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Immobilienpreise Immobilien-Monitor 1. Juni 2008 Risiko für die Konjunktur

In den meisten OECD-Ländern sind die Immobilienpreise seit 2000 deutlich gestiegen. In den USA haben die Häuserpreise zwischen dem 1. Quartal 2000 und dem 1. Quartal 2007 um 70 Prozent zugelegt, im Vereinigten Königreich und in Spanien gab es im gleichen Zeitraum sogar mehr als eine Verdoppelung der Preise. Bis in die Jahre 2005 und 2006 galten in diesen Ländern Preissteigerungen von 10 Prozent als normal.

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Risiko für die Konjunktur
Immobilienpreise Immobilien-Monitor 1. Juni 2008

Risiko für die Konjunktur

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

In den meisten OECD-Ländern sind die Immobilienpreise seit 2000 deutlich gestiegen. In den USA haben die Häuserpreise zwischen dem 1. Quartal 2000 und dem 1. Quartal 2007 um 70 Prozent zugelegt, im Vereinigten Königreich und in Spanien gab es im gleichen Zeitraum sogar mehr als eine Verdoppelung der Preise. Bis in die Jahre 2005 und 2006 galten in diesen Ländern Preissteigerungen von 10 Prozent als normal.

Mittlerweile hat sich der Trend jedoch gedreht. Aufgeschreckt durch die Subprime Krise in den USA hinterfragen Immobilienkäufer und Banken zunehmend die hinter dem Preisboom stehenden Erwartungen. In der Folge kann man zumindest eine Stagnation der Immobilienpreise feststellen (Grafik). Zunehmend wird jedoch auch ein Preisverfall auf dem Immobilienmarkt erwartet, wie er sich im Vereinigten Königreich auch schon in den Daten niederschlägt. Im Gegensatz zum breit aufgestellten OFHEO-Index zeigt für die USA zumindest schon der Case-Shiller-Index, der vor allem die Häuserpreise der Metropolen abdeckt, einen Preisrückgang. Allein zwischen August 2007 und Februar 2008 sind die Preise hiernach um 11,3 Prozent gefallen.

Die rückläufigen Immobilienpreise beunruhigen in zunehmendem Maße nicht nur die Immobilieneigentümer und die finanzierenden Banken, sondern wecken auch die Befürchtung, dass eine Rezession droht. So wurde jüngst in der Gemeinschaftsdiagnose der Wirtschaftsforschungsinstitute herausgestellt, dass durch eine Immobilienpreiskrise im Zusammenspiel mit den Finanzmarktturbulenzen ernsthafte konjunkturelle Gefahren drohen. Eine weitere Verschlechterung der Konjunktur ist gerade in den Ländern zu befürchten, in denen Finanzmärkte und Immobilienmärkte stärker miteinander verbunden sind.

Ein möglicher Übertragungsweg besteht darin, dass das Sinken der Immobilienpreise das Vermögen der privaten Haushalte senkt, die als Reaktion darauf ihren Konsum einschränken. Des Weiteren führt ein Sinken der Immobilienpreise zu einem Verlust im Wert von Banksicherheiten und darüber hinaus zu höheren Kreditausfallrisiken. Banken werden darauf mit höheren Zinsen und stärkeren Kreditbeschränkungen reagieren. Dies kann das gesamtwirtschaftliche Investitionsverhalten negativ beeinflussen. Die Gemeinschaftsdiagnose rechnet ebenfalls damit, dass der Wertverlust in hypothekenbesicherten Wertpapieren Banken zu höheren Abschreibungen zwingen wird, was zu einer Verringerung ihres Eigenkapitals führen kann. Falls Banken an ihre Mindesteigenkapitalanforderungen stoßen, sind ernsthafte Probleme zu erwarten.

Nach einer Analyse des Internationalen Währungsfonds (IWF) sind vor allem Innovationen in der Immobilienfinanzierung dafür verantwortlich, dass sich die Rolle des Immobiliensektors im Konjunkturzyklus und im geldpolitischen Transmissionsprozess geändert hat. Übertragungen vom Immobiliensektor auf die übrige Volkswirtschaft sind durch den vermehrten Einsatz von Immobilien als Banksicherheit verstärkt worden. Darüber hinaus sind durch die Verbriefungen die Möglichkeiten zur Kreditvergabe deutlich ausgeweitet worden. Schwankt der Wert der Banksicherheiten im Konjunkturzyklus, werden Schwankungen des Bruttoinlandsprodukts verstärkt.

Zum Zusammenhang zwischen Immobilienpreisen und Konjunktur wird derzeit im IW Köln eine Studie erstellt, wobei vor allem die Unterschiede zwischen den Ländern herausgestellt werden sollen. Die vollständigen Ergebnisse sollen im Sommer dieses Jahres veröffentlicht werden.Aufgrund der Aktualität des Themas werden im Folgenden jedoch schon einige zentrale Erkenntnisse präsentiert.

Wie sich zeigt, sind besonders in Spanien, Finnland und Japan konjunkturelle Einbrüche infolge eines Immobiliencrashs zu erwarten (Grafik). Bei einem typischen Preisschock in Höhe der Standardabweichung der Preise sinkt das BIP in Spanien im darauf folgenden Jahr um fast einen Prozentpunkt. Angesichts des massiven Preisanstiegs der spanischen Hauspreise in den letzten Jahren ist die Situation daher dort derzeit besonders prekär. Doch auch im Vereinigten Königreich ist mit einer deutlichen Eintrübung der Konjunktur zu rechnen. Als relativ robust erweisen sich hingegen die USA und Frankreich, während die Niederlande sogar von einem Preisverfall profitieren würden.

Gerade die Federal Reserve Bank versucht mit Zinssenkungen die Auswirkungen des Immobilienpreisverfalls auf die Gesamtwirtschaft zu moderieren. Seit September 2007 wurde der Leitzins insgesamt um 250 Basispunkte gesenkt. Allerdings reagieren die Immobilienpreise in den USA relativ schwach auf Zinssenkungen (Grafik). Anders sieht dies hingegen im Vereinigten Königreich aus: Hier reagieren die Immobilienpreise fast doppelt so stark auf die Zinsänderungen wie in den USA. Bislang hat die Bank of England den Leitzins jedoch nur um insgesamt 75 Basispunkte vermindert. Dass mit Finnland, Australien und dem Vereinigten Königreich drei Länder mit überwiegend variablen Hypothekenzinsen die Rangfolge anführen, kann nicht überraschen. Schon in einer früheren Studie des IW Köln wurde gezeigt, dass variable Zinsen die Übertragung geldpolitischer Impulse verstärken, da sich diese unmittelbar auf die Möglichkeit der Haushalte zur Kreditaufnahme und auf den Konsum auswirken.** Mit Festzinsen können sich die Haushalte hingegen von der Geldmarktentwicklung abkoppeln. In Deutschland, wo im Jahr 2007 nur 18 Prozent des Neugeschäftvolumens auf variable Hypothekendarlehen entfallen ist, reagieren die Immobilienpreise daher kaum auf Zinsvariationen.

inen Ausreißer stellt lediglich Spanien dar, das durch überwiegend variable Darlehen gekennzeichnet ist. Allerdings ist der spanische Hypothekenmarkt erst seit Mitte der 90er Jahre in Schwung gekommen, vorher wurde überwiegend mit Eigenkapital finanziert. Da die Daten einen sehr viel längeren Zeitraum abdecken, ist eine Unterschätzung der Zinsreagibilität daher sehr wahrscheinlich.

Nicht nur die Immobilienpreise beeinflussen die Konjunktur, sondern es gilt auch der umgekehrte Fall. Mit den Ausnahmen Frankreich und den USA kommt es in allen betrachteten Ländern zu einem Einbruch der Immobilienpreise infolge einer Rezession (Grafik). Dieser ist am stärksten in Dänemark, dem Vereinigten Königreich und den Niederlanden. Ein Grund für diese Reaktion kann sein, dass durch die Rezession die Einkommen der Haushalte sinken und damit auch die Nachfrage nachlässt. Darüber hinaus drücken die eingetrübten Erwartungen auf die Preise.

Insgesamt zeigt sich, dass durchschnittlich ein Viertel der Immobilienpreisschwankungen durch makroökonomische Faktoren erklärt werden kann. Auf der anderen Seite können konjunkturelle Schwankungen zu etwa 5 Prozent auf Hauspreisentwicklungen zurückgeführt werden, wobei der Anteil für Spanien und Dänemark mit 16 bzw. 18 Prozent deutlich höher liegt.

* M. Demary, 2008, Immobilienpreisschwankungen und makroökonomische Schocks – Die Relevanz von Immobilienpreisen für die Geldpolitik, erscheint in: IW-Trends

** M. Jäger und M. Voigtländer, 2006, Immobilienfinanzierung – Hypothekenmärkte und ihre gesamtwirtschaftliche Bedeutung, Bezug über www.divkoeln.de

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