In vielen Berufen mit Besetzungsschwierigkeiten sind internationale Fachkräfte ein wichtiger Teil der Belegschaft. Zuletzt waren gut 2 Millionen ausländische Fachkräfte in solchen Engpassberufen beschäftigt. Angesichts des demografischen Wandels wird ihre Bedeutung am Arbeitsmarkt und damit für die Wirtschaft weiter zunehmen.
Unverzichtbar für die deutsche Wirtschaft: Zwei Millionen ausländische Fachkräfte in Engpassberufen
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
In vielen Berufen mit Besetzungsschwierigkeiten sind internationale Fachkräfte ein wichtiger Teil der Belegschaft. Zuletzt waren gut 2 Millionen ausländische Fachkräfte in solchen Engpassberufen beschäftigt. Angesichts des demografischen Wandels wird ihre Bedeutung am Arbeitsmarkt und damit für die Wirtschaft weiter zunehmen.
Bedeutung ausländischer Beschäftigter
Inzwischen haben 15,3 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten (5,3 Millionen Personen) eine ausländische Staatsangehörigkeit (BA, 2024). Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Wertschöpfung, sichern unsere Versorgung mit lebensnotwendigen Gütern und tragen zudem dazu bei, die großen Transformationsprozesse unserer Zeit wie die Digitalisierung zu bewältigen. Besonders dringend werden internationale Fachkräfte in den sogenannten Engpassberufen gebraucht. In diesen können Unternehmen nicht alle offenen Stellen besetzen, da das Fachkräfteangebot bundesweit zu gering ist. Ihr Anteil ist in künstlerischen Berufen wie Tänzer und Choreografen (72,7 Prozent) oder Musik-, Gesangs- und Dirigententätigkeiten (55,4 Prozent) besonders hoch, doch zahlenmäßig sind deutlich mehr in versorgungsrelevanten Berufen tätig.
Engpassberufe mit den meisten ausländischen Fachkräften
Die größte Zahl ausländischer Fachkräfte war mit knapp 160.000 Beschäftigten als Berufskraftfahrer im Güterverkehr tätig. Damit hatte fast jeder dritte in diesem Beruf Tätige (28,8 Prozent) keine deutsche Staatsangehörigkeit. Zwischen Juli 2023 und Juni 2024 konnten dennoch 15,5 Prozent bzw. gut 4.500 aller offenen Stellen in diesem Beruf rechnerisch nicht besetzt werden.
Im Verkauf (ohne Produktspezialisierung), wo gut 21 Prozent aller offenen Stellen (13.000) rechnerisch nicht besetzt werden können, arbeiten rund 103.000 ausländische Fachkräfte. Dies entspricht etwa 12,1 Prozent aller Beschäftigten in diesem Beruf.
Nahezu gleich viele internationale Fachkräfte (100.000) sind in der Lagerwirtschaft tätig. Damit machen sie 21,8 Prozent aller Beschäftigten in diesem Beruf aus. Gleichzeitig können hier knapp 4.000 bzw. 13 Prozent aller offenen Stellen rechnerisch nicht besetzt werden. (s. Abbildung)
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Auch in der Gesundheits- und Krankenpflege kommt ausländischen Fachkräften eine große Bedeutung zu: Knapp 70.000 (10,8 Prozent) sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in diesem Bereich haben keine deutsche Staatsangehörigkeit. Hier ist zugleich die Stellenbesetzung besonders schwierig: Für mehr als sieben von zehn offenen Stellen gab es im Jahresdurchschnitt 2023 keinen passend qualifizierten Arbeitslosen – bundesweit (Arndt et al., 2024).
In der Gastronomie sind ebenfalls viele ausländische Fachkräfte tätig: Mit rund 33 Prozent hat jede dritte Fachkraft keine deutsche Staatsangehörigkeit. Zeitgleich gab es hier im Juni 2023 für die Hälfte aller offenen Stellen keine passend qualifizierten Arbeitslosen.
Die vorliegende Auswertung zeigt somit deutlich, dass ausländische Fachkräfte in vielen versorgungsrelevanten Berufen eine essenzielle Rolle spielen, beispielsweise bei der Sicherung von Lieferketten und der Versorgung der Bevölkerung mit lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen.
Höchster Anteil an Drittstaatlern in der Softwareentwicklung
In der Softwareentwicklung sind besonders viele hoch qualifizierte Fachkräfte aus nicht europäischen Drittstaaten beschäftigt. Mit knapp 48.000 Beschäftigten hat fast jeder vierte Angestellte (22,8 Prozent) in der Softwareentwicklung eine ausländische Staatsbürgerschaft. Von diesen haben 77 Prozent (36.513) eine Staatsbürgerschaft aus einem Drittstaat. Auch wenn die Fachkräftelücke in der Softwareentwicklung seit dem Jahr 2022 deutlich gesunken ist, konnte im Jahresdurchschnitt 2023 fast jede zweite offene Stelle rechnerisch nicht durch passend qualifizierte Arbeitslose besetzt werden, da knapp 4.000 Fachkräfte fehlten.
Mehr Drittstaatsangehörige gibt es inzwischen in elf und damit in den meisten der 15 TOP-Engpassberufe mit der höchsten Zahl ausländischer Beschäftigter (Abbildung). Neben der Softwareentwicklung weisen auch die Pflegeberufe, der Verkauf sowie die technische Forschung und Entwicklung besonders große Anteile an Drittstaatlern auf.
Steigender Bedarf an ausländischen Fachkräften und an Zuwanderung
Im Hinblick auf den demografischen Wandel wird die Gewinnung ausländischer Fachkräfte in Zukunft noch wichtiger. Bereits heute sind ausländische Beschäftigte im Durchschnitt jünger als ihre deutschen Kollegen (BAMF, 2023). Gleichzeitig ist der Beschäftigtenzuwachs der letzten Jahre maßgeblich auf die Einstellung ausländischer Arbeitskräfte zurückzuführen – Zuletzt entfielen 86 Prozent des bundesweiten Beschäftigtenzuwachses auf Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit (Semsarha et al., 2024). Im Jahr 2023 wurde das Beschäftigungswachstum sogar ausschließlich von Ausländern getragen, während die Zahl der deutschen Beschäftigten um 77.000 zurückging (BA, 2024). Dieser Unterschied war bei Pflegekräften und Berufskraftfahrern besonders stark ausgeprägt.
Die Bedeutung ausländischer Fachkräfte wird künftig angesichts der insgesamt 570.000 offenen Stellen im Jahr 2023, für die es rechnerisch bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslose gab (Tiedemann et al., 2024), noch zunehmen. Um das Arbeitskräfteangebot langfristig stabil zu halten, ist eine jährliche Nettozuwanderung von mindestens 400.000 Personen erforderlich (Fuchs et al., 2021). Vor diesem Hintergrund erscheint nicht nur das Anwerben, sondern auch das Halten internationaler Fachkräfte als Kernaufgabe für Unternehmen und Politik. Insbesondere gut ausgebildete ausländische Fachkräfte sind international sehr mobil. So zeigt eine Studie aus dem Jahr 2021, dass nur etwa jede zweite zuwandernde Person auch langfristig in Deutschland bleibt (Maier et al., 2021). Ihre Abwanderung ins Ausland gilt es zu vermeiden.
Die aktuellen und erwarteten Zuwächse der AFD bei den Landtagswahlen in diesem Jahr scheinen dafür ein zumindest regionales Risiko für Wirtschaft und Arbeitsmarkt zu sein. So legen erste Studien nahe, dass der Aufstieg der AfD zu zunehmenden Abwanderungsgedanken bei der internationalen Bevölkerung führt (DeZIM 2024). Das Problem: Gerade die ostdeutschen Flächenländer sind schon heute auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen – zuletzt trugen sie hier das gesamte Beschäftigungswachstum. (Semsarha et al., 2024) und erwirtschafteten 24,6 Milliarden Euro – rund 5,8 Prozent der ostdeutschen Bruttowertschöpfung (Geis-Thöne / Zink, 2014).
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