Am 4. Februar 1920 trat in Deutschland das erste Betriebsrätegesetz in Kraft. Nachdem es 1934 ausgesetzt worden war, führte der Alliierte Kontrollrat die betriebliche Mitbestimmung 1946 wieder ein. Nach mehreren Reformen hat sich die Mitbestimmung etabliert. Während aber in Großunternehmen die betriebliche Mitbestimmung fest verankert ist, wird im Mittelstand eher auf weniger institutionalisierte Beteiligungsformen gesetzt.
100 Jahre Betriebsrätegesetz und aktuelle Partizipation von Beschäftigten in Deutschland
Institut der deutschen Wirtschaft (IW)
Am 4. Februar 1920 trat in Deutschland das erste Betriebsrätegesetz in Kraft. Nachdem es 1934 ausgesetzt worden war, führte der Alliierte Kontrollrat die betriebliche Mitbestimmung 1946 wieder ein. Nach mehreren Reformen hat sich die Mitbestimmung etabliert. Während aber in Großunternehmen die betriebliche Mitbestimmung fest verankert ist, wird im Mittelstand eher auf weniger institutionalisierte Beteiligungsformen gesetzt.
Der Wandel der Arbeitsorganisation durch Crowdworking, Telearbeit und Solo-Selbständigkeit stellt allerdings die betriebliche Zusammenarbeit vor neue Herausforderungen. Derzeit ist noch nicht erkennbar, dass die Betriebsräte darauf nicht mithilfe der bereits in der Betriebsverfassung angelegten Befugnisse angemessen reagieren können. Das Jubiläum sollte Anlass dafür sein, intensiver über die Zukunft der deutschen Betriebsverfassung und über die alternativ praktizierten Partizipationsformen zu forschen und zu diskutieren.
Nach heftigen Auseinandersetzungen im deutschen Reichstag und auf der Straße trat am 4. Februar 1920 das sogenannte Betriebsrätegesetz in Kraft. Dieses Gesetz stellt die Geburtsstunde der betrieblichen Mitbestimmung in Deutschland dar. Zwar hatte der Betriebsrat mit den Arbeiterausschüssen einen Vorläufer. Schon die Gewerbeordnung von 1891 sah vor, in Betrieben mit mehr als 20 Mitarbeitern Arbeiterausschüsse einzurichten, allerdings auf freiwilliger Basis. Aber erst mit dem Betriebsrätegesetz wurden betriebliche Interessenvertretungen verbindlich verankert und den Betriebsräten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in sozialen und personellen Angelegenheiten eingeräumt. Dabei war das während des Ersten Weltkriegs erlassene Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst (1916) ein wichtiger Wegbereiter. Dieses schrieb vor, Arbeiter- und Angestelltenausschüsse in kriegs- und versorgungswichtigen Betrieben mit mehr als 50 Beschäftigten verpflichtend einzuführen (BMAS, 2018, 15 ff.).
In § 1 des 1920 erlassenen Betriebsrätegesetzes hieß es: „Zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen der Arbeitnehmer (Arbeiter und Angestellte) dem Arbeitgeber gegenüber und zur Unterstützung des Arbeitgebers in der Erfüllung der Betriebszwecke sind in allen Betrieben, die in der Regel mindestens zwanzig Arbeitnehmer beschäftigen, Betriebsräte zu errichten.“ In Betrieben mit weniger als 20, aber mindestens fünf wahlberechtigten Arbeitnehmern war ein Betriebsobmann zu wählen (§ 2 Betriebsrätegesetz). Waren in einem Betriebsrat sowohl Arbeiter als auch Angestellte vertreten, waren zusätzlich jeweils ein Angestellten- und ein Arbeiterrat zu wählen (§ 6), um die jeweiligen Interessen der beiden Gruppen spezifischer vertreten zu können. Zu den Aufgaben (§ 66) des Betriebsrats gehörte es unter anderem
- die Betriebsleitung durch Rat zu unterstützen, um auf diese Weise für einen „möglichst hohen Stand und für möglichste Wirtschaftlichkeit der Betriebsleistungen zu sorgen“,
- an der Einführung neuer Arbeitsmethoden fördernd mitzuarbeiten,
- gemeinsame Dienstvorschriften im Rahmen der geltenden Tarifverträge mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren,
- oder auf die Bekämpfung der Unfall- und Gesundheitsgefahren zu achten.
Dem Betriebsrat wurde ferner ein Recht auf Einsichtnahme in die Betriebsvorgänge (§ 71) zugestanden und ein Mitspracherecht bei einer größeren Zahl von Einstellungen oder Entlassungen eingeräumt (§ 74). Ferner hatten er oder stellvertretend die Arbeiter- und Angestelltenräte die Aufgabe, über die Einhaltung der maßgebenden Tarifverträge zu wachen. Sofern tarifliche Regelungen nicht bestehen, sollte er bei der Regelung der Löhne und sonstigen Arbeitsverhältnisse mitwirken, insbesondere bei der Festsetzung von Akkord- und Stücklohnsätzen oder der Festsetzung der Arbeitszeit (§ 78).
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