Was viele Arbeitnehmer schon lange wurmt, ist für den Fiskus eine feine Sache, schreibt IW-Ökonom Rolf Kroker in der Huffington Post: Mit steigenden Einkommen steigt die Steuerlast der Bürger nicht nur proportional, sondern stärker, weil jeder zusätzliche Einkommens-Euro einem höheren Steuersatz unterliegt.

Der Steuertarif muss laufen lernen
Gleicht die Einkommenserhöhung nur die allgemeine Teuerung aus, hat der Arbeitnehmer trotz eines höheren Einkommens netto am Ende weniger Kaufkraft zur Verfügung. Das nennt man kalte Progression. Ohne dass der Staat aktiv und für alle sichtbar die Steuern erhöht, fließen ihm automatisch Jahr für Jahr mehr Steuern zu - heimlich und in aller Stille.
Technisch gesprochen liegt deswegen die Elastizität unseres Steuersystems über eins - die Steuereinnahmen wachsen schneller als die gesamtwirtschaftliche Leistung. So hat es der Politiker gern, zumal er dadurch Gelder in die Finger bekommt, die er zur Finanzierung neuer staatlicher Wohltaten verwenden kann oder gar für die nächste Steuerreform.
Bei ausreichender Inflation lässt sich so alle paar Jahre eine „Jahrhundertreform" finanzieren. Denn bei einer jährlichen Inflationsrate von zwei Prozent summieren sich die heimlichen Steuererhöhungen im Verlaufe von fünf Jahren auf die stolze Summe von zusammen gerechnet rund 55 Milliarden Euro.
Zusätzliche staatliche Leistungen oder Steuersenkungen erhöhen die Popularität bei den Bürgern und steigern die Chancen zur Wiederwahl. Deshalb hat die Politik grundsätzlich kein Interesse daran, die kalte Progression abzuschaffen.
Es ist natürlich viel angenehmer, dem Steuerzahler von Zeit zu Zeit großzügig Steuersenkungen zu präsentieren, anstatt die Steuern gar nicht erst zu erheben. Deshalb ist es auch nicht verwunderlich, dass alle Versuche, die kalte Progression abzuschaffen, bisher versanden. Um am Ende erfolgreich zu sein, braucht es deshalb permanenten Druck durch die öffentliche Meinung.
Die Zeit, der kalten Progression endlich das Totenglöcklein zu läuten, ist ausgesprochen günstig. So liegt die Inflationsrate derzeit mit 1 Prozent sehr niedrig. Damit sind zumindest anfänglich die mit einer Abschaffung der kalten Progression verbundenen Steuerausfälle gering. In diesem Jahr würden nur etwa Steuerausfälle von 1,2 Milliarden Euro zu Buche schlagen.
Zudem ist der Steuersäckel derzeit gut gefüllt, sodass sich diese Mindereinnahmen wohl problemlos verkraften ließen. Also: wenn nicht jetzt, wann dann? Dabei gilt es aber aufzupassen, dass sich die Politik kein Hintertürchen offen hält und die Inflation nur für ein oder zwei Jahre berücksichtigt. Vielmehr ist ein Schlussstrich fällig, indem der Einkommenssteuertarif dauerhaft „auf Räder gesetzt", sprich verbindlich jährlich der Inflationsrate angepasst wird.
Eigentlich verdiente diese Korrektur auch nicht den Namen Steuerreform, denn es wäre nicht mehr als der „Fortfall einer ungerechtfertigten Bereicherung". Aber die Politik darf es auch gerne Steuerreform nennen - wenn es denn der Sache dient.
Zum Gastbeitrag auf huffingtonpost.de
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