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Marie Möller IW-Kurzbericht Nr. 53 25. August 2016 Glücklich, glücklicher, Hamburg

Die Hamburger sind die glücklichsten Deutschen. Auf einer Skala von 1 bis 10 weisen sie eine durchschnittliche Lebenszufriedenheit von 7,0 auf, während die Bewohner Sachsen-Anhalts nur auf eine 3,7 kommen. Darüber hinaus haben Hamburger auch ein überdurchschnittliches hohes Einkommen pro Kopf, während für Sachsen-Anhalt das Gegenteil gilt. Aus diesem Muster lässt sich allerdings nicht ableiten, dass mehr Geld immer glücklicher macht.

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Glücklich, glücklicher, Hamburg
Marie Möller IW-Kurzbericht Nr. 53 25. August 2016

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Die Hamburger sind die glücklichsten Deutschen. Auf einer Skala von 1 bis 10 weisen sie eine durchschnittliche Lebenszufriedenheit von 7,0 auf, während die Bewohner Sachsen-Anhalts nur auf eine 3,7 kommen. Darüber hinaus haben Hamburger auch ein überdurchschnittliches hohes Einkommen pro Kopf, während für Sachsen-Anhalt das Gegenteil gilt. Aus diesem Muster lässt sich allerdings nicht ableiten, dass mehr Geld immer glücklicher macht.

10.000 Dinge besitzt ein Deutscher im Durchschnitt. Wir leben in einer Konsumgesellschaft: Wer es sich leisten kann, der konsumiert und dem geht es gut. Wenn die Wirtschaftsleistung wächst, steigt der Konsum und die Lebenszufriedenheit erhöht sich – eine logische Gleichung, aber geht sie auch immer auf? Bedeutet mehr immer besser und zufriedener? Ludwig Erhard sagte einmal „Mit steigender Produktivität und mit der höheren Effizienz der menschlichen Arbeit werden wir einmal in eine Phase der Entwicklung kommen, in der wir uns fragen müssen, was denn eigentlich kostbarer oder wertvoller ist: Noch mehr zu arbeiten oder ein bequemeres, schöneres und freieres Leben zu führen (…)“ (Erhard, 1957, S. 230). Dass Erhards Überlegung aktuell ist, zeigt die intensive Debatte um eine Postwachstumsgesellschaft, der Forderung nach der Verringerung von Konsum und Produktion und damit auch des Bruttoinlandsproduktes. Auf diese Weise soll soziale Gerechtigkeit, ökologische Nachhaltigkeit und Lebenszufriedenheit gesteigert werden. Aber lässt sich der Gedanke von weniger Konsum mit mehr Lebenszufriedenheit vereinbaren?

In einem aktuellen Wohlbefinden-Ranking der OECD zeigt sich für die deutschen Bundesländer: Die durchschnittliche Lebenszufriedenheit gemessen auf einer Skala von 1 (gering) bis 10 (hoch) ist positiv korreliert mit dem durchschnittlichen Einkommen (Abbildung).

In Hamburg, Bayern, Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Bremen wohnen nicht nur besonders glückliche Menschen, dort ist auch das durchschnittliche verfügbare Einkommen höher. Für die Bundesländer Sachsen, Brandenburg und Sachsen-Anhalt gilt das Gegenteil: Ein geringes verfügbares Einkommen pro Kopf und geringe Zufriedenheitsraten. Dieser Zusammenhang gilt allerdings nicht unbegrenzt: Ein immer höheres Einkommen führt also nicht zu einer immer höheren Lebenszufriedenheit.

Richard Easterlin wies nach, dass sich zwar innerhalb eines Landes ein positiver Zusammenhang zwischen Bruttoinlandsprodukt pro Kopf und der subjektiven Lebenszufriedenheit ergibt, dieser aber bei internationalen Vergleichen verschwindet. Auch bei Betrachtungen über die Zeit zeigt sich, dass ein höheres Einkommen nicht zu mehr Zufriedenheit führte (Easterlin, 2009). Das sogenannte Easterlin-Paradoxon lässt sich unter anderem mit der Set-Point Theorie erklären: Das Glücksniveau von Menschen kehrt langfristig immer wieder auf das Ausgangsniveau zurück. Kurzfristige Glücksschwankungen hervorgerufen durch besondere Ereignisse wie die Geburt eines Kindes oder neue Lebensumstände wie ein höheres Einkommen pendeln sich langfristig wieder ein (Lykken, 1996). Eine Erklärung dafür ist die Adaption: Wir gewöhnen uns an das tolle, neue Auto – es macht uns nicht nachhaltig glücklicher.

Wichtig ist jedoch, dass ein gewisses Wachstum unabdingbar ist, denn Wohlstand lindert Armut und auch die Lebenserwartung korreliert positiv mit dem Bruttoinlandsprodukt eines Landes. Eine wachsende Wirtschaft bedeutet auch wachsende Beschäftigung. Beschäftigung wiederum wirkt sich positiv auf die Lebenszufriedenheit aus. Wohlstand sichert unsere Grundbedürfnisse, und erst die Erfüllung dieser erlaubt es uns darüber nachzudenken, ob auf Wachstum in gewisser Weise verzichtet werden kann. Die Frage ist also nicht, ob wir wachsen sollten, die Frage ist, wie. Klimawandel, hoher Ressourcenverbrauch und quantitatives Wachstum als Ziele des Wirtschaftens werden dabei häufig kritisiert. Eine Orientierung an qualitativem statt quantitativem Wachstum ist ein Ansatz, um der Kritik zu begegnen.

Mit dem Well-Being Ansatz der OECD wird deshalb versucht, das Wohlstandswachstum breiter zu erfassen. Neben der Lebenszufriedenheit und dem verfügbaren Einkommen pro Kopf, werden 9 weitere Indikatoren erfasst, um zu messen, wie gut es den Menschen geht: Wohnverhältnisse, Beschäftigung, Gemeinsinn, Bildung, Umwelt, Zivilengagement, Gesundheit, Sicherheit und Work-Life-Balance. Lässt man alle elf Indikatoren mit gleichem Gewicht in einen Gesamtindikator einfließen, so zeigt sich, dass Bayern, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hamburg am besten abschneiden. Dies sind genau die vier Bundesländer mit dem höchsten Einkommen pro Kopf. Daraus lässt sich zum einen ableiten, dass ein reines Wohlstandsmaß kein schlechter Indikator dafür ist, wie gut es den Menschen geht. Zum anderen aber auch, dass das Streben nach einem höheren Bruttoinlandsprodukt damit eine geeignete Strategie ist, um die Lebensqualität zu steigern. Im Idealfall unter zusätzlicher Berücksichtigung von Nachhaltigkeit.

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Glücklich, glücklicher, Hamburg
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Marie Möller: Lebenszufriedenheit und Einkommen – Glücklich, glücklicher, Hamburg

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