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Bauwirtschaft Immobilien-Monitor 20. Juni 2012 Zurück im Wachstumsmodus

Die Bauwirtschaft hat eine lange und schwere Krise hinter sich. Kontinuierlich gingen die Beschäftigtenzahlen seit Mitte der 1990er Jahre zurück. Dass die Bautätigkeit nun wieder anzieht, ist nicht nur auf die anziehende Immobilienkonjunktur, sondern vor allem auf den Strukturwandel in der Bauwirtschaft zurückzuführen. Trotz des Bevölkerungsrückgangs sind die Perspektiven für die Branche daher gut.

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Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Bauwirtschaft hat eine lange und schwere Krise hinter sich. Kontinuierlich gingen die Beschäftigtenzahlen seit Mitte der 1990er Jahre zurück. Dass die Bautätigkeit nun wieder anzieht, ist nicht nur auf die anziehende Immobilienkonjunktur, sondern vor allem auf den Strukturwandel in der Bauwirtschaft zurückzuführen. Trotz des Bevölkerungsrückgangs sind die Perspektiven für die Branche daher gut.

Die Bauwirtschaft ist eine der wichtigsten Branchen in der Volkswirtschaft. Allein im Jahr 2011 entfielen 4,4 Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland auf das Baugewerbe. Damit ist der Beitrag der Bauwirtschaft größer als der des gesamten Einzelhandels oder aber des Maschinenbaus. Verglichen mit den 1990er Jahren, als das Baugewerbe noch einen Anteil von 7 Prozent der Bruttowertschöpfung stellte, ist die Bedeutung der Branche allerdings rückläufig. Besonders augenfällig wird dies bei einer längerfristigen Betrachtung der Beschäftigten der Bauwirtschaft. Ihren Spitzenwert erreichte die Bauwirtschaft mit 1,7 Millionen Beschäftigten im Jahr 1965 in Westdeutschland. Seitdem ist die Beschäftigung rückläufig, auch wenn sie bedingt durch die Wiedervereinigung und den ausgelösten Bauboom bis auf 1,5 Millionen Menschen – in Gesamtdeutschland – wieder angestiegen ist. Im Jahr 2011 verdienten etwa 745.000 Menschen ihr Geld in der Bauwirtschaft (Schaubild). Diese Entwicklung hat die Befürchtung ausgelöst, die Bauwirtschaft könnte sich immer weiter marginalisieren. Tatsächlich ist es jedoch wahrscheinlicher, dass die Branche zukünftig wieder moderat wächst.

Dies mag zunächst überraschend erscheinen, da die Bevölkerung seit dem Jahr 2003 kontinuierlich zurückgeht und damit auch weniger Neubauten nachgefragt werden. Das IW Köln etwa geht davon aus, dass durchschnittlich bis zum Jahr 2020 nicht mehr als 200.000 Wohnungen pro Jahr gebaut werden müssen, danach sogar noch weniger. Hieran hat sich die Bauwirtschaft jedoch schon längst angepasst und ihre Kapazitäten zurückgefahren. Der Tiefpunkt der Neubautätigkeit wurde bereits in den Jahren 2009 und 2010 mit Fertigstellungen von jeweils rund 160.000 Wohnungen erreicht. Übersehen wird darüber hinaus, dass der demografische Wandel auch Chancen birgt. So wird etwa die Zahl der über 80-Jährigen von heute 4 Millionen auf über 10 Millionen im Jahr 2050 ansteigen. Zwangsläufig wird hiermit die Zahl der stationären Pflegeplätze steigen müssen. Weit wichtiger ist jedoch der altengerechte Umbau des Wohnungsbestands, da bereits absehbar ist, dass die Pflegekassen an die finanzielle Belastungsgrenze stoßen werden.

Der altengerechte Umbau ist jedoch nur eine Chance für die Bauwirtschaft. Noch wichtiger ist die energetische Modernisierung des Gebäudebestands. Zur Erreichung der Klimaschutzziele muss bis zum Jahr 2050 der Wohngebäudebestand nahezu vollständig saniert werden. Auch in die bereits teilsanierten Gebäude ist noch weiter zu investieren. Die hierzu erforderlichen Bauinvestitionen versprechen Umsätze in Billionenhöhe.

Der Fokus der Bauwirtschaft liegt somit zukünftig vor allem im Bestand. Gleichzeitig werden die Tätigkeiten damit komplexer, da Sanierungen und Umbauten im Bestand nicht standardisiert werden können. Hierauf hat sich die Bauwirtschaft schon weitgehend eingestellt. Während 1995 noch jeweils 50 Prozent der Bruttowertschöpfung auf Hoch- und Tiefbau sowie auf Bauinstallationen entfielen, lag der Anteil der Bauinstallationen im Jahr 2007 bereits bei 57 Prozent. Von den Bauumsätzen entfielen im Jahr 2010 27 Prozent auf Bauinstallationen, aber nur 24 Prozent auf den Bau neuer Gebäude. Hervorstechend ist darüber hinaus, dass auf die spezialisierten Bautätigkeiten 18 Prozent der Umsätze entfallen (Schaubild).

Ein weiteres Indiz für die zunehmende Spezialisierung bietet der Arbeitsmarkt. In den letzten 15 Jahren waren die wichtigsten Themen für die Bauwirtschaft die Schwarzarbeit und die Lohnunterbietung durch nicht-tarifgebundene Unternehmen. Diese Themen bleiben auch relevant, allerdings werden sie ergänzt durch eine zunehmende Verknappung von Fachkräften. Demnach ist die Nachfrage nach Architekten und Bauingenieuren seit 2005 um 31 Prozent gestiegen. Auch die durchschnittliche Zeit, bis eine Stelle mit einem Akademiker neu besetzt werden kann, ist zwischen 2000 und 2011 um mehr als 20 Tage auf durchschnittlich 66 Tage gestiegen. Doch nicht nur Akademiker sind gefragt, sondern auch gut ausgebildete Maurer und Maler.

Fachkräftemangel wird damit auch für die Bauwirtschaft ein Thema und wird die Arbeitskosten erhöhen. Denn in den letzten 10 Jahren sind die Entgelte in der Bauwirtschaft etwas langsamer gewachsen als in der Gesamtwirtschaft. Zwischen 2000 und 2010 lag der Zuwachs der monatlichen Einkommen bei 14 Prozent, im Bauhauptgewerbe dagegen bei 12 Prozent. Auch Architekten und Bauingenieure konnten ihre monatlichen Gehälter ebenfalls nur um 12 Prozent steigern, was Nachholeffekte nahelegt.

Ebenso wie bei den Arbeitskosten ist auch bei den Materialkosten mit weiteren Preissteigerungen zu rechnen. Allein seit 2005 sind diese um fast 20 Prozent gestiegen. Wesentlich hierfür sind die gestiegenen Rohstoffpreise. Schließlich ist der Wettbewerb um Rohstoffe intensiver und vor allem globaler geworden. Rund 20 Prozent aller Baustoffe des Ausbaugewerbes (Bauinstallationen) werden importiert. Da der Bedarf im Ausland, vor allem in den Schwellenländern, aufgrund steigender Haushaltszahlen und steigender Einkommen deutlich zunimmt, werden die Rohstoffpreise auch weiterhin kräftig steigen.

Neben dem Bevölkerungsrückgang sind die steigenden Baukosten daher ein weiterer Grund dafür, dass die Bauwirtschaft sich trotz großer Potenziale eher moderat entwickeln wird. Daneben ist der Staat ein Risiko für den weiteren Aufschwung der Bauwirtschaft. Zum einen, weil die öffentlichen Investitionen trotz offensichtlicher Bedarfe aufgrund fehlender finanzieller Spielräume rückläufig sind. Zum anderen, weil sich energetische Sanierungen ebenso wie altersgerechte Umbauten für den Einzelnen häufig kaum lohnen und daher subventioniert werden müssen. Schließlich sind diese Investitionen gesellschaftlich gesehen sinnvoll. Werden die Förderungen jedoch nur vereinzelt und unsystematisch gewährt, werden die Investitionspotenziale ungenutzt bleiben. Das lange Hin und Her um die steuerliche Abschreibung von energetischen Modernisierungen ist ein mahnendes Beispiel für die Unberechenbarkeit der Politik.

Vor diesem Hintergrund ist es für die Bauunternehmen entscheidend, ihre Umsätze so gut wie möglich zu verstetigen. Anderenfalls wird es auch schwer werden, Fachkräfte langfristig zu binden. In der Vergangenheit musste insbesondere der Baumittelstand, also Unternehmen mit einer Größe von 10 bis 499 Mitarbeitern, die Anpassungslasten einer fallenden Nachfrage tragen, während die Kleinunternehmen sich stetiger entwickeln konnten. Seit 1995 sind die Umsätze im Baumittelstand von 104 Milliarden Euro auf 66 Milliarden Euro im Jahr 2011 zurückgegangen. Kleinunternehmen haben ihre Umsätze hingegen nominal sogar leicht steigern können.

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