Die Koalition einigt sich auf die Verlängerung der Kurzarbeit. Zwar kommt die Diskussion zur rechten Zeit, allerdings bringt der Beschluss erhebliche Risiken und Fehlanreize mit sich.

Kurzarbeitergeld: Diskussion zur rechten Zeit, Entscheidung zur Unzeit
Kurzarbeit ist ein zentrales Instrument, um bei einem vorübergehenden Auftragsrückgang Arbeitsplätze zu sichern – das hat sich zu Beginn der Corona-Krise bewährt. Der Arbeitsmarkt ist dadurch bislang vor erheblichem Schaden bewahrt worden. Die Arbeitslosigkeit ist nur moderat gestiegen, wenn man das Ausmaß des wirtschaftlichen Einbruchs bedenkt. Es ist daher richtig, heute darüber nachzudenken, ob und in welcher Form die derzeitigen Sonderregelungen über den 31. Dezember hinaus verlängert werden sollten.
Arbeitsverhältnisse ohne Perspektive könnten bestehen bleiben
Der Entschluss zur Verlängerung birgt allerdings diverse Risiken: Es könnte an Arbeitsverhältnissen festgehalten werden, die auch bei einer wirtschaftlichen Erholung keine Perspektive mehr haben. Für die Betroffenen wäre ein Wechsel sinnvoller. Dieses Risiko steigt mit der Bezugsdauer des Kurzarbeitergelds, zum Beispiel wie jetzt vorgesehen von zwölf auf 24 Monate. Die wirtschaftliche Erholung hat Fahrt aufgenommen, die Vereinbarung kommt zu früh.
Ohnehin gibt es an den derzeitigen Regelungen grundsätzliche Kritikpunkte. Schon die Aufstockung des Kurzarbeitergelds war kritisch: Sie bedeutet nicht nur eine Ungleichbehandlung von Arbeitslosen und Kurzarbeitern, sondern erhöht das Risiko, dass sich die Betroffenen nicht nach einem alternativen Arbeitsplatz umsehen.
Koppelung an Weiterbildung unlogisch
Kurzarbeit hilft, vorübergehende Auftragseinbrüche zu überbrücken. Da widerspricht es der Logik dieses Instruments, dass die vollständige Erstattung von Sozialversicherungsabgaben für ausgefallene Arbeitsstunden jetzt an Qualifizierungsmaßnahmen ab Juli 2021 gekoppelt wird. Wenn die Koalitionsparteien heute bereits davon ausgehen, dass Unternehmen über den 31. Dezember 2020 hinaus temporäre Auftragseinbußen verzeichnen, hätten sie auch die vollständige Erstattung bis zum 31. Dezember 2021 beschließen sollen. Die Koppelung wirft zudem die Frage auf, wie ein Betrieb geeignete Qualifizierungsmaßnahmen organisieren soll, wenn der angezeigte Arbeitsausfall nicht dem zeitlichen Umfang zulässiger Qualifizierungsmaßnahmen entspricht. Es ist zu befürchten, dass die Bundesagentur vorrangig formale Qualifizierungsmaßnahmen als Voraussetzung für die vollständige Erstattung ansehen wird, obwohl vielerorts informelles Lernen effektiver sein dürfte.

IW-Konjunkturprognose Frühjahr 2023: Kein Aufschwung in Sicht
Ein namhafter Aufschwung der deutschen Wirtschaft findet im Jahr 2023 nicht statt. Das reale Bruttoinlandsprodukt wird zwar nach der Winterpause im Jahresverlauf wieder zulegen. Das Konjunkturtempo wird zum Jahresende jedoch wieder nachlassen, wenngleich eine ...
IW
Mehr Erwerbstätigkeit dank Reformen: Indikatoren des deutschen und französischen Arbeitsmarktes seit 1970
In diesem Bericht werden unterschiedliche Arbeitsmarktindikatoren und die wirtschaftliche Entwicklung von Deutschland und Frankreich von 1970 bis 2021 verglichen. Dafür werden verschiedene Zeitreihen der Europäischen Kommission und der OECD für die ...
IW