Die Hilfszusage der EU hat die Lage für die Athener Regierung erstmal entspannt. Michael Hüther, Chef des IW Köln, bleibt dennoch skeptisch.
"Griechenland ist gerettet: vorerst"
Ist Griechenland jetzt gerettet?
Vorerst schon. Die Märkte haben sich beruhigt. Wenn jetzt kein Politiker mehr Grund zur Verunsicherung gibt, dann hat Griechenland erst einmal Ruhe, um die Umschuldung und das Sparpaket voranzutreiben. Aber wie es langfristig weitergeht, ist im Moment schwer vorherzusagen. Der Schuldenberg von Griechenland ist riesig und die Wirtschaft schwach. Möglich, dass wieder Zweifel an der Zahlungsfähigkeit aufkommen.
War der Plan der EU also richtig?
Ein striktes Einhalten der Regeln hätte dem Euro am meisten geholfen. Die Regeln verbieten eine europäische Hilfe. Zur Not hätte der Internationale Währungsfonds einspringen müssen, aber nicht andere Staaten der Union. Was wir in den vergangenen Wochen gesehen haben, war keine Meisterleistung der deutschen Politik. Es hat viel zu lange gedauert, eine gemeinsame Haltung zu finden. In so einer wichtigen Sache müssen Kanzlerin und Finanzminister mit einer Stimme sprechen und konsistent argumentieren.
Der Zinssatz für die möglichen Notkredite an Griechenland liegt mit fünf Prozent unter dem Marktzins von knapp sieben. Halten Sie einen ermäßigten Zinssatz für richtig?
Ich sehe das sehr kritisch. Durch den niedrigeren Zinssatz findet eine Subventionierung von Griechenland statt. Die Lasten werden teilweise von der Gemeinschaft übernommen.
Auch Deutschland müsste im Fall der Fälle mit Milliarden Griechenland zur Seite springen. Was hat Deutschland von seiner Hilfszusage?
Alle haben was davon, wenn sich die Märkte beruhigen. Nach dem Beschluss des Europäischen Rates vor wenigen Wochen gab es keine Alternative mehr, dieses Programm zu konkretisieren. Die Hilfszusage sorgt dafür, dass die Probleme Griechenlands nicht zu einem Problem der Währungsunion werden, unter dem alle zu leiden hätten.
Sie meinen, falls die Schuldenprobleme in Portugal oder Spanien wachsen würden?
Genau. In den beiden Ländern stellt sich die Situation aber etwas anders da. Dort handelt es sich um eine Krise der Staatsfinanzen, in Griechenland sehen wir eine Krise des Staates. Schmiergelder sind an der Tagesordnung, die Steuerehrlichkeit ist gering.
Griechenland hat ein striktes Sparprogramm verabschiedet. Verschärfen sich damit nicht die Wirtschaftsprobleme des Landes?
Ein Sparpaket ist nicht zwangsläufig ein Anti-Wachstumsprogramm. Es schafft Vertrauen, steigert die Effizienz des Staates und gibt Raum für private Initiative. Wenn deutlich wird, dass der Staat wieder handlungsfähig ist, sind damit auch positive Wachstumseffekte verbunden.

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