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(© Foto: Tatiana Kolesnikova - Fotolia)
Mehr Studenten als erwartet IW-Nachricht 9. Mai 2014

Studiengebühren aus der Tabuzone holen

Mit rund 450.000 Studienanfängern pro Jahr bis 2020 rechnete die Kultusministerkonferenz bei ihrer letzten Prognose. Jetzt zeigt eine neue Berechnung, dass es jedes Jahr rund 37.000 Anfänger mehr sein werden als angenommen. Will der Staat die Qualität der Ausbildung bei angespannter Kassenlage dennoch verbessern, muss erneut über das Tabuthema Studiengebühren nachgedacht werden – für heimische Studenten, aber auch für jene aus dem Ausland, die hier zwar studieren, dann aber in die Heimat zurückkehren.

Die Gründe für die neue Prognose zu den Studienanfängerzahlen liegen auf der Hand: mehr Abiturienten, von denen einen größerer Anteil studieren will, sowie ein Plus an Studienanfängern aus dem Ausland und immer mehr Studienanfänger, die sich zuvor beruflich qualifiziert haben. Das allgemein gestiegene Studieninteresse ist zu begrüßen, vor allem im Bereich der sogenannten MINT-Fächer, deren Absolventenzahlen schon lange zu gering sind. Die gestiegene Nachfrage ausländischer Bewerber ist ebenfalls positiv zu bewerten, denn mit der Zuwanderung über ein Hochschulstudium gelingt die Integration in den Arbeitsmarkt laut Studien besonders gut. Und auch die gestiegene Zahl der beruflich Qualifizierten, die studieren wollen, ist ein erfreulicher Beleg für mehr Offenheit zwischen beruflichem und akademischem Bildungssystem.

Für die öffentlichen Kassen ist der erfreuliche Drang nach höherer Bildung allerdings eine Mehrbelastung. Um der anhaltend hohen Nachfrage gerecht zu werden, haben Bund und Länder 2007 deshalb den Hochschulpakt ins Leben gerufen: Bis 2020 wollen sie sich die Kosten für jeden Studienanfänger teilen, der zusätzlich zur Anfängerzahl im Referenzjahr 2005 neu an die Hochschule kommt. 340.000 Studienanfänger wurden so in den ersten Jahren der Planungsphase bis 2011 zusätzlich finanziert, für die Zeit bis 2015 ist für insgesamt 624.000 zusätzliche Studienanfänger Geld eingeplant.

Insgesamt 10 Milliarden Euro hat der Bund den Ländern seit 2007 für die zusätzlichen Studienplätze zur Verfügung gestellt. Jetzt steht die Finanzplanung für die dritte Hochschulpaktrunde bis 2020 an – dafür soll ein Teil der im Koalitionsvertrag für Bildung und Forschung vorgesehenen 9 Milliarden Euro verwendet werden. Auf der Basis der neuen Prognose sind bis 2020 allerdings rund 2 Milliarden Euro an zusätzlichen Bundesmitteln erforderlich.

Darüber hinaus ist der Finanzierungsbedarf für Masterstudienplätze nicht realistisch berechnet: Die Bildungspolitik geht davon aus, dass jeder zweite Bachelor die Hochschule verlässt. Tatsächlich studieren aber knapp drei Viertel aller Bachelor weiter oder haben dies fest vor. Das ist verständlich, denn das direkt angeschlossene Masterstudium ist kostenfrei. Für die berufsbegleitende Variante fallen dagegen auch an staatlichen Hochschulen im Schnitt gut 9.000 Euro Gebühren an.

Gäbe es indes für alle Studiengänge Studiengebühren, würde dies einerseits den Anreiz für ein direktes Weiterstudieren senken. Andererseits könnten so die Kosten für das deutlich ausgeweitete Studienangebot besser abgefedert werden. Für die Hochschulen entstünden außerdem Spielräume, um die Studienqualität zu verbessern. Und nicht zuletzt würden die ausländischen Studenten, die nach dem Abschluss nicht in Deutschland bleiben, um hier zu arbeiten und Steuern zu zahlen, so zumindest einen Beitrag zur Finanzierung der Hochschulen leisten.

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