IW-Direktor Michael Hüther hat die Debatte um die Schuldenbremse mit angestoßen. Im Interview mit dem Handelsblatt stellt er seine Alternative vor: einen kreditfinanzierten Investitionsfonds.

Michael Hüther: „Die Spielräume der Schuldenbremse sind zu eng bemessen”
Herr Hüther, die Verschuldung Deutschlands ist gerade unter die Maastricht-Grenze von 60 Prozent gesunken. Offenbar hat die Schuldenbremse funktioniert. Warum wollen Sie die jetzt abschaffen?
Dass Deutschland seinen Schuldenberg in den vergangenen Jahren abbauen konnte, hat nicht zuerst etwas mit der Schuldenbremse zu tun. Es liegt an den niedrigen Zinsen. Und ganz wichtig: Die Steuereinnahmen pro Einwohner sind in den vergangenen zehn Jahren deutlich gestiegen, weil sich der Arbeitsmarkt gut entwickelt hat.
Das zeigt: Beschäftigungsaufbau ist das beste und nachhaltigste Mittel für einen gesunden Staatshaushalt. Und deshalb müssen wir das Wachstumspotenzial steigern.
Aber warum muss man der Politik dafür wieder erlauben, das Geld mit vollen Händen auf Kosten der nächsten Generationen auszugeben?
Die Maastricht-Kriterien gelten auch ohne Schuldenbremse für Deutschland. Ich plädiere für die Schaffung eines gesamtstaatlichen Vermögenshaushalts. In diesem können dann Investitionen in die Infrastruktur über Kredite finanziert werden. Das rechnet sich übrigens, weil die Zinsen nach unserer Einschätzung noch lange Zeit unter dem prozentualen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts liegen werden. Schon für sich genommen belasten Kredite dann nicht die künftigen Generationen, zudem sorgen die Investitionen - wie viele Studien belegen – für mehr Wachstum.
Zuletzt hat Deutschland aber Überschüsse erwirtschaftet. Offenbar scheitern Investitionen nicht am Geld. Und die Schuldenbremse erlaubt auch ein gewisses Defizit.
Angesichts der großen Herausforderungen durch den digitalen Wandel sind die Spielräume der Schuldenbremse zu eng bemessen. Wir haben einen Investitionsstau beim Staat. Es braucht einen verlässlichen Investitionsplan, auch damit die Unternehmen ihre Kapazitäten erweitern.
Wenn ich jetzt schon wieder höre, wir bräuchten kein 5G-Netz an jeder Milchkanne - das halte ich für fatal. Es wurde früher auch nicht gesagt, Telefonanschlüsse soll es nur in Großstädten geben. Wer jetzt bei den Investitionen spart, gefährdet die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts.
Zum Interview auf handelsblatt.com

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