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Wido Geis-Thöne IW-Kurzbericht Nr. 68 22. Oktober 2018 Kinderbetreuung: Betreuungslücke sinkt leicht auf 273.000 Plätze

Die Zahl der Kinder im Alter von unter drei Jahren in staatlicher oder staatlich geförderter Betreuung ist zwischen März 2017 bis März 2018 um rund 27.000 auf 790.000 gestiegen. Vor dem Hintergrund einer etwas höheren Kinderzahl hat dies zu einem Rückgang der Betreuungslücke um 6.000 auf 273.000 Plätze geführt.

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Betreuungslücke sinkt leicht auf 273.000 Plätze
Wido Geis-Thöne IW-Kurzbericht Nr. 68 22. Oktober 2018

Kinderbetreuung: Betreuungslücke sinkt leicht auf 273.000 Plätze

IW-Kurzbericht

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Zahl der Kinder im Alter von unter drei Jahren in staatlicher oder staatlich geförderter Betreuung ist zwischen März 2017 bis März 2018 um rund 27.000 auf 790.000 gestiegen. Vor dem Hintergrund einer etwas höheren Kinderzahl hat dies zu einem Rückgang der Betreuungslücke um 6.000 auf 273.000 Plätze geführt.

In Deutschland werden immer mehr Betreuungsplätze für unter Dreijährige benötigt. So ist der Anteil der Kinder im Alter von unter drei Jahren, für die sich die Eltern eine institutionelle Betreuung wünschen, Befragungen im Auftrag des Bundesfamilienministeriums zufolge von 39,4 Prozent im Jahr 2012 (BMFSFJ, 2015) auf 45,2 Prozent im Jahr 2017 (BMFSFJ, 2018) gestiegen. Im Jahr 2016 lag der ermittelte Betreuungsbedarf mit 46,0 Prozent (BMFSFJ, 2017) zwar noch etwas höher, die längerfristige Tendenz ist jedoch eindeutig. Gleichzeitig ist zwischen dem 31.12.2012 und dem 31.12.2017 auch die Zahl der unter Dreijährigen um 327.000 auf nunmehr 2,35 Millionen gestiegen (Statistisches Bundesamt, 2018a; eigene Berechnungen). Ursächlich hierfür war nicht nur die starke Zuwanderung der letzten Jahre, sondern auch, dass in Deutschland wieder mehr Kinder zur Welt kommen.

Vor diesem Hintergrund schreitet der Betreuungsausbau aktuell nur sehr langsam voran, obwohl seit dem 1.8.2013 für Kinder im Alter ab zwölf Monaten ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz besteht. So ist die Zahl der unter Dreijährigen in staatlicher oder staatlich geförderter Betreuung in Kindertageseinrichtungen oder bei Tagespflegepersonen zwischen dem 1.3.2013 und dem 1.3.2018 nur um 193.000 auf 790.000 gestiegen. Gegenüber dem 1.3.2017 lag die Zunahme sogar nur bei 27.000. Allerdings ist anzumerken, dass in dieser Zeit vor dem Hintergrund der steigenden Kinderzahl auch viele Plätze im Kindergartenbereich neu geschaffen werden mussten. So lag die Zahl der betreuten Kinder zwischen drei und fünf Jahren am 1.3.2018 mit 2,07 Millionen um 130.000 höher als am 1.3.2013 und um 52.000 höher als am 1.3.2017 (Statisches Bundesamt, 2013, 2017, 2018b; eigene Berechnungen). Insgesamt wurden innerhalb des letzten Jahres also rund 79.000 zusätzliche Betreuungsplätze für Kinder unter sechs Jahren geschaffen, was für die zuständigen Kommunen eine große Leistung darstellt.

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Rechnet man aus der oben dargestellten Bedarfsquote für das Jahr 2017 den aktuellen Bedarf an Betreuungsplätzen für unter Dreijährige hoch, kommt man auf 1,06 Millionen Plätze. Im Jahr 2013 lag der entsprechende Wert noch bei nur 844.000 Plätzen und damit um 219.000 niedriger. Auch für das vergangene Jahr 2017 ergibt sich mit 1,04 Millionen ein niedriger Wert (BMFSFJ, 2015, 2018; Statistisches Bundesamt, 2018a; eigene Berechnungen). Dieser Wert ist niedriger als die in der Vorläuferpublikation von Geis (2018) für das Jahr ermittelten 1,06 Millionen, da dort noch mit den etwas höheren Bedarfswerten aus dem Jahr 2016 gearbeitet wurde.

Vergleicht man den Betreuungsbedarf mit der Zahl der tatsächlich betreuten Kinder im Alter von unter drei Jahren, kommt man auf eine Lücke von 273.000 Plätzen, was 11,6 Prozent der Kinder in diesem Alter entspricht. Im Jahr 2013 lag der Wert absolut gesehen mit 253.000 Plätzen noch deutlich niedriger, relativ gesehen mit 12,4 Prozent aber höher. Gegenüber dem Jahr 2017 ist die Lücke hingegen sowohl absolut als auch relativ gesehen leicht zurückgegangen. Damals lag die Lücke bei 279.000 Plätzen oder 12,1 Prozent. Die Abweichungen zur Vorläuferpublikation (Geis, 2018) resultieren erneut aus der Aktualisierung der Betreuungsbedarfe.

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Differenziert man nach Bundesländern, weist Sachsen-Anhalt mit einem Anteil von 63,4 Prozent den höchsten und Bayern mit 37,1 Prozent den niedrigsten Betreuungsbedarf auf (BMFSFJ, 2018). Zudem zeigt sich mit 58,7 Prozent gegenüber 41,9 Prozent ein starkes Ost-West-Gefälle. Betrachtet man die Betreuungslücke in Prozent der Kinder im Alter von unter drei Jahren, ist diese in Bremen mit 18,9 Prozent am größten, gefolgt von Hessen mit 16,0 Prozent und Schleswig-Holstein mit 14,5 Prozent. Am kleinsten ist sie in Thüringen mit 4,6 Prozent, Mecklenburg-Vorpommern mit 5,6 Prozent und Sachsen mit 5,7 Prozent. Insgesamt ist die Lage im Osten mit einer Lücke von 7,2 Prozent viel günstiger als im Westen mit einer Lücke von 12,5 Prozent. Dabei ist anzumerken, dass die Betreuungsbedarfe und -lücken mit einer gewissen statistischen Unsicherheit behaftet sind, da sie aus einer Befragung hochgerechnet sind. Aus diesem Grund lassen sich die Zahlen auch nicht auf kleinräumigere Ebenen als die Bundesländer herunterbrechen.

Betrachtet man die einzelnen Altersjahre, zeigt sich eine interessante Entwicklung. So ist der Anteil der Zweijährigen in Betreuung zwischen dem 1.3.2017 und dem 1.3.2018 von 61,9 Prozent auf 62,9 Prozent gestiegen, der Anteil der Einjährigen hingegen von 36,6 auf 36,3 Prozent gesunken (Statistisches Bundesamt, 2018c, 2018d). Entsprechend ist auch die Betreuungslücke bei den Zweijährigen um einen Prozentpunkt von 13,4 Prozent auf 12,4 Prozent gesunken, bei den Einjährigen hingegen von 22,9 Prozent auf 23,2 Prozent gestiegen. Dazu ist anzumerken, dass die Zweijährigen in den Betreuungseinrichtungen häufig mit den Kindergartenkindern gemeinsam in altersgemischten Gruppen betreut werden, was bei den Einjährigen schwierig ist. Engpässe bestehen derzeit also vor allem bei spezifischen Angeboten für Kleinkinder.

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In den bisherigen Ausführungen wurde nicht zwischen der Betreuung in Kindertageseinrichtungen und bei Tagespflegepersonen differenziert. Die beiden Betreuungsformen sind für die Familien jedoch in der Regel nicht gleichwertig. So ist die Atmosphäre in der Tagespflege meist familiärer, wohingegen in den Betreuungseinrichtungen die Professionalität größer ist. Für die Städte und Gemeinden ist es meist leichter, Betreuungsplätze in der Tagespflege zu schaffen, da die Anforderungen an die Räumlichkeiten und die Betreuungspersonen niedriger sind. Betrachtet man die Anteile der Kinder, die nur eine Tagespflege besuchen, an allen unter Dreijährigen in Betreuung, zeigen sich sehr große Unterschiede zwischen den Bundesländern. So liegt der Wert in Nordrhein-Westfalen mit 32,3 Prozent um mehr als den Faktor 10 höher als in Sachsen-Anhalt mit 2,3 Prozent. Auch in Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind die Anteile der Kinder, die nur eine Tagespflege besuchen, mit 23,9 Prozent und 22,1 Prozent vergleichsweise hoch. Im Bundesschnitt sind es 15,7 Prozent (Statistisches Bundesamt, 2018b; eigene Berechnungen).

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Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Deutschland trotz des voranschreitenden Betreuungsausbaus von einer bedarfsgerechten Betreuungsinfrastruktur für Familien mit Kindern im Alter von unter drei Jahren noch weit entfernt ist. Auch bei der Qualität der Angebote besteht noch Handlungsbedarf. So lagen die Personalschlüssel in den U3-Gruppen in den Kitas 2017 in allen ostdeutschen Bundesländern und Hamburg bei über 5 (Statistisches Bundesamt, 2018e); gut wären 3. Daher ist es auch sehr begrüßenswert, dass die Verbesserung der Betreuungsangebote mit dem Gute-Kita-Gesetz aus Bundesmitteln gefördert werden soll.

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Betreuungslücke sinkt leicht auf 273.000 Plätze
Wido Geis-Thöne IW-Kurzbericht Nr. 68 22. Oktober 2018

Wido Geis-Thöne: Kinderbetreuung – Betreuungslücke sinkt leicht auf 273.000 Plätze

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