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Winfried Fuest in der Mitteldeutschen Zeitung Interview 21. Dezember 2009

Schäuble soll Ross und Reiter nennen

IW-Finanzwissenschaftler Winfried Fuest äußert sich im Interview mit der Mitteldeutschen Zeitung über die Rotstift-Politik der neuen Bundesregierung.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) will im kommenden Jahr auf einen Sparkurs einschwenken und weniger Schulden machen. Wie viel Tatkraft trauen Sie Schäuble zu?

Den ehrlichen Wille zum Schuldenabbau will ich nicht anzweifeln. Andererseits ist schon ein bisschen enttäuschend, dass Schäuble nicht Ross und Reiter nennt und uns nicht sagt, wo er den Rotstift ansetzen will. Offenkundig hält er sich zurück, um keine Wähler vor der nordrhein-westfälischen Landtagswahl im Mai 2010 zu verprellen.

Wo und wie kann denn der Staat ganz konkret von seinen hohen Schulden runterkommen?

Das geht nur durch eine Doppel-Strategie – also einerseits Wachstum begünstigen, andererseits Ausgaben auf den Prüfstand stellen. Zum Beispiel: Der Staat gibt viel Geld aus für Arbeitsmarkt-Förderung, ohne dass sich immer der gewünschte Effekt einstellt. Das ist dann rausgeworfenes Geld. Oder: Nach den eigenen Berechnungen der Bundesregierung werden mehr als 50 Milliarden Euro für Subventionen aufgewandt. Da lässt sich ohne Weiteres kürzen.

Die vorige Bundesregierung hat den Beitrag zur Arbeitslosenversicherung gesenkt, jetzt droht da eine neue Lücke ...

In der Tat ist die Versuchung groß, den Schalter umzulegen und die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung wieder zu erhöhen. Das würde natürlich die Arbeitskosten massiv in die Höhe treiben. Das wäre das Gegenteil von Wachstumspolitik. Deshalb kann ich da Wolfgang Schäuble nur warnen.

Bei Rotstift-Politik könnte man sich ja auch vorstellen, dass es Konstellationen gibt, bei denen die Renten sinken ...

Bei der bloßen Diskussion über Minus-Renten gäbe es natürlich sofort geharnischten Protest. Aber als Wissenschaftler sage ich: Ich halte die Renten-Garantie – also die Zusage: egal was kommt, die Renten dürfen unter keinen Umständen sinken, müssen mindestens gleich bleiben – die halte ich für einen großen politischen Fehler. Langfristig muss der Staat von seinen hohen Zuschüssen zur Rentenkasse herunterkommen.

Sind Sie auch aufgeschlossen für die Rente erst ab 68?

Verglichen mit anderen europäischen Ländern hat Deutschland die kürzesten Phasen der Erwerbstätigkeit. Das heißt: erst relativ lange Ausbildungszeiten, am Ende des Lebens eine relativ lange Zeit des Rentenbezugs, schon wegen der steigenden Lebenserwartung. Fazit: Entweder brauchen wir höhere Beiträge oder wir müssen länger arbeiten oder wir müssen das Rentenniveau senken. Was anderes ist nach Adam Riese gar nicht möglich.

Trotz der großen Haushaltsprobleme will die neue Bundesregierung ja mittelfristig einen Stufentarif einführen – mit generell niedrigeren Sätzen ...

Eine Lieblingsidee der FDP, aber ich halte das letztlich nicht für machbar. Ein Stufentarif ist mit erheblichen Steuerausfällen verbunden. Andererseits haben sich Bund und Lander ja auf eine Schuldenbremse verständigt. Es wäre schon viel erreicht, wenn die Bundesregierung schrittweise der kalten Progression zu Leibe rückt, es also hinbekommt, dass die Kurve der Steuerbelastung nicht so stark ansteigt.

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