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Tarifkonflikte IW-Nachricht 30. September 2014

Streiklustige Spartengewerkschaften

Die üblichen Streikstatistiken unterzeichnen das Konfliktpotenzial kleiner Gewerkschaften. Das Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW) hat deshalb vor einem Jahr eine neue Methode zur Messung der Konfliktintensität bei Tarifverhandlungen entwickelt. Jetzt wurden die Daten aktualisiert. Es zeigt sich: Die Spartengewerkschaften sind deutlich konfliktfreudiger als die Branchengewerkschaften.

Das vom IW Köln entwickelte Konzept berücksichtigt neben Streik oder Aussperrung auch andere Konflikthandlungen wie Streikdrohungen, Verhandlungsabbrüche, Urabstimmungen oder juristische Auseinandersetzungen. Die aktuelle Auswertung von 134 Tarifkonflikten aus elf Branchen seit 2000 zeigt: Spartengewerkschaften kommen im Durchschnitt pro Tarifverhandlung auf 23 Konfliktpunkte, Branchengewerkschaften auf lediglich 13.

Dabei ziehen sich die Verhandlungen der Spartengewerkschaften im Durchschnitt 9,1 Monate hin – mehr als doppelt so lang wie die von Branchengewerkschaften (siehe Tabelle 1). Besondere Probleme entstehen in solchen Branchen, in denen mehrere Gewerkschaften separat verhandeln. So kommen Krankenhäuser sowie der Schienen- und Flugverkehr im Durchschnitt auf 47 bis 55 Punkte, während vor allem in der Chemischen Industrie, aber auch im Bankgewerbe oder im Bauhauptgewerbe vergleichsweise konfliktarm verhandelt wird (siehe Tabelle 2).

Tabelle 1: Konfliktbereitschaft von Gewerkschaften in DeutschlandAnm.: Verdi: Druckindustrie, Privates Bankgewerbe, Luftfahrt, Nachrichtenübermittlung; Untersuchungsbasis: 134 Tarifkonflikte zwischen 2000 bis 2014; Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft KölnJeweils durchschnittliche Werte in Punkten und Verhandlungslänge in MonatenDie Konfliktintensität misst anhand einer Eskalationspyramide, wie konfliktintensiv eine Tarifauseinandersetzung verläuft. Dabei werden bei Erreichen bestimmter Eskalationsstufen Maluspunkte vergeben: Streikdrohung/Aussperrungsdrohung=1 Punkt; Abbruch der Verhandlungen=2 Punkte; Streikaufruf=3 Punkte; Warnstreik=4 Punkte; Scheitern und Schlichtung sowie Juristische Auseinandersetzungen=5 Punkte; Scheitern und Urabstimmung oder Scheitern und Streikankündigung=6 Punkte; Streik und Aussperrung=7 Punkte. Treten die einzelnen Merkmale im Verlauf einer Tarifauseinandersetzung mehrfach auf, werden diese kumuliert. Beim Verfahren II werden in Wirtschaftszweigen der Daseinsvorsorge die Konflikthandlungen Streikaufruf und Warnstreik jeweils mit 7 Punkten bewertet, weil es zu einem nicht-nachholbaren Produktionsausfall kommt.SpartengewerkschaftMaximale EskalationsstufeKonflikt-intensität (I)Konflikt-intensität (II)VerhandlungslängeGDL4,334,043,410,6MB4,622,122,15,9VC3,116,119,511,5UFO4,610,212,49,8GdF4,316,819,17,5Durchschnitt4,2 19,823,39,1BranchengewerkschaftEVG (Schienenverkehr)3,07,211,36,3IG Metall (M+E-Industrie)4,219,819,83,5IG BAU (Bauhauptgewerbe)3,67,77,75,4Verdi, dbb, GEW (ÖD)4,217,327,84,9IG BCE (Chemische Industrie)0,20,20,22,0Verdi (insgesamt)3,211,412,64,3Durchschnitt3,110,613,24,4Durchschnitt ohne IG BCE3,612,715,84,9

Tabelle 2: Konfliktintensität nach WirtschaftszweigenUntersuchungsbasis: 134 Tarifkonflikte zwischen 2000 bis 2014; Quelle: Institut der deutschen Wirtschaft KölnWerte in Punkten und Verhandlungslänge in MonatenDie Konfliktintensität misst anhand einer Eskalationspyramide, wie konfliktintensiv eine Tarifauseinandersetzung verläuft. Dabei werden bei Erreichen bestimmter Eskalationsstufen Maluspunkte vergeben: Streikdrohung/Aussperrungsdrohung=1 Punkt; Abbruch der Verhandlungen=2 Punkte; Streikaufruf=3 Punkte; Warnstreik=4 Punkte; Scheitern und Schlichtung sowie Juristische Auseinandersetzungen=5 Punkte; Scheitern und Urabstimmung oder Scheitern und Streikankündigung=6 Punkte; Streik und Aussperrung=7 Punkte. Treten die einzelnen Merkmale im Verlauf einer Tarifauseinandersetzung mehrfach auf, werden diese kumuliert. Beim Verfahren II werden in Wirtschaftszweigen der Daseinsvorsorge die Konflikthandlungen Streikaufruf und Warnstreik jeweils mit 7 Punkten bewertet, weil es zu einem nicht-nachholbaren Produktionsausfall kommt.WirtschaftszweigeDurchschnittliche maximale EskalationsstufeDurchschnittliche Verhand-lungslängeKumulierte Konflikt-intensität (I)Kumulierte Konfliktintensität (II)Schienenverkehr3,68,4 41,254,6Krankenhäuser4,45,439,449,9Luftfahrt3,58,535,246,5Flugsicherung4,36,234,146,9M+E-Industrie4,23,519,819,8Bauhauptgewerbe3,65,47,77,7Privates Bankgewerbe2,45,58,08,0Öffentlicher Dienst4,24,917,327,8Chemische Industrie0,22,0 0,20,2Druckindustrie4,06,616,116,1Nachrichten-übermittlung3,52,612,112,1

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