Der Berliner Senat hat am 18. Juni 2019 den ersten Mietpreisdeckel in der deutschen Geschichte beschlossen. Die Mieten sollen bis 2025 nicht mehr höher steigen, als sie zu diesem Datum waren. IW-Immobilienexperte Michael Voigtländer warnt in einem Debattenbeitrag vor dem Ende vielfältiger Wohnungsangebote.
Berlin hat einen Mietenstopp beschlossen – wem nutzt die Maßnahme?
- Bisher war der Mietanstieg in Berlin für Durchschnittsverdiener zu verkraften
- Ein Deckel würde zu weniger Instandsetzung und mehr Mieterkonkurrenz führen
- Davon würden vor allem die wohlhabenderen Mieter profitieren
Sie wollen eine Wohnung in Berlin mieten und beschweren sich über Massenbesichtigungen und viel zu wählerische Vermieter? Dann stellen Sie sich schon einmal darauf ein, dass die Konkurrenz noch viel härter werden wird. Denn wenn der vom Berliner Senat geplante Mietendeckel so kommt, wie er laut der nun beschlossenen Eckpunkte angelegt ist, dürfte der Konkurrenzkampf um Wohnraum in der Hauptstadt sich noch einmal verschärfen. Gleichzeitig dürfte die Wohnungsvielfalt abnehmen, zusammen mit der Qualität der angebotenen Wohnungen.
Diese Schätzungen sind nicht aus der Luft gegriffen. Mit einem Mietendeckel wurde schon in vielen Ländern experimentiert, darunter Großbritannien, Spanien und noch einige südeuropäische Länder. Auch in Deutschland gab es in den 1950er-Jahren schon ähnliche Versuche. Die erste Reaktion der Vermieter war immer, dass sie weniger in die Instandhaltung ihrer Wohnungen investierten. Wenn sich der Preis nicht der Qualität der Wohnung anpassen kann, dann passt sich mittelfristig die Qualität der Wohnungen dem Preis an.
Die Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen werden noch länger
Gleichzeitig werden sinkende Mietpreise dafür sorgen, dass die Schlangen bei Wohnungsbesichtigungen noch länger werden. Der Zusammenhang ist klar: Niedrigere Mieten werden dafür sorgen, dass die Konkurrenz um die beliebtesten Stadtlagen noch viel größer wird. Doch wer am Ende einzieht, entscheidet immer noch der Vermieter. Und der wird sich in den meisten Fällen für das geringste Risiko entscheiden, also zum Beispiel für das Doppelverdienerpaar statt für das alleinerziehende Elternteil. Oder es ziehen die ein, die die besten Kontakte haben. Dies sind aber in der Regel nicht diejenigen, die wirklich Unterstützung brauchen.
Bliebe noch die Alternative des Eigenheims. Aber auch hier werden die Bedürftigeren abgehängt. Denn auf dem Käufermarkt gibt es keine Preisbremse. Wer wenig Geld hat, kann also nicht kaufen – oder müsste sich so hoch verschulden, dass es potenziell die eigene Existenz gefährden könnte. Gleichzeitig gibt es aber starke Anreize für Vermieter, ihre Wohnungen an Eigenheimkäufer zu verkaufen, schließlich ist deren Zahlungsbereitschaft nicht reguliert. Damit wird der Mietwohnungsmarkt kleiner.
Die Knappheit bleibt, sie wird nur anders verteilt
Aus ökonomischer Sicht erreicht der Mietendeckel also genau das Gegenteil von dem, was er erreichen will: Die Knappheit bleibt, sie wird nur anders verteilt – und zwar sehr wahrscheinlich zugunsten derjenigen, die diese Unterstützung am wenigsten brauchen.
Statt eines pauschalen Mietendeckels für 1,5 Millionen Wohnungen wäre es eine viel bessere Lösung, gezielt denjenigen zu helfen, die wirklich Unterstützung brauchen. Der Berliner Durchschnittsverdiener konnte sich 2017 zur Berliner Durchschnittsmiete ganze 0,9 Quadratmeter weniger leisten als noch 2013. Das ist keine alarmierende Zahl. Alarmierend ist die Entwicklung für diejenigen, die nicht an der guten Lohnentwicklung der vergangenen Jahre teilhaben. Diese Menschen müssen wir gezielt unterstützen, zum Beispiel durch Sozialwohnungen oder Zuschüsse wie dem Wohngeld. Ein pauschaler Mietendeckel würde den Markt hingegen noch weiter zugunsten der Mieter verzerren, die auch ohne Unterstützung auskommen.
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