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(© Foto: Christian Kruppa )
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Michael Hüther im Handelsblatt Gastbeitrag 19. Oktober 2012

Emila Zola trifft Robert Shiller

Was verbindet Robert Shiller mit Emile Zola? Jenseits unverkennbarer Sprachdivergenzen und unterschiedlicher Profession haben beide Einsichten zum Verständnis von Finanzmärkten vermittelt, vor allem zu deren begrenzten Fähigkeit der Informationsverarbeitung. Eine Buchbesprechung von IW-Direktor Michael Hüther im Handelsblatt.

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Bob Shiller erläuterte in seinem bedeutenden Aufsatz von 1981 "Do Stock Prices Move too Much to be Justified by Subsequent Changes in Dividends?", dass die Effizienzhypothese für die Bildung von Finanzmarktpreisen (Aktienkurse) allenfalls akademische Qualität hat, die historischen Datenreihen hingegen nicht in Abhängigkeit von der Dividendenentwicklung erklären kann.

Die Informationsverarbeitungskapazität von Finanzmärkten ist - nicht zuletzt bedingt durch die Krisen des vergangenen Jahrzehnts - ein zentrales Thema der Ökonomik.

Wer es lieber literarisch mag, doch keineswegs weniger tiefgehend und eindrucksvoll, dem sei Emile Zolas Roman "Geld" empfohlen, der im Jahr 1891, also genau 90 Jahre vor Shillers Aufsatz, erstmals erschienen ist.

Dieses Werk - der 18. Band in Zolas Roman-Zyklus über das Leben und seine gesellschaftlichen Bedingungen im zweiten französischen Kaiserreich (Napoleon III.) - handelt auf eingängige Weise vom selbstbezüglichen Treiben der Börse, von der begrenzten Informationsverarbeitung ihrer Händler, von dem Blendwerk grandioser Ideen, das bis zu irrationalem Überschwang gehen kann, und von dem ebenso grandiosen Scheitern solcher Blendung mit all den Folgen der Zerrüttung.

Es sind die Dichte der Darstellung, das eindrucksvoll entwickelte Ineinandergreifen menschlicher Schwächen, marktbedingter Dynamik, informativer Intransparenz und gesellschaftlicher Begeisterungsfähigkeit, die entzündliche Nähe von Geschäft, Gefühl, Bankrott und Betrug, die diesen umfangreichen Roman unverändert auch ökonomisch interessant machen.

Schwungvoll ist schon die Eingangsgeschichte, die in einem den Handelsplatz quasi ersetzenden oder besser gesagt simulierenden Restaurant am Börsenplatz stattfindet. Ein Gerücht, eine Deutung vielsagenden Verhaltens eines angesehenen Händlers führt zu einer Aktionskette, die am Ende den Urheber des Gerüchts selbst daran glauben lässt.

Im Mittelpunkt des Romans steht der gescheiterte Spekulant Aristide Saccard, den sowohl sein Bruder Rougon als auch sein Sohn Maxime meiden. Zufällig stößt er durch ein mittelloses Geschwisterpaar auf die Idee, im Nahen Osten in Silberminen und anderes zu investieren.

Daraus macht er die große Börsenwette, gründet die Banque Universelle, nutzt Bilanzierungstricks, kauft eigene Aktien, unterhält Strohmänner, gründet Briefkastenbanken - kurz: Es wird das ganze Potenzial bespielt, das in der illusionären Hoffnung auf einen Reichtum ohne Anstrengung zeitlos begründet liegt.

Doch lange trägt dies nie, windige Geschäfte haben kurze Beine. Immer gibt es auch seriöse Akteure - wie den Großbankier Gundermann -, die ihre Vorstellung vom fairen Wert wirksam Ausdruck verleihen. Da muss selbst der mittellose Marxist Sigismond Busch bekennen: Die Börse - "nun, es wäre dumm, sie in die Luft zu sprengen, weil man sie anderswo wieder aufbauen würde".

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