1. Home
  2. Presse
  3. IW-Nachrichten
  4. Der schwarze Peter liegt woanders
Ratingagenturen IW-Nachricht 12. Juli 2011

Der schwarze Peter liegt woanders

Die Ratingagenturen beurteilen die Anleihen Portugals immer düsterer. Sollten sich private Investoren „freiwillig“ an der Rettung beteiligen, wird ihr bisheriges finanzielles Engagement von den Agenturen vermutlich als selektiver Zahlungsausfall eingestuft. Die Situation den Ratinggesellschaften anzulasten, wie das die Politik gerade versucht, ist fehl am Platz.

Wenn Ratingagenturen bestimmte Wertpapiere negativ bewerten, hat das für die Finanzmärkte weitreichende Konsequenzen. Sowohl wegen gesetzlicher Vorgaben als auch wegen eigener Anlageregeln reagieren viele Investoren auf eine Herabstufung mit Kaufzurückhaltung oder dem Verkauf der entsprechenden Papiere. Denn Investoren sind verpflichtet, nach einer Herabstufung mehr Eigenkapital pro Euro Engagement vorzuweisen. Wenn den Investoren neues Eigenkapital zu teuer ist, dann reduzieren sie ihr Engagement. Dadurch fallen die Wertpapierpreise, was schlimmstenfalls die Situation verschärft, da sich die Finanzierungsbedingungen für den Schuldner verschlechtern.

Die Ratingagenturen sitzen dabei in einer Zwickmühle: Wenn sie zu frühzeitig warnen, dann wirft man ihnen vor, dass sie Panik schüren. Wenn sie zu lange warten, dann wirft man ihnen vor, sie würden die schlechte Lage verschärfen. Aus Sicht der Betroffenen gibt es also keinen optimalen Zeitpunkt.

Das eigentliche Problem liegt jedoch nicht bei den Ratingagenturen – jedenfalls nicht in der aktuellen Krise. Vielmehr hat sich der Finanzmarkt immer noch nicht vom letzten Schock erholt. Den Finanzinstituten fehlt das nötige Eigenkapital, um Wertberichtigungen leichter zu verkraften. Als wenig hilfreich erweist sich auch das Festhalten an gesetzlichen Automatismen wie etwa der Regel, dass nach einer Herabstufung mehr Eigenkapital eingebracht werden muss.

Mehr zum Thema

Artikel lesen
De-Industrialisierung – Gefahr für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland?
Markus Demary Veranstaltung 29. April 2024

33. Finanzmarkt Round-Table: De-Industrialisierung – Gefahr für den Finanz- und Wirtschaftsstandort Deutschland?

Das Institut der deutschen Wirtschaft, die DekaBank und die Börsen-Zeitung laden Sie zum Finanzmarkt Round-Table am Montag, den 29. April 2024 von 10:30 bis 12:30 Uhr ein. Der Round-Table findet als Online-Veranstaltung statt.

IW

Artikel lesen
Christian Rusche IW-Kurzbericht Nr. 15 14. März 2024

Deindustrialisierung: Aktuelle Entwicklungen von Direktinvestitionen

Obwohl sich die Situation bei den Energiekosten nach den Turbulenzen der letzten Jahre wieder etwas entspannt hat, sehen wir weiterhin hohe (Netto-)Abflüsse von Direktinvestitionen aus Deutschland. Das deutet darauf hin, dass die Perspektiven am Standort ...

IW

Mehr zum Thema

Inhaltselement mit der ID 8880