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IW-Direktor Michael Hüther
Michael Hüther in der Rheinischen Post Interview 3. Oktober 2020

„Wir haben im Osten weder einen Mezzogiorno noch bloße Flieg-Drüber-Regionen“

IW-Direktor Michael Hüther sieht 30 Jahre nach der deutschen Einheit vor allem in der demografischen Entwicklung ein Problem. Die neuen Länder müssten attraktiver vor allem für qualifizierte Zuwanderer werden.

Müssen künftig Ballungszentren in Ost (und West) stärker gefördert werden als ländliche Räume?

Es gibt weder einen theoretischen noch einen empirischen Grund, einzelne Regionen aus einer Förderstrategie auszuschließen. Es kommt auf spezifische Antworten für spezifische Bedarfslagen an. Metropolräume sind wegen der Dichte-Vorteile für die Wissensgesellschaft natürlich von besonderer Bedeutung, zugleich aber findet die industrielle Wertschöpfung in Deutschland in der Fläche statt. Bildungsinvestitionen vor Ort, Anbindungen durch digitale und Mobilitätsinfrastruktur sind dort zum Beispiel relevant. Es geht darum, das ganze Land mit der Verflechtung seiner Regionen zu sehen. Nach 30 Jahren haben wir weder einen Mezzogiorno noch bloße Flieg-Drüber-Regionen oder Midlands. Es gibt keinen Grund, einzelne Regionen auzulassen.

Ist es nicht an der Zeit nach 30 Jahren einzugestehen, dass die Wirtschaftskraft der ehemaligen DDR niemals den Durchschnitt der früheren BRD erreichen wird?

Das wäre nicht sinnvoll, weil es darum nach 30 Jahren nicht mehr geht. Wir müssen den Blick auf die Raumordnungsregionen oder die Stadt- und Kreisebene richten, denn daraus ergeben sich die wichtigen wirtschaftspolitischen Ansatzpunkte in der Wirtschaftspolitik und der Infrastrukturpolitik. Und der Handlungsbedarf findet sich in der Westpfalz, im Saarland oder Ostholstein oder dem Ruhrgebiet genauso wie in der mecklenburgischen Seenplatte oder der Altmark. Ein flächendeckendes West-Ost-Profil lässt sich nicht mehr finden. Eine spezielle Herausforderung aber haben die neuen Länder: die demografische Alterung. Hier muss nachhaltig gearbeitet werden, durch Familienfreundlichkeit, gute Infrastrukturnetze, herausragende Bildungsangebote und medizinische Versorgung.

In welchen Branchen liegen die Chancen Ostdeutschlands in Zukunft?

Das bewegt sich von den klassischen Industrien, die wie in der Metall- und Elektroindustrie wieder Cluster bilden konnten. Neue Mobilität, Energiewende, eHealth sind wichtige Themen mit Potenzial. Wichtiger als bestimmte Branchen ist aber die Bereitschaft zur Existenzgründung, dadurch entstehen neue wirtschaftliche Impulse.

Zum Interview auf rp-online.de.

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