1. Home
  2. Studien
  3. Reform der sozialen Pflegeversicherung für mehr Nachhaltigkeit?: Beleuchtung des Vorhabens des Bundesgesundheitsministeriums
Susanna Kochskämper IW-Report Nr. 9 22. März 2021 Reform der sozialen Pflegeversicherung für mehr Nachhaltigkeit?: Beleuchtung des Vorhabens des Bundesgesundheitsministeriums

Das Reformvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums zur künftigen Finanzierung der Pflegeversicherung ist umfangreich. Die Eckpunkte tangieren sowohl Fragen der Entlohnung, des Leistungsumfangs als auch der Finanzierung.

PDF herunterladen
Beleuchtung des Vorhabens des Bundesgesundheitsministeriums
Susanna Kochskämper IW-Report Nr. 9 22. März 2021

Reform der sozialen Pflegeversicherung für mehr Nachhaltigkeit?: Beleuchtung des Vorhabens des Bundesgesundheitsministeriums

IW-Report

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Das Reformvorhaben des Bundesgesundheitsministeriums zur künftigen Finanzierung der Pflegeversicherung ist umfangreich. Die Eckpunkte tangieren sowohl Fragen der Entlohnung, des Leistungsumfangs als auch der Finanzierung.

Die Analyse zeigt, dass eine Umsetzung der vorliegenden Eckpunkte weniger zu einer höheren Demografiefestigkeit und Nachhaltigkeit führen würde als vielmehr umfangreiche Umverteilungseffekte nach sich zöge. Deren Ausmaß ist ohne weitere Forschung nur unvollständig zu überschauen:

  • Einerseits sollen Finanzmittel aus der Beitrags- in die Steuerfinanzierung überführt werden – wobei noch nicht geklärt ist, ob auch die private Pflegeversicherung dann einen Steuerzuschuss erhält und damit Ausgaben, die bisher prämienfinanziert sind, aus Steuermitteln finanziert werden.
  • Andererseits werden Leistungen zur stationären Pflege ausgeweitet, die ambulante Pflege hingegen mittel- bis langfristig stärker aus dem Leistungsversprechen der Pflichtversicherung hinaus in die private Vorsorge verschoben. Welche gesellschaftlichen Gruppen somit profitieren und welche im Vergleich zu heute stärker belastet werden, erfordert zusätzliche verteilungspolitische Analysen.

A priori ist es aber keineswegs eindeutig, dass insbesondere Geringverdiener entlastet würden.

Darüber hinaus ist nicht hinreichend klar, ob ein Zuschuss aus Steuermitteln überhaupt möglich ist. Denn dazu müsste geklärt werden, ob die Pflegeversicherung gesamtgesellschaftliche Aufgaben im Status quo erfüllt – und wenn ja, welche. Der wissenschaftliche Diskurs liefert dazu bislang keine eindeutigen Ergebnisse. Sollte aber die Auffassung vertreten werden, dass ein Bundeszuschuss zur Pflegeversicherung nicht gerechtfertigt werden kann, so beinhaltet das Reformvorhaben in den kommenden Jahren zunächst eine im Vergleich zu heute höhere Beitragssatzbelastung in der sozialen Pflegeversicherung und langfristig keine deutliche Entlastung – trotz einer geplanten Reform des Pflegevorsorgefonds.

Zusätzlich besteht die offene Frage, ob die geplante Tarifbindung für die Beschäftigung von Pflegekräften umsetzbar ist oder mit der Tariffreiheit in Konflikt steht. Auch fehlen zum gegenwärtigen Zeitpunkt Präzisierungen zum geplanten Personalbemessungsverfahren.

Über die Klärung dieser offenen Punkte hinaus bedarf es einer normativen Diskussion, ob die geplante Umverteilung gesellschaftlich erwünscht ist – sowohl mit Blick auf die finanziellen Belastungen des Sozialstaates einschließlich der intergenerativen Umverteilungseffekte, die im demografischen Wandel tendenziell zunehmen, als auch mit Blick auf die geplante intragenerative Umverteilung, von der wahrscheinlich nicht ausschließlich Menschen mit geringem Einkommen und Vermögen profitieren werden.

PDF herunterladen
Beleuchtung des Vorhabens des Bundesgesundheitsministeriums
Susanna Kochskämper IW-Report Nr. 9 22. März 2021

Susanna Kochskämper: Reform der sozialen Pflegeversicherung für mehr Nachhaltigkeit? – Beleuchtung des Vorhabens des Bundesgesundheitsministeriums

IW-Report

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Wer im Alter arbeitet, ist zufriedener
Ruth Maria Schüler in der Fuldaer Zeitung Gastbeitrag 20. April 2024

Wer im Alter arbeitet, ist zufriedener

IW-Expertin für soziale Sicherung und Verteilung, Ruth Maria Schüler, geht in einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung der Frage nach, warum der frühe Ausstieg aus dem Erwerbsleben kein Garant für das Lebensglück ist.

IW

Artikel lesen
Jennifer Potthoff / Ruth Maria Schüler Pressemitteilung 11. April 2024

Lange Arbeiten: Wer im Alter arbeitet, ist zufriedener

Die Lebenszufriedenheit der Deutschen ist in den vergangenen Jahren gestiegen. Das zeigt eine neue Auswertung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW). Besonders zufrieden: die sogenannten „Silver Worker“, also 66- bis 70-Jährige, die über das ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880