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Stefanie Seele IW-Report Nr. 17 22. März 2023 Mehr Erwerbstätigkeit dank Reformen: Indikatoren des deutschen und französischen Arbeitsmarktes seit 1970

In diesem Bericht werden unterschiedliche Arbeitsmarktindikatoren und die wirtschaftliche Entwicklung von Deutschland und Frankreich von 1970 bis 2021 verglichen. Dafür werden verschiedene Zeitreihen der Europäischen Kommission und der OECD für die Nachbarländer genutzt.

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Indikatoren des deutschen und französischen Arbeitsmarktes seit 1970
Stefanie Seele IW-Report Nr. 17 22. März 2023

Mehr Erwerbstätigkeit dank Reformen: Indikatoren des deutschen und französischen Arbeitsmarktes seit 1970

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

In diesem Bericht werden unterschiedliche Arbeitsmarktindikatoren und die wirtschaftliche Entwicklung von Deutschland und Frankreich von 1970 bis 2021 verglichen. Dafür werden verschiedene Zeitreihen der Europäischen Kommission und der OECD für die Nachbarländer genutzt.

Deutschland und Frankreich hatten seit 1970 bis in die Mitte der 2000er Jahre stark regulierte Arbeitsmärkte, welche sich beide durch eine persistent hohe Erwerbslosigkeit auszeichneten. Mit wirtschaftlichen Abschwüngen stieg in beiden Ländern die Erwerbslosigkeit und in den darauffolgenden Aufschwüngen konnte diese nicht (vollständig) abgebaut werden. Die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Frankreich war über den gesamten Zeitraum 1970 bis 2021 ähnlich. Auch die soziale Sicherung war bis 2005 in beiden Ländern auf einem ähnlich hohen Niveau. Dennoch verzeichnete der deutsche Arbeitsmarkt ab der Mitte der Nullerjahre eine sinkende Erwerbslosigkeit. Zuletzt deutete sich in Frankreich ebenfalls eine leichte Verbesserung der Arbeitsmarktindikatoren an. Ob 2015 ein dauerhaftes Sinken oder eine weitere Seitwärtsbewegung der französischen Erwerbslosigkeit einleitete, wird sich aber erst in den nächsten Jahren zeigen.

Das sogenannte Okunsche Gesetz beschreibt den empirischen Zusammenhang von Erwerbslosigkeit und Wachstum des Bruttoinlandsproduktes. Eine Schätzung der Okunschen Koeffizienten ergibt, dass in Deutschland und Frankreich bei einem Wachstum um 3,6 Prozent die Erwerbslosigkeit um 0,5 bis 0,75 Prozentpunkte sank. Die Okunschen Koeffizienten für Deutschland unterscheiden sich signifikant in drei Perioden voneinander: 1970 bis 1990, 1991 bis 2004, 2005 bis 2021. Die französischen Koeffizienten weisen über die Zeit keine Strukturbrüche auf. Der deutsche Strukturbruch 2005 verschwindet, sobald in der Schätzung für die Arbeitsmarktrigidität kontrolliert wird. Das ist ein empirisches Indiz dafür, dass ab 2005 eine Reduzierung der Arbeitsmarktrigidität mit der Reduzierung der Erwerbslosenquote einherging.

Die Agenda 2010-Politik mit den Hartz-Gesetzen bis 2005 ist eine plausible Erklärung dafür, dass in Deutschland die Arbeitsmarktrigidität sank. Dies führte neben einer verringerten Erwerbslosigkeit zu einem Anstieg der Erwerbstätigkeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Bemerkenswert ist, dass sich die Verbesserung auf dem deutschen Arbeitsmarkt bei moderatem Wachstum ähnlich dem französischen vollzog. Deutschland wuchs um durchschnittlich 1,45 Prozent jährlich (1970 bis 2021), Frankreich um 1,36 Prozent im gleichen Zeitraum. Zwischen 2001 und 2021 bewegte sich die französische Erwerbslosenquote im Gegensatz zur deutschen seitwärts. Eine Dekade nach den deutschen Reformen wurden ab 2016 auch in Frankreich grundlegende Arbeitsmarktreformen zur Deregulierung und Flexibilisierung durchgesetzt. Noch ist es zu früh, um die makroökonomischen Wirkungen der französischen Reformen umfassend betrachten zu können. Weitere Forschung wird klären, ob auch in Frankreich auf die Reformen 2016 und 2018, die Emmanuel Macron anfangs als Wirtschaftsminister und danach als französischer Präsident begleitete, eine langfristige Senkung der französischen Erwerbslosigkeit folgte.

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