Deutschland sitzt wegen seiner Exportüberschüsse ständig auf der Anklagebank. Laut jüngsten Medienberichten soll jetzt sogar die Bundesregierung das deutsche „Exportproblem“ anerkennen. Doch die hiesigen Exportüberschüsse kommen auch anderen EU-Ländern zu Gute und befriedigen lediglich die international stark gestiegene Nachfrage nach Investitionsgütern.
Gut für Europa und den internationalen Investitionsbedarf
Für Kritiker aus dem In- und Ausland sind die Überschüsse des deutschen Warenhandels eine zentrale Ursache für die Struktur- und Schuldenprobleme in Europa. Denn während die einen mehr produzieren und somit mehr an Einkommen erwirtschaften, als sie ausgeben, reicht bei den anderen das im Inland erzielte Einkommen für den privaten und den staatlichen Konsum sowie für Investitionen nicht aus. In den Augen der Kritiker wäre es deshalb das einfachste, wenn Überschussländer wie Deutschland mehr konsumieren und investieren, respektive einfach weniger produzieren.
Doch so einfach ist die reale Welt mit ihren intensiven internationalen Arbeitsteilungen nicht: Deutschland erzielt seine Handelsbilanzüberschüsse vorwiegend mit Investitionsgütern. Und zwar erst seit gut 10 Jahren, als sich eine gewaltige internationale Nachfrage nach Investitionsgütern entwickelt hat – das globale Investitionsvolumen hat sich seither von 8.500 auf über 18.000 Milliarden US-Dollar mehr als verdoppelt. Vor allem die Schwellen- und Entwicklungsländer sind dabei, ihre Infrastrukturen und Produktionskapazitäten kräftig auszubauen. Entfiel vor 10 Jahren nur knapp ein Viertel der weltweiten Anlageinvestitionen auf die aufstrebenden Volkswirtschaften, so ist es heute schon mehr als die Hälfte.
Den europäischen Ländern – vor allem den Defizitländern – wäre nicht geholfen, wenn Deutschland mit seiner starken Position in der Investitionsgüterherstellung diese hohe Nachfrage nicht bedient. Vielmehr würde Europa insgesamt darunter leiden, denn in den deutschen Exporten stecken viele Zulieferungen aus europäischen Ländern. Ein Anstieg der deutschen Exporte geht mit einem fast gleichhohen prozentualen Anstieg der Vorleistungslieferungen der EU-Länder nach Deutschland einher.
Export- und Importquoten in Deutschland
Anteil der Exporte und Importe am nominalen Bruttoinlandsprodukt in Prozent
Quelle: Statistisches Bundesamt, Institut der deutschen Wirtschaft Köln
Wichtige Lichtblicke
Die jüngsten Zahlen zum Wachstum des Bruttoinlandsprodukts zeigen: Die Rezession in der Eurozone ist beendet, der Länderclub hat auf den Wachstumspfad zurückgefunden. Auch in den Krisenländern zeigt sich Licht am Ende des Tunnels – vor allem in Portugal. Das ...
IW
Barrieren erschweren den Import
Die deutsche Industrie ist auf bezahlbare und zuverlässige Rohstofflieferungen angewiesen. Doch die Exportländer erschweren den Handel.
IW