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Barbara Engels / Armin Mertens IW-Kurzbericht Nr. 66 21. September 2021 Digitale Verwaltung und Breitbandausbau in der digitalen politischen Kommunikation

Die Digitalisierung von Staat und Wirtschaft ist eine der größten politischen Baustellen in Deutschland. Auf Twitter spielen zentrale digitale Themen wie der Breitbandausbau und die digitale Verwaltung jedoch kaum eine Rolle, wie Tweets der Bundestagsabgeordneten und ihrer Fraktionen und Parteien aus der ablaufenden Legislaturperiode zeigen. Vor allem der Breitbandausbau verliert in jüngster Vergangenheit.

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Digitale Verwaltung und Breitbandausbau in der digitalen politischen Kommunikation
Barbara Engels / Armin Mertens IW-Kurzbericht Nr. 66 21. September 2021

Digitale Verwaltung und Breitbandausbau in der digitalen politischen Kommunikation

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Digitalisierung von Staat und Wirtschaft ist eine der größten politischen Baustellen in Deutschland. Auf Twitter spielen zentrale digitale Themen wie der Breitbandausbau und die digitale Verwaltung jedoch kaum eine Rolle, wie Tweets der Bundestagsabgeordneten und ihrer Fraktionen und Parteien aus der ablaufenden Legislaturperiode zeigen. Vor allem der Breitbandausbau verliert in jüngster Vergangenheit.

Deutschlands digitaler Rückstand ist nicht mehr wegzudiskutieren. Die Studien, die diesen belegen, häufen sich. In einem aktuellen Ranking belegt Deutschland nur den drittletzten Platz von 20 Staaten (European Center for Digital Competitiveness, 2021). Immerhin zieht sich das Thema Digitalisierung durch die Bundestagswahlprogramme, beispielsweise im Kontext von Wirtschaft, Bildung, Gesundheit und Klimaschutz. Die zentralen Voraussetzungen für eine erfolgreiche Digitalpolitik sind eine digitale Verwaltung und eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur (siehe auch Hess/Heumann, 2021). Während das Thema Digitale Verwaltung in den Wahlprogrammen viel Raum einnimmt, gibt es zum Breitbandausbau wenig neue Ideen (ebd.). Jedoch findet politische Kommunikation und Wahlkampf vor allem auch im digitalen Raum, auf Social-Media-Kanälen wie Twitter, Instagram, Facebook und TikTok, statt (Klimpel, 2021). Die Kanäle erreichen ein insgesamt breites Publikum, haben jedoch unterschiedliche Nutzerdemografien. Die vorliegende Analyse soll zeigen, welche Rolle digitale Verwaltung und Breitbandausbau in der digitalen Kommunikation von Bundestagsabgeordneten, Parteien und Fraktionen auf Twitter spielen. Dazu wurden die Tweets aller 555 Bundestagsabgeordneten mit einem Twitter-Account (Stand Juni 2021) zwischen 24. September 2017 und 31. August 2021 untersucht. Am stärksten vertreten auf Twitter ist die FDP: 95,0 Prozent der Bundestagsabgeordneten haben einen Twitter-Account. Bei CDU/CSU sind es nur 63,3 Prozent.

Analysiert wurden alle Tweets, in denen die Begriffe „Breitbandausbau“ und „digitale Verwaltung“ (alternativ „Digitalisierung der Verwaltung“ und „E-Government“) entweder per Hashtag oder im Text erwähnt wurden. Reine Retweets wurden nicht berücksichtigt.

341 Tweets von 108 Abgeordneten flossen so in die Untersuchung ein. Außerdem wurden 37 Tweets der im Bundestag vertretenen Parteien sowie 45 Tweets der Bundestagsfraktionen aus dem genannten Zeitraum mit den genannten Begriffen in die Analyse einbezogen.

Bemerkenswert ist, dass lediglich 15,2 Prozent der Bundestagsabgeordneten überhaupt in der ablaufenden Legislatur zu Breitbandausbau und digitaler Verwaltung getwittert haben. Das Verhältnis von abgesetzten Tweets zu der Anzahl an Bundestagsabgeordneten ist bei der FDP (1,39) und bei den Grünen (1,24) am höchsten, abgeschlagen folgen CDU/CSU (0,57), Die Linke (0,52), SPD (0,32) und schließlich die AfD (0,04).

Inhaltselement mit der ID 9982
Inhaltselement mit der ID 9983

Insgesamt beinhalteten 223 Tweets den Begriff des Breitbandausbaus, 200 Tweets den der digitalen Verwaltung (siehe Abbildung). Gemessen an der sonstigen Twitter-Aktivität sind das äußerst niedrige Werte. 21.079 Mal (Stand 10.9.2021) hat die FDP seit Mai 2009 von ihrem offiziellen Parteiaccount getwittert, davon im Untersuchungszeitraum nur 13 Mal zu den analysierten Begriffen. Anke Domscheit-Berg (Die Linke) hat seit Oktober 2009 96.546 Mal getwittert. Im Untersuchungszeitraum twitterte sie nur 16 Mal zu Breitbandausbau und digitaler Verwaltung und gehört dennoch zu den Abgeordneten, die am häufigsten diese Begriffe twitterten. Obwohl die Themen struktureller Natur sind und die Art, wie Menschen in Deutschland leben und wirtschaften, zentral determinieren, finden sie unter den Bundestagsabgeordneten auf Twitter kaum statt.

Der Breitbandausbau war vor allem im Jahr 2018 Thema (101 Tweets, vor allem von CDU/CSU und Grünen), verlor dann aber kräftig an Relevanz und brachte es in den ersten acht Monaten 2021 auf lediglich 26 Tweets. Vor allem die CDU/CSU twitterte in der Legislaturperiode viel zu Breitbandausbau, was auch damit zusammenhängt, dass sie das zuständige Bundesministerium stellte (der zuständige Bundesminister Andreas Scheuer, der seit Juni 2009 immerhin 3.354 Mal – Stand 10.9.2021 – getwittert hat, twitterte jedoch kein einziges Mal dazu). Die digitale Verwaltung entwickelte sich von lediglich vier Tweets zu Beginn der Legislatur 2017 auf 68 Tweets im Jahr 2021. Während die FDP in allen Jahren zu digitaler Verwaltung getwittert und dabei immer mindestens den zweithöchsten Wert unter den Parteien erzielt hat, hat sich die CDU/CSU vor allem in den vergangenen zwei Jahren vermehrt dazu geäußert. Die Grünen äußerten sich 2018 relativ häufig zu digitaler Verwaltung, in den Folgejahren jedoch deutlich weniger. Außer der AfD, die zu beiden Themen praktisch positionslos geblieben ist, bilden Die Linke und die SPD die Schlusslichter bei der Tweetanzahl.

Für ein differenzierteres Bild vom Erfolg der Tweets werden diese mit ihren Retweets (Weiterleitungen) und Likes gewichtet, um so einen Eindruck von der Reichweite zu bekommen. Es wird angenommen, dass Retweets deutlich wichtiger für die Reichweite sind als Likes, daher werden diese im Verhältnis 3:1 zu den Likes gewichtet. Während zu Beginn der Legislatur 2018 vor allem der Breitbandausbau Widerhall auf Twitter gefunden hat (besonders Die Grünen/Die Linke), ist die digitale Verwaltung verstärkt gegen Ende der Legislatur 2021 zum Thema geworden, das in Retweets und Likes Reichweite gefunden hat (Abbildung). Insbesondere Tweets der Grünen wurden 2021 zu beiden Themen wahrgenommen. Die CDU/CSU schneidet bei den gewichteten Tweets insgesamt schlechter ab als bei den ungewichteten. Die FDP findet stetigeren Widerhall bei der digitalen Verwaltung als beim Breitbandausbau. Die Linke wiederum verzeichnet mehr Reichweite bei ihren Positionen zum Breitbandausbau als zur digitalen Verwaltung. Die SPD zeigt vor allem bei der digitalen Verwaltung eine sehr geringe Reichweite. Die AfD spielt keine Rolle.

Eine Komponente der digitalen Verwaltung ist die Einführung eines Digitalministeriums, das in der öffentlichen Debatte prominent vertreten ist. In den Wahlprogrammen wird es lediglich bei seinen Befürwortern FDP und CDU/CSU genannt. Auf Twitter wird das Thema auch einseitig bespielt. 185 Tweets haben Bundestagsabgeordnete, Parteien und Fraktionen zum Digitalministerium in der ablaufenden Legislaturperiode abgesetzt, 130 allein die FDP, 20 die Grünen und 14 die CDU/CSU. Im Wahljahr 2021 gab es zum Digitalministerium lediglich 25 Tweets (2020: 61). Dass das Digitalministerium nicht für alle Parteien Relevanz hat und diese auch noch kürzlich gesunken ist, deckt sich mit den Experteneinschätzungen, dass ein Digitalministerium nicht zu einer erfolgreichen Digitalpolitik beiträgt (Heumann, 2021; Hüther/Röhl, 2021).

Die Analyse der Tweets lässt insgesamt vermuten, dass das Thema Breitbandausbau so lange vernachlässigt wurde, dass es sogar in der leichtgängigen, kostengünstigen politischen Kommunikation und Diskussion im digitalen Raum eine abnehmende Rolle spielt. Wie insbesondere die Analyse der Reichweiten zeigt, sind bereits Ermüdungserscheinungen eingetreten, obwohl es kaum ausreichend Breitband und viel zu wenig Glasfaseranschlüsse gibt (vgl. BMVI, 2021).

Ein Grund zur Hoffnung ist, dass die digitale Verwaltung zwar zaghaft, aber doch zunehmend thematisiert wird. Die neue Bundesregierung täte gut daran, dieses Momentum zu nutzen, um schnell aus den Versprechungen in die Umsetzung zu kommen.

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