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Martin Beznoska / Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 18 3. März 2018 Einkommensteuer: Effekt der kalten Progression bis 2021

Anders als noch beim Sondierungsergebnis will die mögliche Koalition von Union und SPD nun doch die kalte Progression in dieser Legislaturperiode ausgleichen. Für die Steuerzahler bedeutet dies immerhin keine schleichende Erhöhung der Einkommensteuer, für den Staat führt dieser Plan jedoch zu Mindereinnahmen. Denn in der bisherigen Finanzplanung sind die Einnahmen aus der kalten Progression einkalkuliert. Von 2018 bis 2021 summiert sich der Effekt für den Bund auf insgesamt 15 Milliarden Euro.

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Effekt der kalten Progression bis 2021
Martin Beznoska / Tobias Hentze IW-Kurzbericht Nr. 18 3. März 2018

Einkommensteuer: Effekt der kalten Progression bis 2021

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Anders als noch beim Sondierungsergebnis will die mögliche Koalition von Union und SPD nun doch die kalte Progression in dieser Legislaturperiode ausgleichen. Für die Steuerzahler bedeutet dies immerhin keine schleichende Erhöhung der Einkommensteuer, für den Staat führt dieser Plan jedoch zu Mindereinnahmen. Denn in der bisherigen Finanzplanung sind die Einnahmen aus der kalten Progression einkalkuliert. Von 2018 bis 2021 summiert sich der Effekt für den Bund auf insgesamt 15 Milliarden Euro.

In den Koalitionsverhandlungen zwischen Union und SPD spielten Steuerentlastungen kaum eine Rolle – obwohl die Parteien diese im Wahlkampf unisono insbesondere für die Einkommensteuer versprochen hatten. Das Finanztableau führt lediglich den schrittweisen Abbau des Solidaritätszuschlags ab dem Jahr 2021 als Entlastung an (siehe dazu Beznoska/Hentze, 2018). Allerdings findet sich im Koalitionsvertrag zu Entlastungen der Steuerzahler noch ein weiterer Passus (CDU/CSU und SPD, 2018a), der noch nicht Bestandteil des Sondierungsergebnisses war (CDU/CSU und SPD, 2018b). So will die künftige Regierung in den kommenden Jahren auf Mehreinnahmen durch die kalte Progression verzichten. Die schleichende Steuererhöhung würde dadurch entfallen. Wie in den vergangenen vier Jahren auch soll der Einkommensteuertarif auf Basis eines Steuerprogressionsberichts um die Inflation korrigiert werden (BMF, 2016). Dadurch wird verhindert, dass der durchschnittliche Steuersatz steigt, wenn Löhne und Gehälter gemäß der Inflationsrate erhöht werden, das Realeinkommen also unverändert bleibt (Beznoska, 2016a).

Für den Staat bedeutet der künftige Ausgleich der kalten Progression jedoch im Vergleich zur bisherigen Planung Mindereinnahmen. Die Steuerschätzer rechnen das zusätzliche Steueraufkommen aus der kalten Progression stets in die Einnahmenprognose des Staates ein, da es keinen gesetzlichen Automatismus zum Ausgleich der kalten Progression gibt. Vielmehr ist dies abhängig von einer entsprechenden parlamentarischen Mehrheit. Die Ergebnisse der Steuerschätzung (BMF, 2017) waren jedoch wiederum Basis für die Ausgabenplanung der Verhandlungsführer von Union und SPD. Laut Koalitionsvertrag stehen 46 Milliarden Euro für Ausgaben und Entlastungen im Zeitraum von 2018 bis 2021 zur Verfügung, ohne dass der Bund das erklärte Ziel eines ausgeglichenen Haushalts gefährdet. Dabei sind jedoch implizit die Mehreinnahmen aus der kalten Progression der Jahr 2018 bis 2021 eingerechnet, die sich in dem Zeitraum gesamtstaatlich auf schätzungsweise 36 Milliarden Euro belaufen werden (Abbildung). Der Anteil des Bundes an der Lohn- und Einkommensteuer beträgt 42,5 Prozent, somit entfallen von den Mehreinnahmen gut 15 Milliarden Euro auf den Bund. Dies zeigen Berechnungen anhand des Steuer-, Abgaben- und Transfer-Mikrosimulationsmodells (STATS) des IW (Beznoska, 2016b) mit Daten des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP). Dabei wird analog zur Inflationsrate des Jahres 2017 eine jährliche Preissteigerung von 1,8 Prozent unterstellt.

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Da der geplante Ausgleich der kalten Progression weiterhin erst rückwirkend erfolgen soll – das heißt die Entlastung für die Inflation im Jahr 2018 wird im Tarif 2019 berücksichtigt – verbucht der Staat die kalte Progression eines Jahres für sich. Der gesamtstaatliche Aufkommenseffekt, also die Entlastung der Steuerzahler, im Zeitraum von 2018 bis 2021 wird daher lediglich 21 Milliarden Euro betragen, wovon 9 Milliarden Euro dem Bund fehlen werden.

Im Sinne einer soliden Finanzplanung müsste dieser Wert auch im Finanztableau des Koalitionsvertrages auftauchen. Dies ist allerdings nicht der Fall, so dass sich eine Deckungslücke in dieser Höhe ergibt. Sofern es in den kommenden Jahren nicht konjunkturbedingt zu zusätzlichen Einnahmen kommt, muss eine neue Bundesregierung an anderer Stelle sparen oder auf geplante Ausgaben zurückstellen, sofern ein ausgeglichener Haushalt erreicht werden soll.

Für den einzelnen Steuerzahler sind die Effekte eines Ausgleichs der kalten Progression eher gering. Ein lediger Durchschnittsverdiener mit einem realen Jahresbruttogehalt von heute 45.000 Euro würde bei Ausgleich der kalten Progression für das Jahr 2018 etwa 90 Euro mehr zur Verfügung haben. Im Jahr 2021 würde sich immerhin eine Entlastungswirkung von 280 Euro ergeben, verglichen mit dem Fall, dass die kalte Progression in den vier Jahren nicht ausgeglichen würde. Allerdings bewirkt diese Entlastung nur, dass der Durchschnittssteuersatz auf das Einkommen konstant bleibt und stellt somit keine strukturelle Entlastung dar.

Im Sinne einer konsequenten Verhinderung schleichender Steuererhöhungen im Zuge der kalten Progression und einer belastbaren Einnahmenprognose für den Staat sollte der Gesetzgeber den Einkommensteuertarif auf Basis der Inflationsrate indexieren, die Tarifgrenzen also in Höhe der Inflation verschieben. Ein solcher „Tarif auf Rädern“ würde die kalte Progression vollständig abschaffen und wäre daher ein lohnendes Projekt für eine neue Bundesregierung.

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