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Michael Hüther in „Die Welt“ Gastbeitrag 30. Oktober 2006

Agenda 2010 hat den Arbeitsmarkt kuriert

Durchschlagender Erfolg

Der Konjunkturaufschwung bewegt sich mit großer Kraft. Die Auftragsbücher der Unternehmen sind prall gefüllt, und das Geschäftsklima ist günstig. Über die Investitionsdynamik ist nun auch der Arbeitsmarkt in Schwung gekommen. Erstmals seit längerem gibt es wieder die realistische Aussicht, dass die Viermillionengrenze bei der Arbeitslosigkeit unterschritten wird. Selbst die Baubranche steht nicht mehr abseits. Die Konsumentenstimmung hellt sich merklich auf.

Anders als in früheren Konjunkturphasen haben die Räder der Aufschwungbewegung diesmal jedoch sehr viel langsamer ineinander gegriffen. Der Grund für den stark verzögerten Aufschwung liegt in der großen Verunsicherung, die zu Beginn des Jahrzehnts aus unterschiedlichen Quellen gespeist war: die Implosion der New Economy und Bilanzskandale, Terrorängste und geopolitische Konflikte. Die deutsche Wirtschaftspolitik konnte darauf lange keine Antworten finden.

Nicht nur der Aufschwung war' verzögert. Auch die Wahrnehmung darüber, dass es mit der Wirtschaft bergauf geht, setzte verzögert ein. In der Folge wurde darüber diskutiert, ob man eine nachfragepolitische Steuerung wieder beleben sollte, und man hat ebenso fragwürdige Thesen über politische Lebenslügen angebotspolitischer Herkunft aufkommen lassen. Solche Debatten sind fehlgeleitet. Denn den Aufschwung mit seinem breiten binnenwirtschaftlichen Fundament dürfte es aus der Sicht der Nachfragepolitik gar nicht geben.

Alle makroökonomischen Bedingungen haben sich in der Diktion dieser Strategie verschlechtert: Die Europäische Zentralbank hat seit Dezember 2005 die Zinsen um 125 Basispunkte erhöht und damit an expansiver Wirkung verloren. Die Finanzpolitik hat die Staatsdefizite reduziert und mindert damit ebenfalls ihre die Konjunktur stützende Kraft. Zudem sind die Lohnstückkosten erneut rückläufig.

Glaubt man den Vertretern der Nachfragepolitik, dürfte es angesichts von Hartz IV und der Agenda 2010 gar keinen Anstieg der Beschäftigung geben. Seit dem Frühjahr erleben wir aber einen deutlichen Zuwachs sozialversicherungspflichtiger Arbeitsplätze. Die Anzahl offener Stellen ist ebenfalls deutlich gestiegen. Die Montagsdemonstranten von einst sollten ihr Verhalten auch deshalb selbstkritisch überprüfen.

Wie ist der Aufschwung dann zu erklären? Den größten Anteil daran hat die außergewöhnliche weltwirtschaftliche Situation. Die Weltproduktion expandiert historisch einmalig nun schon über mehrere Jahre mit fünf Prozent. Das hat den deutschen Unternehmen ihre Anstrengungen entgolten, im Strukturwandel zu bestehen und durch Restrukturierungen sowie Innovationen wettbewerbsfähiger zu werden. Gleichzeitig hat die dreistufige Steuerreform ab 2001 die Ertragskraft der Unternehmen gestärkt. Die Reformen der Agenda 2010 haben die Anpassungsflexibilität der deutschen Firmen erhöht. Gleichzeitig hat die moderate Lohnpolitik der vergangenen Jahre die betrieblichen Freiheitsgrade vergrößert.

An diesem Aufschwung zeigt sich: angebotspolitische Reformen zahlen sich aus. Was die Politik indes überfordert, ist die notwendige Wirkungszeit. Die Wirtschaftspolitik hat es aber in der Hand, gerade in Zeiten großer Verunsicherung durch konsistentere, zügigere und umfassendere Reformen den Erfolg zu beschleunigen. Das war der entscheidende Mangel an der Wirtschaftspolitik der vergangenen Jahre.

Dennoch: Wenn wir jetzt nicht den Mut haben, berechtigt den Erfolg für die Angebotspolitik zu reklamieren und die offenkundigen Fehler der Nachfragepolitik zu betonen, dann wird es nicht gelingen, marktwirtschaftliche Reformen fortzusetzen und zu intensivieren. Wir sollten diesen Aufschwung daher auch als Lektion für die Politik verstehen. Mehr wird uns die Weltwirtschaft nicht bieten können. Greifen wir also zu. Durchschlagender Erfolg.

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