Beobachtern wie Akteuren am Finanzmarkt eingestellt. Auf dem jüngsten Treffen der G7-Finanzminister in Essen ist darüber diskutiert worden. Sorge bereitet die schiere Größe dieser Fonds, deren Hebel durch Kreditfinanzierung noch verstärkt wird. Die Finanzminister haben das Forum für Finanzmarktstabilität gebeten, den aus dem Jahr 2000 stammenden Bericht zu aktualisieren. Dahinter stehen auch die Erfahrungen der frühen 90er-Jahre, als Hedge-Fonds das Europäische Währungssystem wanken ließen. Allerdings kann Derartiges nur gelingen, wenn durch Ungleichgewichte politisch getroffene Arrangements bereits unglaubwürdig geworden sind.

Dennoch: Hedge-Fonds geben Rätsel auf. Sie investieren riesige Summen und suchen, anders als Private-Equity-Investoren, in der Regel kein aktives Engagement in Unternehmen, sondern mutmaßliche Fehlbewertungen von Aktien, Anleihen oder Währungen, auf deren Korrektur sie wetten. Damit unterstützen sie den Prozess der Preisbildung und neutralisieren Ungleichgewichte. Hedge-Fonds kaufen dabei regelmäßig Papiere, die anderen Akteuren zu riskant erscheinen. Allein dadurch wirken sie stabilisierend. Zugleich reduzieren sie Risikoprämien und tragen zu einer effizienteren Verteilung von Risiken bei.

Wer wettet, der kann auch danebenliegen und sein eingesetztes Vermögen verlieren. Das ist an sich noch kein Grund zu öffentlicher Besorgnis. Diese ist erst begründet, wenn sich solche Marktrisiken angesichts umfassender Fremdfinanzierung mit einem gravierenden Kreditrisiko verbinden. Um ein hohes Investitionsvolumen zu erreichen, nutzen Hedge-Fonds in erheblichem Maße Banken. Mit Blick auf die großen Summen, die bei verschiedenen Instituten aufgenommen werden, könnten, so die Besorgnis, über eine Kettenreaktion die Stabilität des Bankensektors, gar die Liquiditätsversorgung einzelner Volkswirtschaften bedroht sein.

Wie hoch ist dieses Risiko zu gewichten? Wer ist vor wem zu schützen? Welche Regulierung ist angemessen? Die unmittelbaren Finanziers sind wohlhabende Einzelinvestoren und institutionelle Anleger. Um die einen muss man sich nicht sorgen. Und die anderen, die Institutionellen, sind bereits stark reguliert, um die Interessen der Anleger zu schützen.

Offenkundig gibt es aber ein großes Bedürfnis an nicht regulierten Anlagemöglichkeiten. Sicher würden Investmentgesellschaften mehr Mittel anziehen, würde man die weitgehende Regulierung ihrer Anlagestrategien verbessern. Die anstehende Novelle des Investmentgesetzes sollte für eine wirksame Deregulierung genutzt werden.

Die Kreditgeber der Hedge-Fonds sind vor allem Banken. Sie unterliegen ohne Ausnahme der Finanzaufsicht und müssen die Mindestanforderungen für das Kreditgeschäft erfüllen. Weil auf ihnen ein nicht unerheblicher Renditedruck lastet, suchen die Banken nach hoch rentierlichen und notabene risikobehafteten Engagements. Das klassische Kreditgeschäft hat angesichts der im Umfeld der niedrigen Inflation weltweit flachen Zinsstruktur an Attraktivität verloren. Bereits in den vergangenen gut zwanzig Jahren haben sich die Nettozinserträge in Relation zur Bilanzsumme von über 2,5 auf unter 1,5 Prozent reduziert.

Eine größere Transparenz bei den eingegangenen Wetten der Hedge-Fonds, also bei deren Risikoallokation, wird vor allem deshalb gefordert, weil den Banken darüber die Informationen fehlen. Das muss indes nicht so sein. Die Banken sollten schon angesichts ihrer eigenen Regulierung umfassendere Informationen von Hedge-Fonds einfordern. Und zwar wie von jedem Mittelständler, der häufig genug mühsam um Kredit nachsucht. In diesem Sinn sind solche Fonds bereits heute indirekt reguliert.

An weiter gehenden Maßnahmen sollten insbesondere die Hedge-Fonds selbst interessiert sein, speziell an einer verbesserten Transparenz. Denn die von vielen Beobachtern befürchtete Herdenentwicklung widerspricht dem Geschäftsmodell dieser Fonds. Alle würden verlieren. Die volkswirtschaftlich stabilisierende Wirkung ergibt sich aber gerade aus vielen unterschiedlichen, besonders auch gegenläufigen Spekulationen. Jeder einzelne Hedge-Fonds setzt darauf, durch die Identifikation spezifischer Fehlbewertungen einen Gewinn zu erzielen.

Natürlich gibt es wie immer schwarze Schafe, die eine Herde in Wallung bringen und das nahrhafte Feld zerstören können. Das zeigte sich auch an der missbräuchlichen Ausnutzung von Stimmrechten aus geliehenen Aktien, um Entscheidungen von Hauptversammlungen zu beeinflussen und aus den Kursreaktionen Profit zu schlagen. Dieses Problem kann man jedoch mittels Unternehmenssatzung lösen. Schwieriger ist es, manipulativen Markteingriffen zu begegnen. Solches Handeln vermag man nie ganz auszuschließen. Eine übertriebene Regulierung führt indes stets zu Ausweichreaktionen. Der Straßenhandel mit Drogen, die unerlaubte Prostitution und die Prohibitionszeit in den USA zeigen das. Die Cayman Islands laden ein.

Zielführender ist es, durch konsistente Politik für den Finanzmarkt relevante Verabredungen glaubwürdig zu machen und den Markt bei der Definition von Transparenzstandards sowie der Entwicklung eigener Ratings zu unterstützen. Die Europäische Zentralbank hat in ihrem Finanzmarktstabilitätsbericht vom Dezember 2006 auf die Bereitschaft der Hedge-Fonds verwiesen, Informationen vertraulich an Aufsichtsbehörden zu geben. Dem Bericht zufolge haben die Fonds ihr Risikomanagement verbessert. Es gibt keinen Grund, den guten Hirten für diese Herde in staatlicher Regulierung zu suchen. Das Eigeninteresse an hohen Erträgen ist der beste Regulator.

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