Mit der Agenda 2010 krempelte 2005 die damalige Bundesregierung die sozialen Sicherungssysteme in Deutschland um. Nahezu unbestritten sind die positiven Effekte auf die Beschäftigung. Allerdings stehen insbesondere die Hartz-IV-Reformen in dem Verdacht, die soziale Ungleichheit verschärft zu haben – zu Unrecht.
Die Ärmsten profitieren am meisten
Die größte Änderung durch die Hartz-IV-Reform war wohl auch die umstrittenste: Die Regierung von Gerhard Schröder beschloss, die Arbeitslosenhilfe und die Sozialhilfe zum Arbeitslosengeld II zusammenzuführen. Dadurch wurden viele Arbeitslosenhilfe-Empfänger schlechter gestellt. Profitiert haben allerdings die Sozialhilfe-Empfänger, denn die Hartz-IV-Regelsätze liegen über denen der Sozialhilfe.
Vergleicht man den heutigen Status quo mit der hypothetischen Situation ohne Hartz IV, zeigt sich, dass die Reform keineswegs nur Verlierer mit sich gebracht hat. Im Gegenteil: Für ganz Deutschland ist der Anteil der Hartz-Gewinner unter den bedürftigen Haushalten sogar größer als der Anteil derjenigen, die durch Sozial- und Arbeitslosenhilfe besser gestellt wären. In Ostdeutschland halten sich die Anteile der Reformgewinner und -verlierer in etwa die Waage, zeigt eine Simulationsanalyse des IW Köln.
Insbesondere Haushalte mit Kindern erhalten durch die Hartz-IV-Leistungen mehr als ohne Reform. Unter den bedürftigen Alleinerziehenden-Haushalten stehen mehr als zwei Drittel heute deutlich besser da, als es in einer fiktiven Situation mit Sozial- und Arbeitslosenhilfe der Fall wäre. Paare ohne Kinder sind hingegen vorwiegend Hartz-IV-Verlierer.
Zudem gibt es aufgrund der höheren Regelsätze viele ALG-II-Empfänger, die im alten System überhaupt keinen Anspruch auf Grundsicherungsleistungen gehabt hätten. Da diese Haushalte im Gegensatz zu den Arbeitslosenhilfe-Empfängern ausschließlich im unteren Einkommensbereich zu finden sind, profitieren insbesondere die ärmsten Teile der Bevölkerung von den Hartz-IV-Regelungen: Von den Hilfebedürftigen erhalten die ärmeren 70 Prozent heute mehr Geld als vor der Reform. Nur die oberen 30 Prozent müssen Einkommenseinbußen hinnehmen – um durchschnittlich 170 Euro.
Wer im Alter arbeitet, ist zufriedener
IW-Expertin für soziale Sicherung und Verteilung, Ruth Maria Schüler, geht in einem Gastbeitrag für die Fuldaer Zeitung der Frage nach, warum der frühe Ausstieg aus dem Erwerbsleben kein Garant für das Lebensglück ist.
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