1. Home
  2. Presse
  3. Unternehmerische Avantgarde
Zeige Bild in Lightbox Unternehmerische Avantgarde
(© Foto: contrastwerkstatt - Fotolia)
Karl Lichtblau in IHKplus Interview 15. Oktober 2012

Unternehmerische Avantgarde

Über die Stärken, Schwächen und zukünftigen Herausforderungen von Hidden Champions sprach das Magazin „IHKplus“ mit Dr. Karl Lichtblau, Sprecher der Geschäftsführung der IW Consult GmbH in Köln. Der gebürtige Darmstädter arbeitet seit 1993 für das Institut der deutschen Wirtschaft und hat sich unter anderem intensiv mit den Bereichen Wettbewerbs- und Strukturpolitik beschäftigt.

Was macht Hidden Champions so erfolgreich?

Hidden Champions sind hoch spezialisierte kleine bis mittelgroße Unternehmen, die in einem relativ kleinen Markt zu den Marktführern gehören. Ihre Stärke liegt in der Technologieorientierung. Die Ingenieurskunst ist oft Basis ihres Geschäftsmodells. Diese Unternehmen kennen ihre Märkte sehr genau und suchen gezielt ihren Platz in der Wertschöpfungskette. Meistens sind es familiengeführte Unternehmen, die sehr effiziente Prozesse und Verfahren haben. Eine hohe Flexibilität und schnelle Entscheidungswege gehören schon fast zu den selbstverständlichen Erfolgsfaktoren.

Wie verbreitet sind Hidden Champions?

Hidden Champions prägen maßgeblich das Geschäftsmodell Deutschland. Dazu zählen eine überdurchschnittliche Industrieorientierung, eine internationale Ausrichtung des Geschäftes, Innovationen sowie Forschung und Entwicklung.

Lässt sich das empirisch belegen?

Auswertungen des IW Zukunftspanels – einer regelmäßigen repräsentativen Befragung von Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleistungen – zeigen immer wieder, dass Unternehmen mit diesen Merkmalen deutlich erfolgreicher sind als die Unternehmen, denen diese Eigenschaften fehlen. Der Erfolg – gemessen an Umsatz- und Beschäftigungswachstum sowie Rendite – fällt schon geringer aus, wenn nur eine dieser Eigenschaften (Internationalisierung, Innovationen und F&E) fehlt. Allerdings sind diese Erfolgsfaktoren längst nicht so verbreitet wie man vermuten könnte. Nur rund ein Fünftel der Unternehmen aus den Bereichen Industrie und industrienahe Dienstleistungen erfüllt alle drei Merkmale. Die Hidden Champions gehören zu der unternehmerischen Avantgarde in Deutschland und sind längst nicht der Regelfall. Sie sind aber zentral wichtig für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft.

Wie werden sich die Anforderungen künftig verändern?

Es gibt zumindest drei Trends, die die Unternehmen vor neue Herausforderungen stellen. Die Globalisierung geht zweifellos weiter, sie wird sich aber strukturell ändern. In Zukunft werden Exporte nicht immer ausreichen, um Auslandsmärkte zu bearbeiten. Verstärkt hinzukommen wird die Notwendigkeit, auch mit Produktion und mit F&E ins Ausland zu gehen. Das ist für viele KMU – auch für Hidden Champions – noch Neuland, auf dem sie sich zurechtfinden müssen. Der zweite Trend ist das Aufkommen neuer Konkurrenten, insbesondere aus China. Heute stammt in knapp 75 Prozent der Fälle ein Hauptkonkurrent der deutschen Unternehmen aus dem Inland – in fünf Jahren sollen es nach Ergebnissen des IW Zukunftspanels nur noch 60 Prozent sein. Der Gewinner ist China. Heute kommen neun Prozent der Hauptkonkurrenten aus dem Land der Mitte – dieser Anteil soll auf 25 Prozent steigen. Nur durch noch mehr Innovationen und noch höhere Anpassungsgeschwindigkeiten können die deutschen Unternehmen diesen Wettbewerb bestehen. Dies wird vor dem Hintergrund des drohenden Fachkräftemangels immer schwieriger. Als dritte Herausforderung kommt eine ständig steigende Komplexität der Produkte und Verfahren hinzu. Die Antwort darauf gerade von mittelständischen Unternehmen kann nur in einer verstärkten Zusammenarbeit in Netzwerken liegen.

Was bedeutet der drohende Fachkräftemangel speziell für Hidden Champions?

Hidden Champions sind oft Industrieunternehmen in eher ländlich geprägten Räumen. Diese Regionen sind von der demografischen Entwicklung am stärksten betroffen. Der damit verbundene Fachkräftemangel wird dort viel ausgeprägter sein als in den Agglomerationszentren.

Wie können sie beim Rennen um die besten Köpfe den Anschluss behalten?

Die mittelständischen Unternehmen selbst sehen in der mangelnden Attraktivität der Region einen wesentlichen Nachteil im Wettbewerb um Fachkräfte, insbesondere bei Akademikern. Für jedes dritte Unternehmen ist dies ein Problem, wie wir in einer unserer Studien aus dem letzten Jahr gesehen haben. Daraus kann nur die Schlussfolgerung gezogen werden, dass sich die mittelständischen Unternehmen aus diesen peripheren Regionen zusammenschließen müssen, um gemeinsam „regionale Marken“ zu entwickeln, die eine bundesweite Ausstrahlung haben. Hier müssen Egoismen überwunden werden.

Wie sollte das konkret aussehen?

Erfolgreiche Regionen, wie die Schwäbische Alb, das Siegerland, das Sauerland, das Hohenloher Land, Schwaben oder die Oberpfalz, haben nur eine Chance, wenn sie verdeutlichen, welches unternehmerische Potenzial es dort gibt. Hidden Champions sind klein – sie können die Aufgabe des Heraustretens aus dem Schatten des Unbekannten nicht alleine lösen.

Artikel im Original

Mehr zum Thema

Artikel lesen
Beschäftigungsaufbau geht 2014 weiter
Holger Schäfer auf umwelthauptstadt.de Interview 29. April 2013

Beschäftigungsaufbau geht 2014 weiter

Im Jahr 2013 legt die sehr guten Arbeitsmarktentwicklung der letzten Jahre eine Pause ein, sagt Holger Schäfer im Interview mit dem Internetportal umwelthauptstadt.de. Im nächsten Jahr erwartet der IW-Arbeitsmarktexperte aber eine konjunkturelle Belebung, die ...

IW

Artikel lesen
Oliver Stettes im Deutschlandfunk Interview 19. August 2010

Bildungsmonitor 2010 bewertet Leistungen der Bundesländer

Wieder sind es vor allem ostdeutsche Bundesländer, die in einem Vergleich der Bildungssysteme positiv abschließen. Der Grund ist laut Oliver Stettes, Bildungsexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft, der demografische Wandel: Weniger Schüler können in ...

IW

Inhaltselement mit der ID 8880