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Dominik Enste / Christina Anger IW-Kurzbericht Nr. 93 14. Dezember 2024 Schwarzarbeit: Steigender Umsatz bei der illegalen Beschäftigung von Haushaltshilfen

Die Zahl der angemeldeten Haushaltshilfen ist im Jahr 2024 weiter um rund 4,5 Prozent auf rund 246.700 gesunken. Der Umsatz bei der illegalen Beschäftigung von Haushaltshilfen ist hingegen um 15 Prozent auf über 11 Milliarden Euro gestiegen – trotz leichtem Rückgang bei der Zahl der Haushalte mit Haushaltshilfe.

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Steigender Umsatz bei der illegalen Beschäftigung von Haushaltshilfen
Dominik Enste / Christina Anger IW-Kurzbericht Nr. 93 14. Dezember 2024

Schwarzarbeit: Steigender Umsatz bei der illegalen Beschäftigung von Haushaltshilfen

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Zahl der angemeldeten Haushaltshilfen ist im Jahr 2024 weiter um rund 4,5 Prozent auf rund 246.700 gesunken. Der Umsatz bei der illegalen Beschäftigung von Haushaltshilfen ist hingegen um 15 Prozent auf über 11 Milliarden Euro gestiegen – trotz leichtem Rückgang bei der Zahl der Haushalte mit Haushaltshilfe.

Die Förderung der legalen Beschäftigung von Haushaltshilfen könnte sich positiv auf die Arbeitszeit vor allem von Frauen, die vielfach in Teilzeit arbeiten, auswirken und so auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken.

Hohe Teilzeitquote bei Frauen

Seit vielen Jahren versucht die Politik den Arbeitsplatz Privathaushalt attraktiver zu machen und zugleich die weitverbreitete Schwarzarbeit bei der Hilfe im Haushalt zu bekämpfen. Die Einführung eines Gutscheinmodells, welches im Koalitionsvertrag vereinbart wurde, liegt auf Eis. Dabei versprechen Modellversuche im Ausland, dass dadurch nicht nur mehr legale Beschäftigungsverhältnisse geschaffen werden, sondern auch die Frauenerwerbstätigkeit erleichtert werden kann.

Zwar ist die Erwerbsbeteiligung von Frauen in Deutschland in den letzten Jahren von 2010 mit 68,8 Prozent deutlich angestiegen und lag im Jahr 2023 bei 77,4 Prozent (Männer: 85,1 Prozent) (Eurostat, 2024). Zugleich arbeitet aber die Hälfte (49,9 Prozent) der Frauen in Teilzeit (Männer: 13,3 Prozent) (Destatis, 2024). Bei Müttern liegt die Teilzeitquote sogar bei 67 Prozent (Väter: 9 Prozent). Die Ausweitung der Arbeitszeit von Frauen im erlernten Beruf könnte auch dem Fachkräftemangel entgegenwirken. Da Frauen immer noch in 8 von 10 Fällen allein die Wohnung oder das Haus putzen (Eyerund/Orth, 2019), würde eine Ausweitung der Haushaltsunterstützenden Dienstleistungen, die Erhöhung der Arbeitszeit vor allem bei Frauen ermöglichen.

Hoher Zeitstress durch Alltagstätigkeiten

Haushaltshilfen können auch dazu beitragen, den Zeitstress von Frauen durch Alltagsarbeiten zu verringern (Enste/Lübke/Orth, 2018), denn insbesondere Frauen empfinden die Aufgaben im Haushalt als den größten Stressfaktor im Alltag (53 Prozent) – erst danach folgt der Job (44 Prozent). Erwerbstätige beklagen dabei generell doppelt so häufig die Belastung durch die Haushaltsarbeiten (Forsa, 2018).

Umsatzsteigerung von rund 15 Prozent in der Schattenwirtschaft

Der Anteil der Schwarzarbeit ist im Privathaushalt seit Jahren deutlich höher als in allen anderen Wirtschafts-bereichen. Die Zahl der Haushaltshilfen, die nicht angemeldet werden und ohne Absicherung und Unfallversicherungsschutz illegal arbeiten liegt bei über 90 Prozent.

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Für die Berechnungen werden die jüngsten Zahlen aus den offiziellen Statistiken mit den Angaben aus dem SOEP – einer regelmäßigen Befragung von rund 30.000 Befragten in etwa 15.000 Haushalten in Deutschland verglichen. Die Mitte November 2024 veröffentlichten Daten des SOEP zeigen, dass auf die Gesamtbevölkerung umgerechnet rund 2,874 Millionen Haushalte (7,0 Prozent) in Deutschland regelmäßig und rund 1,145 Millionen (2,8 Prozent) gelegentlich eine Hilfe beschäftigen. Das heißt in 4,019 Millionen Haushalten putzt jemand und hilft beim Einkaufen und ähnlichem. Aus der Statistik der Minijobzentrale ergibt sich, dass aber nur 246.686 Minijobber (minus 4,5 Prozent verglichen mit dem Vorjahr) angemeldet sind und dabei im Durchschnitt 214 Euro pro Monat verdienen (Minijobzentrale, 2024). Laut Bundesagentur für Arbeit (2024) sind im September 2024 in Privathausalten nur noch rund 44.000 Personen sozialversicherungspflichtig beschäftigt (ein erneuter Rückgang um rund 5 Prozent verglichen mit dem Vorjahr). Schätzungsweise 20.000 Personen arbeiten selbständig in Privathaushalten. Unter der Annahme, dass diese Selbständigen in durchschnittlich drei Haushalten legal putzen, und Minijobber in der Regel nur einen Minijob ausüben, ergibt sich eine Lücke von 3,7 Millionen Haushalten (91 Prozent) in denen schwarz gereinigt, gemäht und bei der Bewältigung des Alltags geholfen wird. Haushalte, die sich eine Haushaltshilfe leisten können, verfügen dabei im Durchschnitt über ein Haushaltsnettoeinkommen von circa 4.300 Euro (regelmäßig) beziehungsweise 4.200 Euro (gelegentlich) im Vergleich zu circa 3.200 Euro bei allen Haushalten.

Die monatlichen Kosten sind laut SOEP-Umfrage bei der regelmäßigen Beschäftigung im Durchschnitt um 10 Prozent von 163 Euro (2020) auf 180 Euro (2021) und weiter auf 198 (2022) angestiegen. Die Kosten pro Stunde liegen dabei aktuell unseren Recherchen zu Folge zwischen 15 Euro bis zu 25 Euro, je nach Region, Berufserfahrung und Zuverlässigkeit – und ob mit oder ohne Anmeldung bei der Minijobzentrale – und damit über dem gesetzlichen Mindestlohn! So gering diese Summen für sich genommen auch erscheinen mögen, summieren diese Lohnzahlungen sich zu einem Umsatz in Milliardenhöhe. Im Jahr 2020 lag der Umsatz in der Schattenwirtschaft allein durch Haushaltshilfen bei rund 7 Milliarden Euro. Dieser ist im Jahr 2021 auf über 8,5 Milliarden Euro gestiegen und lag im Jahr 2022 schon bei rund 9,8 Milliarden Euro. Nicht zuletzt aufgrund der allgemeinen Preissteigerungen dürfte dieser Umsatz in den letzten beiden Jahren weiter auf bis zu 11,4 Milliarden (2024) ansteigen. Der Anteil des Umsatzes in der Schattenwirtschaft ist dabei in den letzten Jahren gestiegen und liegt 2024 schätzungsweise bei 85 Prozent. (Abbildung)

Herausforderungen und Lösungen für eine legale Beschäftigung

Die legale Beschäftigung einer Person im Haushalt, inklusive Absicherung und steuerlicher Vergünstigungen, ist seit vielen Jahren durch eine Anmeldung bei der Minijobzentrale relativ unkompliziert möglich (www.minijobzentrale.de). Dieses System bietet auch die Chance, legale Arbeitsmöglichkeiten für Migrantinnen und Migranten zu schaffen, wodurch sie den Alltag und die Sprache in Deutschland leichter und niedrigschwellig kennenlernen können.

Trotz dieser Möglichkeit scheuen sowohl Haushalte als auch potenzielle Haushaltshilfen die Anmeldung. Viele Haushalte vermeiden vertragliche Verpflichtungen, auch wenn Haushaltshilfen oft über Jahre hinweg im Haushalt tätig sind und ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wird. Der Privathaushalt wird oft nicht als regulärer Arbeitsort betrachtet: Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder während des Urlaubs der Haushaltshilfe sind ungewohnte und oft ungewollte Verpflichtungen.

Für viele Haushaltshilfen sind die Sozialversicherungsabgaben unattraktiv, da sie keine zusätzlichen Leistungen erhalten und der bürokratische Aufwand bei Selbständigkeit bei in der Regel recht niedrigen Summen für sie abschreckend sind. Dies führt dazu, dass die Schattenwirtschaft in diesem Bereich weiterhin floriert. Wer legale Angebote nutzen möchte, muss häufig lange suchen oder auf Plattformen oder gewerbliche Anbieter zurückgreifen, die professionelle Hilfe zu deutlich höheren Preisen anbieten. Dies stellt eine weitere Hürde dar, die viele Haushalte davon abhält, legale Wege zu gehen.

Erfolgsmodelle aus anderen Ländern

Andere Länder wie Frankreich und Belgien haben mit Gutscheinmodellen versucht, die Preise zu subventionieren oder gewähren deutlich höhere steuerliche Anreize – in Finnland und Schweden bis zu 50 Prozent. Diese Modelle haben sich als erfolgreich erwiesen und könnten als Vorbild dienen. Allerdings wäre dies je nach Attraktivität und Inanspruchnahme des Gutscheinmodells mit Kosten in Höhe von bis zu 5 Milliarden Euro verbunden. Denn nicht nur die bestehenden Haushalte würden die Förderung vermutlich in Anspruch nehmen, sondern auch Haushalte, die bisher die nicht angemeldete Beschäftigung scheuen oder die aufgrund der Subvention sich eine Hilfe leisten können.

Angesichts der prognostizierten steigenden Zahl der Pflegebedürftigen auf rund 7 Millionen bis 2070 und dem damit verbundenen wachsenden Unterstützungsbedarf im Alltag – Haushalte mit Pflegebedürftigen Personen beschäftigten rund viermal so häufig eine Haushaltshilfe (Enste/Anger, 2023), sollte Deutschland ein einfaches und effizientes Gutscheinmodell zumindest testweise einführen. Die kurzfristigen Einführungskosten und Subventionen sollten durch die langfristigen positiven Effekte auf die Frauenerwerbstätigkeit, Lebenszufriedenheit und steuerlichen Einnahmen, sowie vor allem die Verringerung eines großen Bereiches der Schwarzarbeit und Schattenwirtschaft aufgewogen werden.

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Steigender Umsatz bei der illegalen Beschäftigung von Haushaltshilfen
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