Die EU will mit einer neuen Reform dafür sorgen, dass Medikamente schneller flächendeckend verfügbar sind. Der Vorstoß geht zu Lasten der Pharmaunternehmen und schafft Anreize, künftig vor allem außerhalb der EU zu investieren.

EU-Pharmastrategie: Falsches Signal für den Innovationsstandort
Die EU-Kommission baut das EU-Arzneimittelrecht um und verfolgt ein großes Ziel: Alle EU-Länder sollen gleich schnell an neue Medikamente kommen. Das ist dringend nötig: In Deutschland dauert es derzeit 133 Tage, bis ein neues Arzneimittel nach der Zulassung bei den Patienten erhältlich ist, im europäischen Schnitt dauert das mehr als 500 Tage. Damit Medikamente künftig schneller verfügbar sind, soll die sogenannte Marktexklusivität als Anreiz dienen. Das gefährdet den pharmazeutischen Forschungs- und Produktionsstandort.
Bisher konnten Arzneimittelhersteller ihre innovativen Produkte nach der Marktzulassung auf dem europäischen Markt bis zu zehn Jahre exklusiv vertreiben. Acht Jahre schützte der sogenannte Unterlagenschutz das Unternehmen vor Nachahmerprodukten – Generika –, zwei weitere Jahre galt Marktexklusivität. Unterlagenschutz heißt, dass Ergebnisse von klinischen Studien nicht für die Zulassung von Generika genutzt werden dürfen.
Forschung ist teuer, unsicher und langwierig
Die EU-Kommission verkürzt die Schutzfrist nun auf acht Jahre. Bringen Unternehmen ihr Produkt in allen EU-Staaten schnell auf den Markt, verlängert sich die Frist um zwei Jahre. Wer noch mehr leistet, also beispielsweise medizinische Versorgungslücken schließt, kann den Markt exklusiv bis zu zwölf Jahren beliefern.
Dabei macht die EU einen entscheidenden Denkfehler: Es ist aufwendig, risikoreich und teuer, neue Arzneimittel zu entwickeln. Im Durchschnitt dauert es 13 Jahre und kann Kosten im Milliardenbereich verursachen. Zudem schafft es nur ein kleiner Teil der Forschungsprojekte überhaupt auf den Markt – die Aussicht auf Exklusivität ist deshalb ein wichtiger Anreiz, um in Innovationsvorhaben zu investieren. Je kürzer die garantierte Schutzfrist ist, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das Investment lohnt. Hier hilft es kaum, dass Verlängerung theoretisch möglich ist: Ob und in welchem Umfang sich die Frist in diesem komplizierten System verlängert, ist für die Unternehmen mit vielen Unsicherheiten verbunden.
Abhängigkeit könnte sich verstärken
Für europäische innovative Pharmaunternehmen und potenzielle Investoren ist der Vorstoß deshalb kontraproduktiv: Während Länder wie die USA in der Pharmaindustrie eine Leitbranche erkennen und Investitionen in die pharmazeutische Forschung und Produktion fördern, marschiert die EU in die entgegengesetzte Richtung. Investieren die Unternehmen deshalb vermehrt außerhalb der EU, steigt hierzulande die Gefahr der Abhängigkeit: Dann wären Deutschland und die EU bei innovativen neuen Arzneimitteln auch abhängig von Produktionen und Zulieferungen aus dem Ausland.

Arzneimittelversorgung und -produktion gefährdet
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