Ein Bachelorabsolvent, der längere Praktika gemacht hat, wird einem Masterabsolventen, der noch nie ein Unternehmen von innen gesehen hat, garantiert vorgezogen, sagt IW-Bildungsökonomin Christiane Konegen-Grenier im Interview mit dem Studentenmagazin Zeit Campus.

"Der Master wird überschätzt"
Frau Konegen-Grenier, Sie haben Karrierechancen von Bachelorabsolventen untersucht. Mit welchem Ergebnis?
Der Master wird überschätzt: 85 Prozent der befragten Arbeitgeber eröffnen Bewerbern und Mitarbeitern auch ohne Masterabschluss die Chance, Karriere zu machen - branchenübergreifend und weitgehend unabhängig von der Unternehmensgröße. Man braucht den Master allerdings, wenn man in die Forschung oder die Entwicklung gehen will, oder für Stellen, bei denen man viel wissenschaftliche Methodik anwenden muss, etwa als Analyst bei einer Bank oder Versicherung, oder bei Fachpositionen im technischen Bereich, beispielsweise als Leiter von Prüfverfahren.
Man kann also ohne Master aufsteigen?
Ja. Bei unserer ersten Befragung vor sechs Jahren sind die Bachelorabsolventen bereits bei 73 Prozent der Firmen zu Projektleitern befördert worden, bei 40 Prozent zur Fachgebietsleitung. Seitdem sind die Werte sogar deutlich gestiegen. Die Unternehmen haben also positive Erfahrungen mit der Leistung von Bachelorabsolventen gemacht.
Was zählt bei der Bewerbung noch?
Das hängt vom Stellenprofil ab: Mal sind es Fremdsprachenkenntnisse, mal ist es Kommunikationsgeschick. Aber Praxiserfahrung ist das Wichtigste. Ein Bachelorabsolvent, der zwei längere Praktika gemacht hat und vielleicht noch im Ausland war, wird einem Masterabsolventen, der noch nie ein Unternehmen von innen gesehen hat, garantiert vorgezogen - egal, wie exzellent der Abschluss ist.
Wenn einem selber der Bachelorabschluss nicht reicht: Sollte man signalisieren, dass man sich weiterbilden möchte?
Unbedingt. Etwa jede zweite befragte Firma macht einen berufsbegleitenden Master möglich. Die meisten stellen dafür auch ein Budget zur Verfügung, etwa für anfallende Studiengebühren. Viele Unternehmen informieren bereits im Bewerbungsgespräch über ihre Angebote zur Karriereentwicklung. Zum Beispiel über spezielle Hochschulzertifikate, mit denen man Führungskompetenzen ausbauen kann. Wird einem erst nach ein paar Jahren klar, dass man sich weiterbilden will, kann man es in Feedbackgesprächen kommunizieren und gemeinsam erarbeiten, welche Fortbildungsangebote sinnvoll wären.

Noch geht der Trend zum Akademiker
Die Zahl der Bildungsaufsteiger – also derjenigen, die ein höheres Qualifikationsniveau als ihre Eltern erreichen – ist zuletzt leicht gesunken. Das liegt nicht unbedingt an mangelndem Ehrgeiz oder Können, sondern ...
iwd
Private Hochschulbildung für eine resiliente Transformationsgesellschaft
Digitalisierung, Dekarbonisierung, Deglobalisierung und der demographische Wandel haben auch unter Akademiker:innen zu einer starken Verunsicherung hinsichtlich der eigenen beruflichen Zukunft geführt. Im Kontext der tiefgreifenden Transformation der ...
IW