Über die Folgen eines Wahlsiegs von Donald Trump für Nordrhein-Westfalen spricht IW-Ökonomin Samina Sultan im Interview mit dem Kölner Stadtanzeiger.
Folgen der US-Wahl: „Das wäre eine teure Katastrophe”
Donald Trump oder Kamala Harris? Auch für die Wirtschaft in Deutschland ist die Abstimmung über die Nachfolge von US-Präsident Joe Biden eine Schicksalswahl. Die wirtschaftlichen Verflechtungen mit den Vereinigten Staaten sind weitreichend. Die Wahl des einen oder der anderen dürfte sich also erheblich auswirken - auch in Nordrhein-Westfalen.
Welche Auswirkung hätte ein Trump-Sieg auf die deutsche Wirtschaft?
Wir haben mehrere Szenarien durchgerechnet. Szenario 1 beinhaltet eine Erhöhung der US-Zölle auf zehn Prozent auf alle US-Einfuhren und auf 60 Prozent auf US-Einfuhren aus China ab dem Jahr 2025. Die EU hält ihrerseits mit einem Vergeltungszoll von zehn Prozent auf Einfuhren aus den USA dagegen. In Szenario 2 vertiefen die USA und die EU den transatlantischen Handelskonflikt und erhöhen ihre gegenseitigen Importzölle jeweils auf 20 Prozent.
Wie hoch wären die Kosten des Handelskrieges für Deutschland?
Sollte der ehemalige Präsident erneut gewinnen und vier Jahre im Amt bleiben, könnte das die Wirtschaft in Deutschland im schlimmeren Szenario 2 bis zu 180 Milliarden Euro kosten. Im moderateren Szenario 1 wären es über den Vier-Jahreszeitraum etwa 127 Milliarden. Für die exportorientierte deutsche Wirtschaft, die ohnehin in einer tiefgreifenden, strukturellen Krise steckt, wäre das eine teure Katastrophe.
Blicken wir auf Nordrhein-Westfalen. Wie eng sind die wirtschaftlichen Beziehungen?
Die Verbindung zwischen Nordrhein-Westfalen und den USA sind auch aufgrund der langen Historie seit dem Zweiten Weltkrieg sehr eng. Mit der Lage der ehemaligen Bundeshauptstadt Bonn sind auch die ökonomischen Beziehungen im Laufe der Jahrzehnte immer intensiver geworden.
Welchen Stellenwert haben die USA bei den Exporten für NRW?
Mit Blick auf die Ausfuhren von NRW-Unternehmen sind die USA mit rund sieben Prozent im Jahr 2023 der drittwichtigste Handelspartner nach den Niederlanden und Frankreich. Bei den Importen liegen sie ebenfalls auf Rang drei nach den Niederlanden und China mit rund sechs Prozent.
Welche Branchen in der Region sind denn von US-Entscheidungen besonders betroffen?
Besonders relevante Branchen sind neben der Autoindustrie der Bereich Pharma auf der Importseite und Maschinenbau auf der Exportseite, sowie Chemische Erzeugnisse auf beiden Seiten. Während Deutschland insgesamt einen Handelsüberschuss gegenüber den USA hat, verzeichnet NRW ein leichtes Defizit, das heißt es wird mehr importiert als über den Atlantik exportiert.
„Die Verbindung zwischen NRW und den USA sind auch aufgrund der langen Historie seit dem Zweiten Weltkrieg sehr eng.”
Wie viel investieren NRW-Unternehmen in den USA und umgekehrt?
Mit Blick auf die ausländischen Direktinvestitionen sind die USA ein wichtiger Partner für Unternehmen aus NRW: Im Jahr 2022 entfielen 19 Prozent aller ausländischen Investitionen aus NRW auf die USA. In dem Jahr waren 945 Unternehmen aus NRW dort aktiv. Demgegenüber stehen 267 Unternehmen aus den USA, die in NRW aktiv waren.
Welcher Kandidat hat welche Auswirkungen mit Blick auf die NRW-Handelsbeziehungen?
Das lässt sich jetzt natürlich noch nicht völlig genau beziffern. Im Falle eines Sieges von Donald Trump und den zu erwartenden neuen Zöllen, wird sich dies nicht nur sehr negativ auf Deutschland, sondern auch auf Nordrhein-Westaflen auswirken. Gewinnt Kamala Harris, kann man davon ausgehen, dass die Handelspolitik ähnlich der unter Joe Biden bleibt, es also keine gravierenden negativen Effekte gibt. Besonders betroffen sein dürfte vor allem auch die deutsche Autoindustrie, die sich ohnehin gerade in einer schwierigen Transformation befindet. Zölle hätten auch eine Auswirkung auf die Lieferketten zwischen den beiden Standorten.
Welche weiteren Effekte auf die NRW-Wirtschaft sehen Sie noch?
Trump hat angekündigt, die Unternehmenssteuern in den USA deutlich auf 15 Prozent zu senken. Das macht auf der einen Seite Verlagerungen etwa von Nordrhein-Westfalen in die USA attraktiver. Und zum Zweiten würden die NRW-Unternehmen, die schon in den USA aktiv sind, auch davon profitieren. Harris hat hingegen angekündigt, dass sie die Unternehmenssteuern von derzeit 21 auf 28 Prozent erhöhen wird.

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